Prozessauftakt: Dealer verschicken mit Tarnsendungen Rauschgift – Angeklagte offenbar selbst abhängig
Drogenlager mitten in der Altstadt
Herford (WB)
Als Absender standen unverfängliche Firmennamen wie Siemens auf dem Päckchen. Darin waren Alltagsgegenstände wie ein Wasserkocher – alles nur Tarnung.
Denn es ging um die Drogen, die in der Sendung versteckt waren: Heroin, Kokain, Haschisch, Amphetamine, LSD, Ecstasy und noch andere Substanzen wie die neue Psycho-Droge 2-CB, aber ebenso das verschreibungspflichtige Arzneimittel Ketamin.
Weil sie über das Internet weltweit Drogen verkauft haben sollen, müssen sich drei Herforder seit Mittwoch in dem wohl größten Rauschgiftprozess in der Herforder Geschichte vor dem Landgericht Bielefeld verantworten. Das Trio (31, 30, 28) sitzt seit Mai 2020 in U-Haft.
Ihr Drogen-Depot war anfangs eine Wohnung an der Schobeke, später dann die Adresse des 30-Jährigen an der Mausefalle, unweit des Alten Marktes. In den sogenannten Bunkerwohnungen wurde die illegale Ware, zuvor aus den Niederlanden beschafft, gelagert und für den Versand verpackt – insgesamt wohl mindestens knapp 23 Kilo. Die Bestellungen fuhren die Dealer dann mit dem Auto zum Briefzentrum an die Bielefelder Straße. Sie sollen dabei immer eine schussbereite Pistole im Seitenfach der Fahrertür gehabt haben, ebenso einen Revolver mit Diabolo-Geschossen in der Wohnung an der Mausefalle.
Zum Prozessauftakt wurde nur die Anklage verlesen. Die umfasst knapp 90 Seiten, auf 53 davon sind die Drogenverkäufe tabellarisch aufgeführt. Dafür wurden E-Mail-Accounts mit den eingegangenen Bestellungen ausgewertet. Für den Zeitraum von Ende August 2019 bis Ende Februar 2020 sind dies immerhin 2756 Einzelverkäufe. Damit sollen die Angeklagten 211.642 Euro eingenommen haben, der mutmaßliche Kopf der Bande (31) mit einem gesondert verfolgten Mann weitere 374.719 Euro, meist in der Krypto-Währung Bitcoin.
Das Trio hatte im Darknet eine eigene Verkaufsplattform mit dem Namen Combi.org installiert, aber auch andere Plattformen im verborgenen Teil des Web genutzt, unter anderem die Seite Wallstreet-Market. Letztgenannte war vom Bundeskriminalamt ausgehobenworden, was im Mai 2020 auch zu einer Wohnungsdurchsuchung an der Mausefalle und den Festnahmen der Drei geführt hatte.
Die mutmaßlichen Drogendealer wollen sich nach Informationen dieser Zeitung an einem der nächsten Verhandlungstage zu den Vorwürfen äußern. Sie sollen weitgehend geständig sein. Da sie selbst drogenabhängig sind, wollen sie auch eine Therapie machen. Der Prozess wird am 3. März fortgesetzt.
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