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Lockdown ohne Perspektive: Händler müssen jetzt Ware für Frühjahr und Sommer ordern – und sind die Wintersachen noch längst nicht losgeworden

„Uns steht das Wasser bis zum Hals“

Werther

Lange schon abzusehen war die Verlängerung des Lockdowns, die verschärften Regelungen gelten zunächst bis 31. Januar. Wie es danach weitergeht, auch im Einzelhandel, ist offen, die Politik will die Entwicklung der Corona-Infektionszahlen abwarten.

Volker Hagemann

Auch Sudfeld-Chefin Anita Rauffmann hat ein umfangreiches Hygienekonzept – trotzdem muss dicht bleiben. Foto: Gunnar Feicht

Dennoch fordert der Handelsverband Deutschland (HDE) einen klaren Fahrplan zur Wiedereröffnung der Geschäfte. Außerdem solle die Einschränkung der Bewegungsfreiheit in Corona-„Hotspots“ auf einen Umkreis von 15 Kilometern rund um den Wohnort nicht für den Einkauf und nicht für „Click & Collect“ (bestellen und an der Ladentür abholen) gelten. „Die geschlossenen Handelsunternehmen brauchen jetzt klare Aussagen, unter welchen Bedingungen sie wann ihren Betrieb wieder aufnehmen können“, fordert HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Derzeit sei „nicht eindeutig geklärt, bei welchen Corona-Zahlen und Inzidenzwerten mit einer Lockerung für den Einzelhandel gerechnet werden kann“. Schließlich müssten Geschäfte entscheiden, ob sie Ware bestellen und Marketingmaßnahmen planen. Dafür bräuchten sie zumindest eine einigermaßen zuverlässige Grundlage.

Fast kein Weihnachtsgeschäft

Auch in Werther ist die Lage vieler Händler angespannt. „Vor Weihnachten hatten wir einiges an Abholung, aber das fängt das übliche Geschäft in dieser Zeit bei weitem nicht auf“, berichtet Ulrich Kullak, der bei Lessi Design unter anderem Stoffe, Wohnaccessoires und Geschirr verkauft. Unterm Strich sei 2020 für sein Geschäft noch „ein stabiles Jahr“ gewesen, profitiert habe man vom Verkauf der 6000 selbstgenähten Mund-Nase-Bedeckungen. Staatliche Hilfen habe er noch nicht beantragt, „wir schauen uns noch den Januar an“, sagt Kullak, der im Vorstand der Werbegemeinschaft Werther mitarbeitet. Dennoch: Es gebe ja keine Alternative zum Lockdown.

Trotz treuer Kunden, die Artikel an der Ladentür abholen: „Das Weihnachtsgeschäft ist fast komplett ausgefallen“, berichtet Frank Strunk von Sport Strunk. „Ich muss meine Miete weiter zahlen und jetzt Sportartikel und -kleidung für den Sommer ordern – und dafür in Vorleistung gehen.“ Dankbar sei er auch den Vereinen und ihren Bestellungen bei ihm: „Sie halten ebenfalls zur Stange, das rettete mich bisher noch.“ Auch Frank Strunk sieht den Lockdown als „leider notwendig“ an.

Ebenso Anita Rauffmann, Chefin des Modehauses Sudfeld. Gleichzeitig kann sie die HDE-Forderung nach einer Perspektive nachvollziehen: „Ich muss jetzt für viel Geld Kleidung für Frühjahr und Sommer ordern, obwohl ich die Winterware kaum losgeworden bin.“ In den vergangenen Wochen hat die Geschäftsfrau mehrfach Anrufe von Vertrieblern aus der Modebranche bekommen, die sich verabschiedeten, weil sie ihren Job verloren haben. Das bedrückt Rauffmann: „Ohne Perspektive steht uns allen das Wasser bis zum Hals.“

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