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Fachfirma bohrt ab Mitte Mai 130 Löcher – Video-Chat der BI mit 150 Zuschauern

BGZ lässt Boden untersuchen

Beverungen-Würgassen (WB). Die bundeseigene Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) möchte im Umfeld des geplanten Bereitstellungslagers in Würgassen Bodenuntersuchungen vornehmen lassen.

Marius Thöne

Auf dem Gelände des ehemaligen AKW soll das Logistikzentrum entstehen. Foto: Alexandra Rüther/Archiv

„Grundstückseigentümer sind dementsprechend angeschrieben worden“, berichtete Dirk Wilhelm, Sprecher der „Bürgerinitiative gegen atomaren Dreck im Dreiländereck“ am Mittwochabend in einer digitalen Informationsveranstaltung, die unter anderem im Online-Portal Youtube übertragen wurde. Etwa 150 Menschen schauten vom heimischen Computer aus zu.

Untersuchungen beginnen am 18. Mai

Die BGZ bestätigte am Donnerstag, dass die Bodenuntersuchungen am 18. Mai beginnen sollen. Es handele sich um Erkundungsarbeiten für ein Bodengutachten, das für künftige Genehmigungsverfahren notwendig sei. Das Gutachten zur geologischen Struktur und Tragfähigkeit des Bodens sei eine wichtige Grundlage für alle weiteren Bauprojekte am Standort.

„Auf dieser Basis können die Fundamente sämtlicher Gebäude sowie der Straßen und Bahnanlagen des Logistikzentrums geplant werden“, sagte ein BGZ-Sprecher. Dazu werde eine Fachfirma für Geotechnik mit einem mobilen Bohrgerät auf dem Gelände sowie dem Bahndamm rund 130 Bohrungen durchführen. Gebohrt werde bis in eine maximale Tiefe von zehn Metern; die Löcher würden anschließend wieder verfüllt. Die Arbeiten vor Ort sollen drei Wochen dauern.

BI-Sprecher Wilhelm kritisierte, dass die BGZ die Menschen nicht mitnehme und sich bereits „alternativlos“ auf den Standort Würgassen festgelegt habe. Er erneuerte seine Forderung nach der Einstellung der Planungen bis zum Ende der Corona-Pandemie.

Virtuelles Podium

In der Versammlung, bei der neben Wilhelm auch Jochen Stay von der Anti-Atom-Initiative „Ausgestrahlt“ und Ursula Schönberger von der AG Schacht Konrad auf dem virtuellen Podium saßen, wurde deutlich, dass etwa 303.000 Kubikmeter schwach- und mittelradioaktiver Müll aus allen deutschen Atomkraftwerken und Zwischenlagern nach Würgassen gebracht werden und dort für die Endlagerung im Schacht Konrad bei Salzgitter neu konfektioniert werden soll.

Dafür soll eine 40.000 Quadratmeter große und 16 Meter hohe Halle errichtet werden. Der Atommüll, bei dem es sich nach Ansicht der Gegner zu 97 Prozent um Abfälle aus der Atomenergiegewinnung und Atomforschung handeln soll, soll mit Lastern und per Bahn nach Würgassen gebracht werden. Ein kleiner Anteil komme aus der medizinischen Nutzung.

Abtransport ausschließlich per Zug

Der Abtransport nach Salzgitter soll nach Angaben von Dirk Wilhelm ausschließlich per Zug erfolgen. Wiederholt kritisierte er die schlechte Infrastruktur der Bahnstrecke Ottbergen-Göttingen, die in unmittelbarer Nähe am Gelände des ehemaligen Kernkraftwerkes, wo das Bereitsstellungslager entstehen soll, vorbei führt.

Bei den Stoffen, die in Würgassen weiterverarbeitet werden sollen, soll es sich nach Darstellung von Ursula Schönberger nicht etwa nur um kontaminierte Schutzanzüge handeln, sondern auch um „selbststrahlende mittelradioaktive Stoffe, die teilweise mehr als eine Million Jahre strahlen und für die Menschen gesundheitsgefährlich sind.“

Die Gegner des Vorhabens vertraten am Mittwochabend die Ansicht, ein Bereitsstellungslager sei nötig, um die Genehmigung für das Endlager „Schacht Konrad“ nicht zu gefährden. Diese These wies eine Sprecherin der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) als „sehr steil“ zurück. Das Endlager im Schacht Konrad und das Bereitstellungslager seien unterschiedliche Dinge.

Bleibt Würgassen am Ende auf dem Müll sitzen?

Die Podiumsteilnehmer trieb auch die Sorge um, dass Würgassen am Ende auf dem vorkonfektionierten Atommüll sitzen bleiben könnte, falls Schacht Konrad als potenzielles Endlager aufgegeben werde. Der Langzeitsicherheitsnachweis stamme bereits aus den 1980er Jahren und entspreche nicht mehr dem heutigen Stand der Wissenschaft, so Schönberger.

Viele Fragen der Teilnehmer drehten sich um das Thema Abstand zur Wohnbebauung. Bei Windrädern werde ein größerer Mindestabstand verlangt als bei einem Atommüll-Umschlagplatz, bemerkte ein Zuhörer. Zwei Familien wohnen auf Höfen im direkten Umfeld des geplanten Bereitstellungslagers. „Die wenigen fallen durchs Raster, hier zeigt sich, das Schicksale einzelner keine Rolle spielen“, kritisierte Wilhelm.

Mehr Atommülltransporte befürchtet

Auch das Thema Transportsicherheit interessierte die Teilnehmer. Jochen Stay berichtete, dass das Bereitstellungslager in Würgassen wohl Jahrzehnte in Betrieb bleiben werde. Der Atommüll sei relativ konzentriert in Behälter verpackt. „An diesen hat es in der Vergangenheit viele Mängel gegeben“, sagte Stay. Darüber hinaus könne es beim Transportieren, Lagern oder Sortieren auch zu Unfällen kommen. „Ein Bereitstellungslager in Würgassen bedeutet, dass sich die Atommülltransporte in Deutschland verdoppeln.“

Dirk Wilhelm schlägt darum vor, auf eine zentrale Konfektionierung des radioaktiven Abfalls zu verzichten und ihn stattdessen dort für den Transport vorzubereiten, wo er auch anfällt – nämlich an den Kernkraftwerken und Zwischenlagern. Alle Podiumsteilnehmer wiesen aber Vorschläge aus dem Chat-Publikum zurück, den Atommüll im Ausland endzulagern.

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