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Bundesgerichtshof entscheidet: Landgericht Bielefeld muss Verfahren um Banküberfälle im Weserraum neu aufrollen

Bünder droht Sicherungsverwahrung

Bünde/Bielefeld

Es waren spektakuläre Überfälle, und es war ein regelrechtes Mammutverfahren gegen die Täter: Im Januar 2018 verurteilte das Landgericht Bielefeld drei Männer zu langjährigen Haftstrafen, die im Weserraum Banken ausgeraubt hatten. Für zwei der Täter, darunter ein 60-Jähriger aus Bünde, hat die Revision beim Bundesgerichtshof nach über drei Jahren jetzt ein Nachspiel – bei einem neuerlichen Prozess in Bielefeld geht es um Sicherungsverwahrung für die beiden notorischen Kriminellen.

Von Ulrich Pfaff

Einem 60-jährigen Bankräuber aus Bünde, der vom Landgericht Bielefeld bereits verurteilt wurde, droht nun auch noch Sicherheitsverwahrung. Foto: Marcus Führer/dpa

33 Verhandlungstage waren seinerzeit nötig, um die Angeklagten zu verurteilen, die unter anderem Banken in Stadtteilen von Minden und Rinteln ausgeraubt hatten. Die drei Männer aus Bünde und Petershagen hatten sich seit Dezember 2016 für die Reihe von Überfällen auf Banken im Weserraum verantworten müssen, die sie in unterschiedlicher Konstellation begangen hatten. Das Urteil war im Februar 2018 gefallen: Elfeinhalb Jahre Haft für den 53-Jährigen aus Petershagen als Drahtzieher und Haupttäter, der an drei vollendeten Taten beteiligt war, neuneinhalb Jahre für den 60-Jährigen aus Bünde, der nur bei einem vollendeten Überfall mitgemacht hatte. Er wurde zusammen mit dem 53-Jährigen aus Petershagen nach einem missglückten Einbruchsversuch in Hilgermissen (Landkreis Nienburg) im Juni 2016 geschnappt. Der jetzt 24 Jahre alte Stiefsohn des Petershageners bekam für seine Beteiligung fünf Jahre Haft.

Der 60 Jahre alte Bünder war als Komplize mit dem Petershagener im April 2016 nachts in die Volksbank in Ottenstein (Landkreis Holzminden) eingestiegen, hatte dort am Morgen von den Mitarbeitern die Öffnung des Tresors erpresst und 38.000 Euro Beute eingestrichen. Der 53-Jährige und sein damals noch heranwachsender Stiefsohn hatten bereits im Mai 2015 mit einer Serie von Banküberfällen begonnen, mit einer Masche, die reichlich skrupellos und brachial war: täuschend echt aussehende Pistolen, rabiate Drohungen, Fesselungen mit Kabelbindern und in einem Fall auch Schläge. Die Taten in Minden-Kutenhausen, in Rinteln-Steinbergen und Hohnhorst-Rehren (Landkreis Schaumburg) brachten annähernd 100.000 Euro Beute. Nach der Tat in Rehren im März 2016 wurde der Stiefsohn festgenommen, der Petershagener tat sich mit dem Bünder, den er zuvor in einer Untersuchungshaft kennen gelernt hatte, zusammen und machte weiter.

Die Strafkammer ließ in dem Urteil keinen Zweifel daran, dass sie die beiden erwachsenen Bankräuber angesichts ihres Vorstrafenregisters für Berufsverbrecher halte, die rücksichtslos ihr Vorhaben verwirklichten und auch nicht davor zurückschreckten, ihre Opfer in Todesangst zu versetzen. Für eine Sicherungsverwahrung reichten dem Gericht die Voraussetzungen jedoch noch nicht aus. Der Bundesgerichtshof gab jedoch der Revision der Staatsanwaltschaft in diesem Punkt statt: „durchgreifende rechtliche Bedenken“ äußerte die höchste Instanz der deutschen Strafgerichtsbarkeit an der Nichtanordnung der Sicherungsverwahrung.

Knackpunkt ist die Frage, wie „erheblich“ die Straftaten gewesen seien. Denn sowohl der Bünder als auch der Petershagener seien aus Sicht des Landgerichts Männer mit einem verfestigten Hang zu Straftaten, und somit sei zu erwarten, dass beide nach einer Haftentlassung erneut kriminelle Taten begehen würden – aber dass diese schwerwiegend genug wären, um die Sicherungsverwahrung anzuordnen, das hatte die Strafkammer nicht angenommen. Der BGH hingegen betonte, dass die Bedrohung selbst mit einer Waffenattrappe und das Fesseln mit Kabelbindern wie in den ausgeurteilten Fällen ausreichend sei, die Opfer seelisch zu beeinträchtigen: Die Bankmitarbeiter seien über einen längeren Zeitraum krankgeschrieben gewesen und hätten psychologische Hilfe in Anspruch genommen. Zudem seien „Fesseln und Einsperren Formen der Gewaltausübung“ gegen Personen, die bei den Überfällen im Tatplan vorgesehen gewesen seien. Das Landgericht Bielefeld hat nun in einem neuen Prozess zu prüfen, ob gegen die beiden Angeklagten die Sicherungsverwahrung zu verhängen ist. Er beginnt am 9. August.

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