Experte Reinhard Loch hält Vortrag zum Thema Energiewende in Hiddenhausen
„Ziel muss sein, den Wärmebedarf um 50 Prozent zu senken“
Herford/Hiddenhausen
Wie kann man das komplexe Thema „Energiewende“ für die einzelnen Haushalte übersetzen? Dieser Frage hat sich Dr. Reinhard Loch von der Verbraucherzentrale NRW verschrieben und im Freihof in Hiddenhausen vor den Mitgliedern des Rotary Clubs Herford-Widukind nun einen Vortrag dazu gehalten.
Bislang habe der Anteil der Energiekosten an dem Budget eines durchschnittlichen Privathaushaltes nur bei circa vier Prozent gelegen, stellte Loch zu Beginn fest. Die Klimakrise sei für die meisten Menschen weit entfernt gewesen.
Früher habe daher „der Verbraucher mit dem Lasso eingefangen werden“ müssen, so Loch. Erst durch die Energiekrise sei ein neues Bewusstsein geschaffen worden. Die Themen Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit von Energie seien nun in aller Munde.
Aktuell sei der befürchtete Gasmangel aufgrund eines bislang milden Winters unwahrscheinlich geworden. Die Haushalte sparen zudem kräftig beim Gasverbrauch ein. Das Gas reicht – so sehe es zumindest derzeit aus. Aber der Preis für das Gas sei extrem gestiegen – für Privathaushalte auf das dreifache. Das sei für den Durchschnittshaushalt deutlich spürbar. Verspätet werde es mit der Betriebskostenabrechnung auch bei den Mietern ankommen.
„Entfesselung der Photovoltaik“
Was sind die „Hausaufgaben“ für Privathaushalte? „20 Prozent Einsparung kann jeder“ – davon ist Loch überzeugt. Hauptthema sei die Raumwärme. Durch das Herunterregeln der Thermostate und Änderungen an bestehenden Heizungsanlagen ließe sich schon viel machen. Es müsse das Ziel sein, den Wärmebedarf um 50 Prozent zu senken.
Eine große Herausforderung bei der „Wärmewende“ seien aber die Altbauten. Diese hätten gemeinhin einen sehr schlechten Dämmstandard. Die „klassischen Problemfälle“ seien die Einfamilienhäuser aus den 50er und 60er Jahren. Die Fenster seien häufig schon ausgetauscht. Schwachstellen seien aber die Wände, das Dach und der Keller.
Hinzu komme, dass die Häuser üblicherweise mit fossilen Heizungen betrieben würden. Reinhard Loch wies darauf hin, dass in Deutschland immer noch überwiegend Gasheizungen verkauft würden. Sein dringender Appell: Bei einem anstehenden Heizungstausch solle jeder über Alternativen zu fossilen Heizungen zumindest nachdenken.
Die „Entfesselung der Photovoltaik“ sei ein weiteres Ziel. Möglichst viele sollten Sonnenenergie vom eigenen Dach nutzen. „Photovoltaik ist sexy“ – so der Experte der Verbraucherzentrale. Dies führe aktuell aber auch zu hohen Preisen und langen Lieferzeiten. Die Kombination von Photovoltaik, Wärmepumpe und E-Auto sei dennoch ideal.
Reinhard Loch erinnerte: „Erdgas war eigentlich als Brücke für die Energiewende gedacht.“ Für den Kohle- und Ölausstieg sollte fossiles Erdgas eingesetzt werden – bis in einigen Jahren die erneuerbaren Energien, der grüne Strom und der grüne Wasserstoff tonangebend sind.
Elektrische Wärmepumpe als Standard
Dies funktioniere durch die Folgen des Ukraine-Krieges nun aber nicht mehr. „Die Brücke bricht gerade ein“, stellte Loch fest. Gleichzeitig bleibe das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 bestehen. Bisher machen erneuerbare Energien jedoch erst 16 Prozent des Energieverbrauchs aus.
Aktuell sei die Politik insbesondere damit befasst, den Preisanstieg zu deckeln. Die privaten Haushalte würden um etwa 100 Milliarden Euro entlastet. Der Ausstieg aus Öl und Gas sowie die Installation von Photovoltaik-Anlagen würden forciert, das Bauen und das Sanieren mit schärferen Auflagen versehen. Das Ziel: Die elektrische Wärmepumpe müsse zum Standard werden.
„Starten Sie mit dem Energiemanagement“ – so der Schlussappell von Reinhard Loch. Die meisten würden den Energieverbrauch ihres Haushaltes nicht kennen. Dies müsse sich ändern. Dabei könne auch die Verbraucherzentrale helfen. 30 Euro koste eine Vor-Ort-Beratung – ein Betrag, der sich schnell wieder einspielen ließe.