Anwohner und Naturfreunde gegen Neubau am Feldmark-Friedhof
Sorge um die „grüne Lunge“
Bünde (WB). Die geplante Bebauung eines nicht genutzten Teilstücks des Feldmark-Friedhofs entwickelt sich immer mehr zum Politikum. Dass auf der grünen Fläche zwischen Friedhof und Herforder Straße in Zukunft bis zu 60 Wohnungen – darunter bis zu 15 Sozialwohnungen – entstehen sollen, ist dem heimischen Naturschutzbund (Nabu) ein Dorn im Auge. „Das Areal ist das Tafelsilber für den Stadtklimaschutz“, warnte etwa Freyja Diebrok, stellvertretende Vorsitzende des Nabu-Kreisverbandes Herford. Die Naturschützer hatten deshalb für Donnerstagabend zu einem Ortstermin eingeladen – und schienen selber ein wenig über die Resonanz, die ihr Aufruf gefunden hatte, überrascht zu sein. Etwa 80 interessierte Bürgerinnen und Bürger konnten begrüßt werden, darunter Anwohner und Naturfreunde, aber auch Kommunalpolitiker wie CDU-Bürgermeisterkandidat Martin Schuster und Stefanie Janßen-Rickmann, die für die Bünder Grünen als Bürgermeisterkandidatin antritt.
Auf den Stellenwert des Areals aus Sicht des Nabus ging dessen Kreisvorsitzender Friedhelm Diebrok ein. Er verwies darauf, dass hier ein seit Jahrzehnten gewachsener Lebensraum für die Pflanzen- und Tierwelt entstanden sei, der in dieser Form für Bünde Seltenheitswert habe. „Kommunale Grünflächen sind in Bünde eine Rarität. Pro Einwohner sind es nur je 2,6 Quadratmeter – das ist etwas mehr als ein Wohnzimmertisch“, veranschaulichte Freyja Diebrok die Bedeutung des Geländes. „Wir brauchen nahe gelegene Grünflächen“, stellte sie klar.
Anwohnerin Susanne Tauche empört sich darüber, dass hier eine Entscheidung über die Köpfe der Bürger hinweg getroffen worden sei. Die etwa 9000 Quadratmeter große Fläche habe einen hohen ökologischen Stellenwert. Und noch etwas ärgerte sie. „Hier sollen 60 Wohnungen direkt am Friedhof gebaut werden. In meinen Augen ist das geradezu eine Störung der Friedhofsruhe und pietätlos.“ Petra Monke-Bröder verwies darauf, dass die Bewohner der gegenüber liegenden Seniorenheime hier die Möglichkeiten hätten, eine Grünfläche in unmittelbarer Nachbarschaft aufzusuchen.
Die Diskussion mit den Teilnehmern der Runde suchte Martin Schuster. Er zeigte Verständnis für die Argumente, die vorgebracht wurden. Gleichzeitig stellte er aber klar, dass seiner Ansicht nach die Entscheidung für eine Wohnbebauung aus kommunalpolitischer Sicht notwendig gewesen sei. Für die örtliche Politik sei dies ein Spagat. „Wir müssen Antworten darauf finden, wo wir in Bünde bezahlbaren Wohnraum schaffen können.“ Die Stadt Bünde, so Schuster, verfüge über zu viele Grünflächen im Friedhofsbereich – das zeige sich regelmäßig in den Diskussionen über die Kosten, die die vorhandenen Friedhöfe verursachten. Dadurch, dass sich das Areal im Besitz der Stadt Bünde befinde, habe die Verwaltung die Möglichkeit, auf die Schaffung von Sozialwohnungen hinzuwirken. „Sie können private Investoren schwerlich dazu zwingen, Sozialwohnungen zu bauen.“ Bei einem derzeitigen Baupreis von etwa 2500 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche sei das finanziell einfach nicht attraktiv. „Nur dadurch, dass die Fläche der Stadt gehört, haben wir überhaupt einen Hebel.“ Schuster verwahrte sich gegen den Vorwurf, dass die Entscheidung für die Bebauung im „stillen Kämmerlein“ getroffen worden sei. „Darüber ist öffentlich beraten und abgestimmt worden.“
Auf die Vorgeschichte des Projekts ging Stefanie Janßen-Rickmann ein. Die Grünen hätten dem Vorhaben 2017 zustimmt. Das sei aber auch unter dem Eindruck der Flüchtlingskrise und fehlender Sozialwohnungen geschehen. Durch den möglichen Ankauf weiterer Immobilien in den ehemaligen Britensiedlungen stelle sich die Situation zwar anders, aber weiterhin schwierig da: „Wir brauchen immer noch Sozialwohnungen.“ Sie sei der Meinung, dass über dieses Thema erneut im Rat diskutiert werden könne.
Kommentar von Hilko Raske
In der Tat: Allen recht machen können es die Kommunalpolitiker in Sachen „Neubau am Feldmark-Friedhof“ nicht. Die Stadt hat nachweislich zuviel ungenutzte Friedhofsflächen – und will eine davon nun nutzen, um unter anderem Sozialwohnungen zu schaffen. Dem stehen die berechtigten Sorgen der Naturschützer gegenüber. Bünde und der Kreis Herford gelten als waldarm, öffentliche Parkanlagen sind eher Mangelware. Die Kommunalpolitiker müssen entscheiden, was ihnen wichtiger ist. Ein Spagat, um den sie nicht zu beneiden sind.
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