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Gastronomen und Fitness-Trainer üben Kritik an Corona-Maßnahmen

„Dieser Lockdown trifft die Falschen“

Enger/Spenge (WB). Am Montag ist es so weit: Die heimischen Gastronomen und Inhaber von Fitness-Centern müssen erneut in den Lockdown. „Diese Entscheidung kann ich nicht nachvollziehen“, sagt der Chef des Sportparks Enger, Guido Möhlmann: „Mit dieser Schließung werden genau die bestraft, die die besten Hygiene-Konzepte haben.“

Ruth Matthes

Guido Möhlmann vom Sportpark Enger hat erst vor Kurzem Lüfter angeschafft, die auch Viren aus der Luft filtern. Doch auch das bewahrt ihn nicht vor dem Lockdown. Foto: Ruth Matthes

Möhlmann hat gerade erst mehrere Lüftungsgeräte angeschafft, die nach Angaben des Herstellers 99,9 Prozent aller Viren und Keime aus der Luft filtern. „Zweimal in der Stunde wird die Luft komplett gereinigt“, erklärt er. Allein 1500 Euro pro Monat investiere er in Handdesinfektion und Reinigungstücher für die Geräte, die jeder nach der Benutzung säubern muss. „Wir halten die Abstandsregeln ein und sammeln alle Kontakte, ebenso wie Gastronomen, Kino und Theater“, sagt er. „Dieser Lockdown trifft die Falschen.“

Private Feiern

Es sei doch erwiesen, dass vor allem private Feiern Hotspots seien, bei denen das Corona-Virus weitergegeben werde. „Bei diesen Events muss durchgegriffen werden, hier müssen härtere Strafen her“, fordert der Geschäftsführer. Er bezweifelt zudem, dass „die paar Prozent, die nun in Enger schließen müssen, die Wende bringen“.

Auch seine Kollegen Sebastian Möcker und Robin Stolze vom Studio „Machbar“ in Spenge können diesen Lockdown nicht nachvollziehen. „Wir halten hier alle Vorschriften ein und können problemlos lüften“, sagt Stolze. „Außerdem habe ich noch von keinem Hotspot in einem Fitness-Studio gehört.“

Abwehr stärken

Hinzu komme der gesundheitliche Aspekt: „Gerade die Fitness ist wichtig, um das Immunsystem zu stärken“, betont Möcker. Daher werden die beiden, wie beim ersten Lockdown, ihren Mitgliedern modifizierte Trainingspläne mit nach Hause geben, sowie Hanteln und Bänder, damit sie nicht aus dem Trainings-Rhythmus kommen.

Dieses Angebot will auch Annika Maschmann annehmen, für die das Training der einzige Ausgleich zum Home-Office ist. „Die Schließung ist eine mittlere Katastrophe“, urteilt die langjährige Kundin.

Therapieaspekt

Der Gesundheits-Aspekt ist auch für Möhlmann entscheidend, hat der Sportpark doch einen seiner Schwerpunkte im Reha-Sport. „Diese Kunden haben eine ärztliche Verordnung für das Training“, sagt er. Für ihre Genesung sei es wichtig, dass sie kontinuierlich arbeiten könnten – zum Beispiel nach einem Bandscheibenvorfall oder eine Hüft-OP. Möhlmann hofft daher, dass die Behörden einlenken: „Es kann sein, dass wir zumindest die Reha-Sport-Angebote weiterführen dürfen, weil sie als medizinisch notwendige Therapien gelten“, sagt er. Schließlich sei das nun wirklich kein Freizeit-Vergnügen, auf das man verzichten könne. Auf den Erlass dazu wartet er noch.

Der wirtschaftliche Einschnitt bleibt in jedem Fall: „Einige Kunden kommen erfahrungsgemäß nach einer solchen Pause nicht wieder“, sagt er. Zudem fehlen Einnahmen beim Indoor-Soccer, bei Kindergeburtstagen, Gastronomie, Squash und Badminton.

Hohe Verluste

Der zweite Lockdown geht auch bei einigen Gastronomen an die Substanz: „Die Verluste dieses Geschäftsjahres werden wir nie wieder reinholen können“, sagt Inhaberin Christiane Fleer vom „Weißen Stein“ in Oldinghausen. Ihr ist auch das gesamte Weihnachtsgeschäft weggebrochen.

Sie fürchtet, dass die ganzen Schließungen jetzt nur dazu führen, dass die Menschen sich erst recht privat treffen und sich das Virus dann trotzdem weiter verbreitet. Das sieht auch ihr Kollege Volker Ziegenbruch von „Ziegenbruch’s Gastronomie“ in Spenge so: „Bei uns sind sich die Menschen unter Einhaltung der Hygiene-Regeln begegnet“, sagt er. „Zu Hause sieht das bestimmt anders aus.“ Der Gastronom ist froh, dass zumindest die vergangenen zweieinhalb Monate sehr gut waren. Auch die finanzielle Hilfe vom Bund sei angekommen. Zumindest auf einen Geschäftszweig kann er weiterhin setzen: „Unser Hotel, das vor allem von Geschäftsreisenden genutzt wird, bleibt geöffnet.“

Virtueller Kochkurs

Die Familie Fleer-Loriga setzt in Corona-Zeiten weiterhin auf Kreativität, um ihre Kunden zu binden. Neben dem bereits bewährten To-Go-Geschäft und den Boxen mit Zutaten und Rezepten zum Selberkochen wollen Koch Gianluca und Bruder Alessandro eine virtuelle Kochschule ins Netz setzen. Alessandro, der beruflich Musik- und Werbevideos produziert, will seinen Bruder in der Bünder Kochschule „Taste it“ beim Kochen filmen. Die Zutaten zum Mitkochen können sich die Kunden in einer Box abholen. „Wenn alles geschlossen hat, ist das doch eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung für den Abend“, laden die Brüder ein.

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