Stadt Herford will Veranstaltungshaus abreißen – Bürgermeister bittet Gesellschaft zum Gespräch
Schützenhof: Kähler will Klarheit
Herford (WB)
Beim Thema Schützenhof-Zukunft drückt die Stadt aufs Tempo: „Ich werde mit den Schützen das Gespräch suchen – und zwar zeitnah“, kündigt Tim Kähler an. Herfords Bürgermeister will schnell Gewissheit darüber, ob der Verein die Kaufoption zieht.
Wenn es nach dem 52-Jährigen geht, soll die marode Veranstaltungshalle abgerissen werden und Platz für dringend benötigte Wohnbebauung machen. Allerdings geht das nur, wenn das OWL-Forum am jetzigen Theater-Standorterrichtet wird. Bis Ende des Jahres soll darüber der politische Entschluss – er gilt mittlerweile als wahrscheinlich – eingetütet sein. Dann könnte den Plänen nur noch der Denkmalschutz im Wege stehen.
Mit dem öffentlichen Drängen auf eine rasche Entscheidung setzt Tim Kähler die Schützengesellschaft von 1832 unter Druck. Sprecherin Sylvia Czentarra-Thies zeigte sich am Freitag überrascht: „Wir lassen das Angebot prüfen. Das geht aber nicht von heute auf morgen – und das sollte auch der Bürgermeister wissen.“
Dass die Schützen der Stadt den erheblich sanierungsbedürftigen Hof abkaufen, gilt angesichts der finanziellen Dimensionen als eher unwahrscheinlich. „Vermutlich werden sie nur den Schießstand gegenüber behalten“, glaubt Grünen-Chef Herbert Even. Er könne sich Wohnbebauung auf dem Schützenhof-Areal gut vorstellen, betont jedoch: „Der Park muss so bestehen bleiben.“
Wie groß der Druck auf dem Immobilienmarkt ist, weiß kaum einer besser als Makler Frank Meyer. „Die Nachfrage nach Einfamilienhäusern und Doppelhäusern ist ungebrochen. Ein Eigenheim mit Garten ist für viele immer noch der große Traum“, sagt der Geschäftsführer von Brandwein-Immobilien.
Das Problem: Die Nachfrage übersteige seit Langem bei Weitem das Angebot – trotz Kaufpreissteigerungen von mehr als 30 Prozent in wenigen Jahren. „Ein Haus auf dem Stiftberg für 400.000 Euro – dann knallt‘s“, sagt Frank Meyer.
Mehr als 650 Interessenten stehen auf der Brandwein-Warteliste für ein Einfamilienhaus in Herford, der überwiegende Teil sei Selbstnutzer – sprich Familien mit Kindern. Die Corona-Krise habe so gut wie keine Auswirkungen auf den Run auf die eigenen vier Wände gehabt. Anders sehe es bei potenziellen Verkäufern aus: „Da sind einige schon vorsichtiger geworden und wollen lieber erst einmal abwarten.“
Eben weil die Lage so angespannt ist, begrüßt der Experte – mit Sohn Luca ist die dritte Generation ins Unternehmen eingestiegen – die Baulandpolitik der Stadt. „In Herford beträgt die Eigenheimquote nicht einmal 60 Prozent.“
Das will die Verwaltung ändern. In Stedefreund soll ebenso eine Siedlung entstehen wie auf dem Gelände der ehemaligen Hammersmith-Kaserne. Der Siedlungsdruck sei groß, sagt Tim Kähler. Er wolle nichts verbieten, sondern jedem die Chance geben, sich seinen Traum vom Eigenheim zu erfüllen.
In diesem Zusammenhang spricht der SPD-Politiker auch den sozialen Wohnungsbau an – und nimmt die anderen Kommunen des Kreises in die Pflicht. „In Herford haben wir 54 Prozent sozialen Wohnungsbau, aber nicht 53 Prozent der Bürger des Kreises leben in Herford. Das ist eine Unwucht, die es auszugleichen gilt“, findet Tim Kähler. Vom Staat geförderten Wohnraum werde es weiter geben, aber das Verhältnis müsse stimmen – und er müsse im Stadtgebiet besser verteilt werden.
Sollten auf dem Schützenhof-Gelände später tatsächlich einmal Häuser gebaut werden, dürften dies wohl keine Sozialbauten sein. Tim Kähler: „Das Grundstück würde weggehen wie warme Semmeln.“