1. www.westfalen-blatt.de
  2. >
  3. OWL
  4. >
  5. Herford
  6. >
  7. „Große Bedrohung der Artenvielfalt“

  8. >

Die Naturschutzverbände BUND und NABU im Kreis Herford lehnen ICE-Neubautrasse ab

„Große Bedrohung der Artenvielfalt“

Herford (WB)

Von „dramatischen Eingriffen in Natur und Landschaft“ gehen die Naturschutzverbände BUND und Nabu im Kreis Herford aus, sollte die ICE-Trasse zwischen Hannover und Bielefeld tatsächlich neu gebaut werden – und zwar unabhängig vom genauen Trassenverlauf. In einer jetzt veröffentlichten Resolution lehnen beide Verbände das Vorhaben entsprechend ab.

wn

Der Neubau einer ICE-Trasse von Hannover nach Bielefeld würde nicht nur die bewaldeten Höhen von Saalegge, Ruschberg und Winterberg in Vlotho treffen, sondern auch den Lebensraum vieler seltener Arte massiv beeinträchtigen, fürchten Naturschützer.

Jede Neubautrasse käme zu den schon vorhandenen Autobahnen und Bahnstrecken hinzu, was eine weitere Verinselung von Lebensräumen für die Tier- und Pflanzenwelt bedeuten würde, stellen die Naturschützer fest. Völlig unklar sei bislang auch das Höhenniveau der Neubaustrecke mit Auswirkungen auf die Häufigkeit und Länge der Tunnelbauwerke beziehungsweise die Höhe der Talbrücken. Der Naturschutz könne deshalb bei einer Bewertung der Schwere von Eingriffen in Natur und Landschaft nur von dem derzeit bekannten Szenario mit fünf verschiedenen Neubautrassen ausgehen.

„Die bittere Erfahrung als Naturschützer lehrt uns, gerade bei raumgreifenden, Landschaft fressenden Planungen mit der Variante zu rechnen, die am schädlichsten für die Natur sein wird“, heißt es weiter. Diese schlimmste Trasse würde – Stand jetzt – aus Bielefeld kommend direkt an der Johannisbachniederung in die freie Landschaft verschwenkt und südlich der Stadt Herford (Elverdissen) in den Kreis Herford eintreten. Hier würde die Trasse das besondere Landschaftsschutzgebiet Hellebachtal kurz unterhalb der wertvollen, weitgehend ungestörten Quellregion queren.

Dann erfolge ein Schwenk durch den Kreis Lippe und das Werretal müsste im wahrsten Sinne des Wortes überbrückt werden. Anschließend würde der Wald zwischen Herford und Bad Salzuflen mit einem FFH-Gebiet – also einem Schutzgebiet für ausgewählte Pflanzen (Flora), Tierarten (Fauna) und deren Lebensräume (Habitate) – sowie wertvollen alten Eichenbeständen brutal zerteilt. Direkt danach zerschneide die Trasse das weit verzweigte Naturschutzgebiet „Salze-Glimkebachtal“ mit seinen Feuchtwiesen und Wäldern – und das gleich dreimal!

In der Folge trifft die Trasse das Naturschutzgebiet Eiberg mit seiner einmaligen Wacholderheide und quert dann das Tal der Linnenbee­ke, eines der ältesten Naturschutzgebiete in ganz OWL. Anschließend würde die geplante Bahnstrecke auf die bewaldeten Höhen von Saalegge, Ruschberg und Winterberg treffen.

Die stark abwechselnde Kulturlandschaft mit den letzten Vorkommen von Wespenbussard und Baumpieper im Kreis Herford sowie einem Schwerpunktvorkommen des Neuntöters in Ostwestfalen-Lippe würde empfindlich getroffen, befürchten BUND und Nabu. Die Vorkommen dieser Vogelarten sei für den Kreis Herford von hohem Stellenwert.

Auf der Nordseite des Winterbergs würde die Trasse im Grenzbereich von Vlotho zum Kreis Lippe (Kalletal) und zum Kreis Minden-Lübbecke (Porta Westfalica) das Wesertal massiv zerschneiden. Weitere bedeutende Naturschutz- und FFH-Gebiete – mit Rastplätzen vieler seltener und geschützter Vogelarten – würden touchiert oder direkt zerstört. Mehr als 200 Vogelarten – vom Seeadler bis zum Zwergschwan – seien in der Weseraue nachgewiesen. Die betroffene Region beherberge darüber hinaus bedeutende Vorkommen streng geschützter Amphibien- und Reptilienarten wie Gelbbauchunke, Kreuzkröte, Kammmolch und Zauneidechse. Dabei sei der befürchtete Eingriff so gravierend, dass ein Ausgleich und Ersatz nicht realisierbar sei. Der Verlust an Biodiversität und Artenvielfalt wäre dramatisch.

BUND und Nabu fordern daher, die bestehende Trasse auszubauen. „Alle anderen Trassierungen sind mit den Zielen von Natur-, Landschafts- und Artenschutz nicht vereinbar“, heißt es abschließend.

Startseite
ANZEIGE