1. www.westfalen-blatt.de
  2. >
  3. OWL
  4. >
  5. Herford
  6. >
  7. Keine Impfung unter dieser Nummer

  8. >

Die Vereinbarung eines Impftermins funktioniert am Montag unter 116117 weder am Telefon noch im Internet

Keine Impfung unter dieser Nummer

Herford (WB)

Als Initiator des Freundeskreises Herforder Bismarckturm ist Bernd Bahle (80) mit dem Internet vertraut. Doch auch ihm es am Montag weder online noch telefonisch gelungen, einen Impftermin zu vereinbaren.

Stephan Rechlin

Endstation roter Balken: „Es ist unerwarteter Fehler aufgetreten.“ Auch Karin Alex von der Pflegeselbsthilfe Demenz gelingt es am Montag weder am Telefon noch im Internet, einen Impftermin zu vereinbaren. Foto: Stephan Rechlin

Der Rentner zählt zur Risikogruppe, die als erste gegen das Corona-Virus geimpft werden soll: „Ich habe es bereits vor acht Uhr einfach mal probiert. Allerdings nicht telefonisch, das erschien mir aussichtslos, sondern sofort online.“ Mehrmals habe es der Herforder versucht, unter der Adresse www.116117.de bis zum Anmeldeformular vorzudringen. „Um kurz nach neun konnte ich schon bei den Ländereingaben nicht mehr weiterklicken. Also werde ich es morgen wieder versuchen.“ Auf die Tatsache, dass er am ersten Tag nicht zum Zuge gekommen ist, reagiert Bahle gelassen: „Es war doch klar, dass am ersten Tag Leitungen überlastet sein werden, wenn alle es versuchen. Man muss es einfach weiter probieren.“

So entspannt wie Bahle gehen nicht alle hochbetagten Menschen mit den fehlschlagenden Anmeldeversuchen um. Karin Alex vom Kontaktbüro Pflegeselbsthilfe Demenz im Kreis Herford: „Die älteren Menschen denken, dass es an ihnen liegt, dass sie irgendetwas falsch machen.“ Manche seien darüber schier verzweifelt: „Eine über 80-jährige Frau, die für sich und ihren an Demenz erkrankten Mann einen Termin vereinbaren wollte, war so mit ihren Nerven runter, dass sie ihrem Leben jetzt ein Ende setzen wollte.“

Es gebe viele alte Menschen in Herford, die allein zu Hause lebten, weil sie keine Kinder hätten oder die ganz woanders lebten. Es seien über 90-jährige Senioren darunter und eine 100-Jährige, die nicht nur einen Impftermin vereinbaren, sondern auch den Transport zum Impfzentrum organisieren müssten. Mit dem Internet hätten sie sich gar nicht mehr befasst. Karin Alex: „Am Telefon ist entweder dauerbesetzt oder es meldet sich eine Ansagerin: Falls Sie allgemeine Informationen zum Coronavirus wünschen, drücken Sie bitte die eins.“

Manche Angehörige seien im Internet mit stundenlanger Geduld sogar bis zur Codeeingabe vorgedrungen. Doch dann hatte der über Email versandte Code zu wenige Ziffern oder es tauchte eine rot unterlegte Nachricht auf: „Es ist ein unerwarteter Fehler aufgetreten.“

Doch so unerwartet tritt der Fehler für Karin Alex gar nicht auf: „Es war doch klar, dass die Anmeldeplattformen zusammenbrechen, sobald alle am ersten Tag darauf zugreifen. Das ist wie bei den Schulen 14 Tage zuvor.“

Die Organisation des Anmeldeverfahrens spiegele eine erschreckende Respekt- und Gedankenlosigkeit wider: „Wie kann man alten Menschen so etwas antun? Wie kann man sie so ins Messer laufen lassen?“ Jeder Krebsvorsorgetermin werde einfacher organisiert: „Da bekommen die Patienten einen Termin mitgeteilt, zu dem sie in die Praxis kommen können. Falls ihnen der nicht passt, rufen sie an und vereinbaren einen anderen Tag.“ So einfach hätte es mit der Impfung doch auch ablaufen können.

Der Landrat springt Karin Alex zur Seite. Jürgen Müller: „Das Land ist hier seiner Verpflichtung zur Entzerrung der Situation nicht nachgekommen. Die derzeitige Lage war zu erwarten. Denn die Engpässe bei der Impfstoffmenge und die Verschiebung des Impfstartes waren gleichbedeutend mit Engpässen bei den Terminkapazitäten.“

Startseite
ANZEIGE