Zwei Jahre nach Start der Corona-Impfkampagne in NRW
831 Bürger aus NRW sehen sich als Impfgeschädigte - Zwei weitere sind tot
Düsseldorf
Bei den Behörden in Nordrhein-Westfalen sind bisher 831 Anträge auf Impfschadensausgleich eingegangen. Die Anträge wurden von Geimpften oder deren Hinterbliebenen eingereicht, weil sie annehmen, dass die Impfung gegen das Corona-Virus zu einem langfristigen Gesundheitsschaden oder – wie in zwei Fällen – zum Tod geführt haben. Die ersten Verfahren wurden bereits abgeschlossen.
Es ist fast genau zwei Jahre her: Am 26. Dezember 2020 hatte Nordrhein-Westfalen mit seiner Impfkampagne gegen Corona begonnen. Seitdem wurden in NRW 43,8 Millionen Impfdosen gespritzt. 14.658.578 Bürger haben nach Angaben des Robert-Koch-Instituts mindestens eine Impfung bekommen, das sind 82 Prozent der Bevölkerung dieses Bundeslandes. Etwa 0,006 Prozent der Geimpften haben somit einen Antrag auf Impfschadensausgleich gestellt.
Schadensdauer sechs Monate
Wer durch eine öffentlich empfohlene oder vorgeschriebene Impfung geschädigt wird, hat nach dem Infektionsschutzgesetz Ansprüche gegen den Staat. Das gilt unter Umständen auch für die Hinterbliebenen von Impfopfern. Voraussetzung ist, dass eine Impfkomplikation zu einem Impfschaden geführt hat, der länger als sechs Monate dauert. Anträge müssen an die Landschaftsverbände Westfalen-Lippe (Münster) oder Rheinland (Köln) geschickt werden. Die Mitarbeiter, die dort sonst hauptsächlich mögliche Ansprüche von Verbrechensopfern prüfen, bearbeiten nun zusätzlich die Anträge auf Anerkennung von Impfschäden.
Reha und Rente möglich
Als Leistungen sieht das Gesetz Krankenbehandlungen und Rehamaßnahmen vor, die oft über die Kassenleistungen hinausgehen. Außerdem sind Rentenzahlungen möglich und im Todesfall Sterbegeld und Hinterbliebenenbezüge. Aus Bayern wurde etwa im Sommer bekannt, dass dort acht Betroffene Versorgungsrenten zwischen 164 und 854 Euro bekommen.
Nach Angaben des Landesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) werden von den Antragsstellern vor allem neurologische Schäden mit der Impfung in Verbindung gebracht. Hirnvenenthrombosen etwa – sie werden auf den Impfstoff Astrazeneca zurückgeführt – aber auch Schlaganfälle, Herzinfarkte und das Guillain-Barré-Syndrom. Dabei handelt es sich um eine seltene Nervenkrankheit, die im schlimmsten Fall Lähmungen auslösen kann.
Informationen zum Alter der Antragssteller oder der Geschlechterverteilung hat das Ministerium nach eigenen Angaben nicht.
36 Anträge genehmigt
Denise Schmidt aus dem Pressereferat des Ministeriums sagte, bisher seien in Nordrhein-Westfalen 36 Anträge anerkannt worden. „93 wurden abgelehnt, 675 sind noch in der Bearbeitung, und 27 haben sich auf andere Weise erledigt.“ In sieben Fällen hätten Antragssteller, die einen negativen Bescheid bekommen hätten, Klagen bei den Sozialgerichten eingereicht
Die Sprecherin sagte, die Bürger hätten ein Recht darauf, dass über ihre Anträge in einer akzeptablen Zeit entschieden werde. „Im Fall von Corona fehlen aber häufig die Grundlagen für solche Entscheidungen, weil es in der Wissenschaft – anders als bei anderen Schutzimpfungen – oft noch keine Sicherheit in der Beurteilung von Kausalzusammenhängen gibt.“ Es kann also nicht immer sofort geklärt werden, ob eine Schädigung auf die Impfung zurückzuführen ist. „Deshalb kann über viele Anträge noch nicht entschieden werden.“
Es geht um Wahrscheinlichkeit
Bei der Prüfung der Anträge werten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landschaftsverbände Impfunterlagen und Arztberichte der Antragssteller aus. Dabei muss der Patient den Zusammenhang zwischen Impfung und Schaden nicht zweifelsfrei beweisen können. Für den Kausalzusammenhang reicht nach Angaben des Landschaftsverbands Rheinland die Wahrscheinlichkeit: Die Impfung hat den Schaden verursacht, wenn mehr dafür als dagegen spricht.
Impfopfer gelähmt
Ähnlich wie bei Menschen mit Behinderungen wird der Impfschaden dann mit einem Grad der Schädigung bewertet. Der ist die Grundlage für die Gewährung von Leistungen. So wurde einer Frau aus NRW ein Behinderungsgrad von 100 zugesprochen, die zwölf Tage nach der Impfung im April 2021 eine Lungenembolie und eine Venenthrombose erlitt und heute gelähmt ist.
Zwei Anträge, die bei den Landschaftsverbänden eingegangen sind, sehen einen Zusammenhang zwischen der Impfung und dem Tod des Geimpften. In beiden Fällen sei der Impfschaden anerkannt worden, sagte eine Ministeriumssprecherin, Eines der Todesopfer ist die Herforder Psychologin Dana Ottmann (32). Die ehemals erfolgreiche Radsportlerin starb im März 2021 nach Kopfschmerzen, die sie auf ihre seit der Kindheit bestehende Migräne schob. Eine massive Hirnblutung. war laut Obduktionsbericht die Todesursache, die die Rechtsmediziner auf den Impfstoff Astrazeneca zurückzuführten. Der Tod der jungen Frau hatte dazu beigetragen, dass Astrazeneca in Deutschland nur noch Menschen ab 60 gespritzt wurde,.
Mutter kritisiert Behörde
Petra Ottmann, die Mutter der Verstorbenen, kritisiert, dass zu wenige Menschen obduziert würden. Sie befürchtet, dass die Todesrate höher sei, aber nicht bekannt werde. „Und man braucht möglicherweise einen Rechtsbeistand, um seine Ansprüche durchzusetzen.“ Im Fall ihrer Tochter habe sie zwar ein Sterbegeld bekommen, das aber nicht für die Bestattung gereicht habe. Und auf den Kosten für ihre Anwältin sei sie auch sitzengeblieben.
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