Friseure bereiten sich im Kreis auf den 1. März und die Wiedereröffnungen vor – Innung startet Kampagne
Jetzt werden die Haare wieder schön
Kreis Höxter (WB)
Die Telefone stehen nicht still, die Auftragsbücher sind bereits bis Ende März voll. Der Countdown läuft auf Hochtouren – die Friseure im Kreis Höxter freuen sich auf den Neustart: „Waschen, schneiden, föhnen“ heißt es ab Montag, 1. März, nach mehr als zehn Wochen ohne Betrieb. Die Friseur-Innung Höxter-Warburg hat parallel die Kampagne „Friseure gegen Corona“ gestartet.“
„Motivation und Dankbarkeit sind mitten im Lockdown riesig. In wenigen Tagen können wir nach zwei Monaten endlich wieder loslegen“, sagt Ulrich Beuscher, Inhaber des Friseursalons „Escapada“, Am Rathaus 13 in Höxter. Seine Ehefrau Elke und sechs weitere Mitarbeiterinnen freuen sich auf die Welle, die in eineinhalb Wochen auf sie zukommt. „Wir haben die Zeit der Schließung im Lockdown genutzt. Es gab Mitarbeiterschulungen. Das Hygienekonzept ist nun noch ausgeklügelter. Alles ist genau getaktet“, hebt Friseurmeisterin Elke Beuscher hervor.
Abstandsregeln, Desinfektion, die strikte Einhaltung des Hygienekonzepts sowie die geplanten zehn Quadratmeter für einen Kunden – Gülhan Memis hat ihren Salon „CreHaartiv“ in der Westerbachstraße 21 für die zweite Wiedereröffnung innerhalb eines Jahres auf Vordermann gebracht. „Ich hatte beim Betreten meines Geschäfts Tränen in den Augen – so wie bereits nach dem ersten Lockdown im Mai des vergangenen Jahres. Nach so langer Zeit ist die Freude unermesslich“, sagt die 45-jährige Friseurmeisterin im WB-Gespräch.
„Es bringt doch in diesen Tagen nichts, wenn wir hadern. Der Blick kann nur positiv nach vorne gerichtet sein. Friseure können dazu beitragen, dass die Menschen sich mit einem schönen Haarschnitt und einem guten Aussehen wieder wohl in ihrer Haut fühlen“, hebt Domenico Mancusi, der in der Albaxer Straße 1 in Höxter ansässig ist, hervor.
Der Coiffeur hat die vergangenen Wochen, wie viele heimischen Friseure, zur Fortbildung genutzt. „Wir lernen nie aus“, sagt der 32-Jährige. In seinem Geschäft und in seinem Schaufenster Richtung Berliner Platz hat der Coiffeur zahlreiche Accessoires und Hingucker platziert. „Das sind allesamt tolle Dinge“, freut sich der junge Mann darüber, wenn ihn Spaziergänger auf seine gelungenen Dekorationen ansprechen.
„Preisanpassungen wird es geben, denn Friseure haben bereits vor Corona Spitz auf Knopf kalkuliert“, sagt Carsten Lödige, Obermeister der Innung Höxter-Warburg aus Steinheim. „Corona hat die seit langem zu niedrigen Preise im Zeichen des Lockdowns deutlich zu Tage gefördert.“
Die Beiträge für die Kranken- und Rentenversicherungen, Steuererhöhungen oder gestiegene Mieten würden den Geschäftsinhabern keine Wahl zu moderaten Anpassungen lassen. „Im Vergleich zu anderen Handwerksbranchen sind unsere Preise und Löhne zu niedrig.“ Die Einnahme- und Umsatzverluste würden zu Buche schlagen. Kurzarbeitergeld aus dem Monat Dezember sei zum Teil erst jetzt angekommen. Die sogenannte „Überbrückungshilfe 3“ hätten die Friseure erst ab dem 11. Februar beantragen können. „Die Überbrückung soll helfen, die Fixkosten abzudecken. Alle wollen weitermachen. Einige Geschäftsinhaber greifen bereits ihr Erspartes an. Im Kreis Höxter ist mir nicht bekannt, dass es eine Schließung geben wird“, zeigt Lödige, der in der Marktstraße 10 in Steinheim den Salon „Friseur Stenner“ betreibt, wie alle seine Kolleginnen und Kollegen Kampfgeist.
Die Innungs-Friseure haben nun aus Dankbarkeit eine Kampagne gestartet: „Friseure gegen Corona“. „Am Freitag sind die Buttons mit der Aufschrift ‚sicher, gepflegt, schön‘ verteilt worden. Wir unternehmen alles, damit Covid-19 keine Chance hat“, weiß Lödige um die strikte Einhaltung der Regeln. Inzwischen würden Studien belegen, dass die Ansteckungsgefahr beim Friseur sehr gering sei. „Es ist eine große Aufbruchstimmung zu spüren. Wir freuen uns alle auf unsere Kunden und die Arbeit“, sagt Lödige. In wenigen Tagen würden die Haare wieder schön gemacht.
Ein Kommentar von Jürgen Drüke
Erwachsene, Jugendliche und Kinder, die jetzt die Haare noch schön haben, befinden sich längst in der Minderheit. Nach mehr als zehn Wochen ohne Friseurbesuch ist bei denen, die sich strikt an die Vorgaben und Regeln gehalten haben, die Lockdown-Mähne angesagt.
Die symbolische Warteschlange vor den Friseurgeschäften im Hinblick auf die Wiedereröffnung ist groß. Waschen, schneiden und föhnen ist ab dem 1. März unter Einhaltung strengster Hygienekonzepte wieder möglich. Gastronomie und Einzelhandel müssen unterdessen (noch) im verschärften Lockdown verharren.
Friseure dürfen, Gastwirte und Einzelhändler nicht. Während Erleichterung, Vorfreude und Aufbruchstimmung auf der einen Seite groß sind, steigern sich Enttäuschung, Missmut und Stillstand auf der anderen Seite ins Unermessliche. Ein ländlich strukturierter Raum wie der Kreis Höxter gerät dabei genauso aus dem Gleichgewicht wie Ballungszentren.
Mit Beginn des kalendarischen Frühjahrs gibt es somit nur den einen Lichtblick in der Corona-Pandemie. Die Friseure können nur die Vorreiter sein. Für alle anderen Bereiche sollten jetzt zeitliche Konzepte und Strategien her. Vielen Einzelhandelsgeschäften sowie Gaststätten, Hotels und Restaurants droht ansonsten das Aus. Es geht um viel mehr als das wichtige Friseurhandwerk: Öffnungen müssen eine gut angelegte Dauerwelle werden. Wir sollten alle bestrebt sein, mit dem gefährlichen Virus so gut wie eben möglich zu leben.
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