Kooperation aus Herford und Bielefeld gibt im Stadttheater zwei Vorstellungen
Tanzend durch die Krise
Herford(HK). Wenn die Band „Die Ärzte“ in den Tagesthemen um Aufmerksamkeit für die havarierende Kunst- und Kulturszene wirbt, dann ist die Situation ernst. Doch im Gegensatz zu den ganz Großen auf der internationalen Bühne müssen lokal angesiedelte Künstler viel öfter um ihr Einkommen bangen.
Ablenkung von Einsamkeit
Der am Samstag und Sonntag von dem Herforder Tanzensemble Solomomento und der Bielefelder Tanzkompanie gemeinsam präsentierte Tanzabend „Richtungswechsel“ spiegelte vor allen Dingen die Leidenschaft zum Handwerk: Wie tanzt man Paartanz mit Abstands- und Hygieneregeln? Einige der Künstler standen am Samstag das erste Mal seit Beginn der Pandemie auf der Bühne.
Den Auftakt tanzte die fünfköpfige Tangocompany mit Marco Grabowski, Sabrina Kohl, Lara-Marie Schneider, Annelena Witthus und Jörn Kitzhöfer, der die Choreografie entwarf. Unter dem Titel „Horror Vacui – Wunderland“ bauten sie auch eine große Leinwand in ihre Choreografie mit ein, das Tanzensemble Solomomento tat es ihnen gleich.
Mit ausdrucksstarkem Bildmaterial behandelte die Tangocompany tänzerisch die Frage nach Begegnung. Die Interpretationshoheit wurde zwar dem Publikum vertrauensvoll in die Hände gelegt, eines lässt sich aber wohl allgemein für die Fünfertruppe festhalten: Trotz angespannter Situation tanzte sie eine ästhetisch-berührende Vorstellung aufs Parkett, die wenigstens ein Wochenende lang von Einsamkeit, Isolation und Distanz ablenkte.
Weiße Ladys
Solomomento präsentierte anschließend mit dem Stück „DisTanz“ unterschiedliche Perspektiven auf die Gefühle, Erfahrungen, Erlebnisse und Ängste der Corona-Situation. Unter der choreografischen Leitung von Christine Grunert, Olaf Herzog und in Abstimmung mit dem personenstarken Ensemble machten auch sie Nutzen von der Leinwand.
Eine zentrale Rolle in „DisTanz“ spielten die ‚weißen Ladys‘, Stellvertreterinnen für die Menschen, die auf der Straße für Abstand und Ordnung sorgen. Auch im zweiten Teil des Tanzabends wurde dem Zuschauer viel Interpretationsfreiraum zugestanden. Die Damen in weiß wirkten steril, streng und konsequent; aber ist es nicht vielleicht das, was die Öffentlichkeit im Alltag vor einer Dramatisierung der Situation schützt?
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