Ben Alex Ollick (22) hat sich einer Geschlechtsangleichung unterzogen
»Man wird glücklich – oder man lebt nicht mehr lange«
Löhne (WB). Mit elf Jahren spürte Alexandra Ollick, dass mit ihr etwas nicht stimmt. Das Mädchen aus Löhne lebte im falschen Körper. Aus Alexandra ist Ben Alex geworden – und im Leben ist der 22-Jährige jetzt richtig angekommen.
»Mir ist früh bewusst geworden, dass ich nie ein typisches Mädchen war. Umso älter ich wurde, umso schlimmer wurde es«, verrät der 22-Jährige, der heute offiziell Ben Alex Ollick heißt.
Als kleines Mädchen spielte er Fußball
Schon als kleines Mädchen war Ben häufiger mit Jungs unterwegs, spielte Fußball und kleidete sich wie die meisten Teamkollegen. Je älter Ben wurde, umso mehr wollte er über seinen Körper erfahren. Glücklicherweise konnte er sich einem Freund anvertrauen. »Er hat sich später zeitgleich mit mir geoutet. Wir haben uns damals viel über Homo- und Transsexualität unterhalten.«
Mit 19 wagte Ben den Absprung aus dem Kreis Herford. Nach der Ausbildung zum Heilerziehungspfleger verließ er Löhne, baute sich ein neues Leben in Hamburg auf. »Hier lernt man schneller Leute kennen.« In Hamburg fällte Ben auch den endgültigen Entschluss, nicht mehr als Frau leben zu wollen. Die Hürden auf dem Weg zur körperlichen Umwandlung sind aber hoch. »Man ist verpflichtet, eine Therapie zu machen. Ich musste zudem ein halbes Jahr warten, bis ich den Therapieplatz bekommen habe«, erzählt Ben Ollick.
Schmerzen für ein neues Leben
Im Juli 2017 begann die Behandlung, etwa sechs Monate später folgte die erste Operation. »Ich habe mir die Brüste und meine Gebärmutter entfernen lassen«, sagt Ben Ollick. Sorgen waren vor dem mehr als drei Stunden dauernden Eingriff natürlich dabei. Am Ende siegte die Überzeugung, ein neues Leben zu beginnen. »Man wird glücklich und muss dafür zwar Schmerzen in Kauf nehmen – oder man lebt nicht mehr lange«, erzählt Ben Ollick. Er weiß, dass unter Transsexuellen die Selbstmordrate hoch ist.
Hormonbehandlung neben Operationen
Neben den Eingriffen im Operationssaal folgt die Hormonbehandlung – alle drei Monate bis zum Lebensende. Ben bekam Testosteron gespritzt und spürte die Veränderungen im Körper. »Man kann sich das wie in der Pubertät vorstellen. Es kratzt im Hals, man bekommt mehr Haare am Körper. Auch die Fettverteilung ändert sich.« Ben hat nun eine tiefere Stimme – und mehr Muskeln. Der Körper wirkt männlicher. »Man bekommt mehr Kraft, obwohl man nicht trainieren geht.«
Unterstützung durch die Familie
Die Familie hat den 22-Jährigen auf dem Weg zum Mann immer unterstützt – auch wenn es nicht immer leicht war. »Andere Leute haben meine Eltern am Anfang oft angesprochen. Mittlerweile hat sich das aber gelegt und meine Familie redet ganz locker über das Thema«, sagt Ben Ollick. Auch bei seinem Arbeitgeber herrscht Verständnis für den Schritt. »Viele wussten es ja schon, andere hatten es sich zuvor gedacht.«
Neuer Ausweis hat schon mehr als 1500 Euro gekostet
Um sich komplett als Mann zu fühlen, fehlen Ben Ollick jetzt noch zwei Dinge: ein männliches Geschlechtsteil und ein Personalausweis, auf dem sein neues Geschlecht eingetragen ist. Letzteres ist immerhin schon in Arbeit. »Seit vergangenen Freitag habe ich den Beschluss im Briefkasten, dass ich einen neuen Ausweis bekomme.« Ein Verwaltungsakt, der Ben Ollick bisher schon mehr als 1500 Euro kostete. »Ich musste zwei Gutachten erstellen lassen und danach noch bei einem Gericht vorsprechen.«
Abgeschlossen soll die Geschlechtsangleichung im Frühjahr 2021 mit der Konstruktion des Penis sein. Zwischen fünf und sieben Operationen sind dafür nötig. »Das ist für mich der wichtigste Eingriff«, sagt Ben Ollick.
Eines vermisst der 22-Jährige als Mann aber dennoch: »Ich würde gern wieder Fußballspielen. Damals war es egal, wer man auf dem Platz war. Es hat nur gezählt, ob man gut oder schlecht spielen konnte. Das fehlt mir mittlerweile schon sehr.«
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