Klinikum Herford zahlt Patienten 80.000 Euro Schmerzensgeld – linker Arm beeinträchtigt
Bleibender Nervenschaden nach OP
Herford (WB). Es war ein Routineeingriff – veränderte sein Leben jedoch nachhaltig. Weil ein Herforder bei einer Operation am linken Schlüsselbein einen bleibenden Nervenschaden davongetragen hat, muss das Klinikum ihm 80.000 Euro Schmerzensgeld zahlen.
Mit diesem Vergleich (Az.: 4O 324/15) endete jetzt ein mehrjähriger Rechtsstreit des Geschädigten mit dem Krankenhaus. Ein zweifelhafter Erfolg: »Mein Mandant wird wohl zeitlebens unter diesem fehlerhaften Eingriff leiden«, sagt Dr. Marion Rosenke, Fachanwältin für Medizinrecht aus Halle. Sie berichtet vom Martyrium des Herforders: Der 1966 geborene Mann habe im August 2014 unterhalb seines linken Schlüsselbeins einen nicht schmerzhaften Knoten bemerkt.
Einen Monat später sollte ihm dieser im Klinikum bei einer ambulanten Operation entfernt werden. Die Verdachtsdiagnose: ein vergrößerter Lymphknoten oder ein bösartiger Tumor. Nach der OP stellte sich allerdings heraus, dass es sich bei dem Knoten um einen gutartigen Nervenscheidentumor handelte, ein sogenanntes Schwannom. Doch da war es bereits zu spät: »Schon im Aufwachraum bemerkte mein Mandant Lähmungserscheinungen am linken Arm.«
Greiffunktion eingeschränkt
Auf eigenes Drängen sei er noch eine Nacht im Klinikum geblieben und am nächsten Tag untersucht worden. Dort habe man eine Nervenschädigung (Plexusschaden) festgestellt. Der Mann sei dann allerdings ohne weitere Hinweise auf Nachbehandlungen entlassen worden. Es folgte eine Physiotherapie. »Aber auch dadurch wurde es nicht besser«, berichtet Rosenke. Im Gegenteil: Die Greiffunktion des linken Arms blieb eingeschränkt, hinzu kamen Schmerzen. Ein Spezialist in
Das sagt das Klinikum
»Dieser Vorfall ist sehr bedauerlich. Dem Patienten ist zweifelsohne ein Schaden entstanden«, sagt Prof. Dr. Günther Winde, Direktor/ Chefarzt der Uniklinik für Chirurgie am Klinikum Herford. Die Entfernung des Tumors sei richtig gewesen. Dass es sich dabei um einen gutartigen Nerventumor handelte, habe man zuvor nicht sagen können. Beim Herausschälen des Knotens sei dann allerdings ein Nerv beschädigt worden. »Das hat zu der Muskelschwäche geführt.« Solche Komplikationen seien leider nie ganz auszuschließen. Der Operateur habe bei dem Eingriff eine Lupenbrille genutzt. »Im Nachhinein hätte man eventuell auch mit Hilfe eines Mikroskops operieren können«, erklärt Chefarzt Winde.
Süddeutschland sollte helfen. Er nahm ein Nerveninterponat vor: die Transplantation eines Nerven aus einem Bein an die geschädigte Stelle am Schlüsselbein.
Aber auch dieser Eingriff brachte nicht den erhofften Erfolg. Im Laufe der Zeit kam sogar noch eine »frozen shoulder« (schmerzhafte Schultersteife) hinzu. Der Sozialpädagoge konnte ein Jahr lang seinen Beruf nicht ausüben. »Mein Mandant hat auch gerne Gitarre gespielt, das geht jetzt nicht mehr.«
Gutachter benennt Fehler
Er verlangte deshalb eine Entschädigung vom Klinikum. Dies lehnte zunächst einen außergerichtlichen Vergleich ab – so kam es zur Klage. Insgesamt 127.000 Euro forderte der Patient: Schmerzensgeld sowie Zahlungen für materielle Schäden und Zukunftsschäden. Das Landgericht Bielefeld beauftragte einen Gutachter, den operativen Eingriff noch einmal unter die Lupe zu nehmen. »Er hat die von uns angeführten Fehler im Wesentlichen bestätigt«, sagt Rosenke.
So habe der Operateur die Gefahr einer möglichen Nervenschädigung außer Acht gelassen. »Eine Biopsie hätte in diesem Fall gereicht oder zumindest die Hinzuziehung eines Neurochirurgen wäre angeraten gewesen«, fasst die Anwältin zusammen. Auf Grundlage des Gutachtens unterbreitete das Landgericht einen Vergleichsvorschlag, den beide Streitparteien jetzt annahmen.
Kostenaufhebung vereinbart
Neben der Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 80.000 Euro sieht er eine Kostenaufhebung vor: Beide Parteien tragen ihre jeweiligen Anwaltskosten und teilen sich die Gerichtskosten. Die finanzielle Belastung des Klägers sei durch eine Rechtsschutzversicherung abgedeckt, sagt seine Anwältin.
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