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Schüsse aufs Bordell: Anklage plädiert auf Mordversuch – Verteidiger fordert Freispruch

Rentner soll acht Jahre in Haft

Herford (WB)

Acht Jahre Gefängnis wegen versuchten Mordes, Brandstiftung, Nötigung und Sachbeschädigung fordert die Staatsanwaltschaft im Prozess um die Schüsse auf die „Moonlight“-Bar für den angeklagten Rentner.

Bernd Bexte

Justizbeamte führen den angeklagten Rentner in den Gerichtssaal. Am nächsten Montag wird das Urteil verkündet. Foto: Bexte

Staatsanwältin Marlin Tauch ist überzeugt, dass der Detmolder (64) am Silvestertag 2018 gezielt auf das Bordell geschossenhat. Kleinkaliber-Geschosse durchschlugen Rollläden, die Doppelverglasung, ja sogar die Zimmertür und landeten im Flur. In einem Zimmer schlief damals eine Bardame.

Am vorletzten Verhandlungstag vor dem Landgericht Bielefeld berief sich die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer auf die Aussage einer Prostituierten (49), deren Zurückweisung des Angeklagten und daraus resultierende Streitigkeiten Motiv für die Tat gewesen sein sollen. Die Rumänin hatte als Zeugin angegeben, dass der Rentner, der regelmäßig Gast im Bordell war, ihr gegenüber die Schüsse gestanden habe: „Er drohte mir, wenn ich nicht gehorche, werde es mir ergehen wie dem Gewehr: Das habe er zersägt und ins Wasser geworfen.“

Im Herbst 2018 war die Rumänin mit ihrem Bruder in ein Haus in Bünde-Ennigloh eingezogen, das der Rentner für seine Söhne gekauft haben will. Dort war es wegen Streitigkeiten mit dem Detmolder und angeblicher Bedrohungen immer wieder zu Polizeieinsätzen gekommen. Am 10. März 2019 war in einer Garage Feuer gelegtworden, das die Feuerwehr rasch löschen konnte. Ein unscharfes Video auf dem Handy des Bruders der Prostituierten soll den Rentner in Tatortnähe zeigen. Die Gesamtumstände sprächen dafür, dass der 64-Jährige auch hier der Täter sei, meint die Anklage.

Verteidiger Martin Rother sieht das völlig anders. „Es gibt keine konkreten Beweise, dass mein Mandant der Täter war – weder für die Schüsse noch für die Brandstiftung.“ Die Anklage stütze sich nur auf die Aussage der Prostituierten. Dabei habe sie selbst ein Motiv, den Lipper zu belasten – Mietstreitigkeiten und sein Ansinnen, dass sie die Wohnung in Bünde verlassen solle.

Auch für die Schüsse auf das Bordell gebe es keinen stichhaltigen Beweis, der seinen Mandanten belaste. „Sie können keiner seiner Waffen zugeordnet werden.“ Auch eines seiner Gewehre, das in einem Teich gefunden wurde, konnte nicht als Tatwaffe identifiziert werden. „Ja, mein Mandant droht gerne und hat versucht, den Mietern Angst und Schrecken einzujagen. Dabei blieb es dann aber auch.“

Für die Schüsse kämen andere Täter in Frage, etwa ein albanischer Bordellgast, der sich nach einem nicht eingehaltenen Hochzeitsversprechen habe rächen wollen. „Und was ist mit den Söhnen des Angeklagten? Selbst seine Frau könnte geschossen haben, um die Ehre der Familie wieder herzustellen, da ihr Mann sich ständig im Puff rumtreibt“, sagte Rother. Er forderte einen Freispruch in allen Anklagepunkten.

Das Urteil wird am nächsten Montag verkündet.

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