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Ein Einblick in Gutachten und Entscheidungskriterien für den Standort

Warum Würgassen?

Beverungen-Würgassen (WB). Für ein neues Logistikzentrum für schwach- und mittelradioaktive Abfälle soll bis 2027 ein 325 Meter langes, 125 Meter breites und 16 Meter hohes Zwischenlager auf dem Gelände des ehemaligen Kernkraftwerks Würgassen gebaut werden. Die Genehmigungsverfahren dafür könnten bald anlaufen.

Michael Robrecht

Bei einem Pressegespräch im März ist während einer Präsentation der Konzeptentwurf für das Zwischenlager auf dem Gelände des ehemaligen Kernkraftwerks Würgassen gezeigt worden. Das neue „Logistikzentrum Konrad“ soll 325 Meter lang werden.

Bis zu 15.000 Container würden bei einer Umsetzung mehr als 30 Jahre auf dem Gelände des ehemaligen Kernkraftwerks Würgassen bis zum Weitertransport in das Endlager Konrad bei Salzgitter aufbewahrt werden. Der Atommüll der Republik lagert über Jahrzehnte in Würgassen? Über die Proteste dagegen ist fortlaufend berichtet worden.

Argumente für den Standort

Das KKW Würgassen ist seit 1997 stillgelegt, der Rückbau der nuklearen Anlagenteile seit 2014 abgeschlossen. Der Standort wäre nach Einschätzung des Öko-Instituts Freiburg geeignet, weil er den Anforderungen der Entsorgungskommission (ESK) weitestgehend entspricht.

Zudem existieren bereits zwei genehmigte Zwischenlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle in Gebäuden auf dem Gelände. Zu einem ähnlich positiven Ergebnis für Würgassen kommt zudem eine Stellungnahme im Auftrag des Bundesumweltministeriums (BMU), die Dr. Ewold Seeba (Vorsitzender Geschäftsführung der Gesellschaft für Strahlenschutz) am 6. März in Würgassen zusammen mit der grundsätzlichen Ökoinstitut-Expertise vorstellte.

Viele Bürger fragen sich, warum sich die BGZ letztlich für Würgassen als Standort entschieden hat. Dr. Seeba berichtete, dass 28 Standorte im Umkreis von 200 Kilometern Luftlinie vom Endlager Konrad in Salzgitter untersucht worden seien. Nur neun Areale hätten einen Großteil der Kriterien erfüllen können.

Ein wesentliches Entscheidungskriterium sei ein vorhandener naher Gleisanschluss, wie in Würgassen vorhanden, gewesen. Die Gutachten und die dazugehörigen Medienmitteilungen können im Detail im Internet auf der Webseite des Logistikzentrums Konrad sowie auf der Webseite des Ökoinstituts unter dem Suchwort „Konrad“ nachgelesen werden.

Grundlagen des Gutachtens

Würgassen als potenziell geeigneter Standort für das Bereitstellungslager? Das ist für die BGZ so gut wie alternativlos. Grundlage für die gutachterliche Bewertung der potenziellen Eignung stellt die Stellungnahme „Sicherheitstechnische und logistische Anforderungen an ein Bereitstellungslager für das Endlager Konrad“ der Entsorgungskommission (ESK) vom Juli 2018 dar.

Der Bewertung zugrunde gelegt sind die zum jetzigen Zeitpunkt verfügbaren Informationen des Auftraggebers sowie öffentlich verfügbare Daten über den Standort in dünn besiedeltem Raum.

Über das KKW Würgassen

Von 1971 bis 1994 wurde am Standort Würgassen das Kernkraftwerk betrieben. Anfang 1997 wurde es endgültig stillgelegt. Der nukleare Rückbau wurde 2014 abgeschlossen. Der konventionelle Abriss der Gebäude des Kraftwerks, ausgenommen der Zwischenlager, ist nach derzeitiger Planung erst ab 2026 vorgesehen. Demnach sollen die Fundamente bis zwei Meter unter Gebäudeoberkante am Standort verbleiben und die Baugrube mit Recycling-Material aus dem Abriss verfüllt werden.

Am Standort verbleiben die Zwischenlagereinrichtungen, bestehend aus dem UNS-Gebäude, das vor dem Rückbau das unabhängige Nachkühlsystem beherbergte, und der Transportbereitstellungshalle (TBH). Gemäß der Angaben der Preussen Elektra GmbH befinden sich mit Stand Mai 2017 in der TBH in Würgassen 300 Container, die mit Fässern und mit Schnittstücken von Reaktorkomponenten beladen sind. Im UNS-Gebäude stehen derzeit 3047 Fässer, die noch in Container eingeladen werden müssen. Die Konditionierung ist Aufgabe des Abfallerzeugers und wird von der Preussen Elektra im UNS-Gebäude durchgeführt. 10.000 Fässer in beiden bisherigen Lagern im Ex-KKW sollen insgesamt dann schon vor Ort sein.

Zudem wurde im November 2019 eine Ortsbegehung vorgenommen, die weitere Erkenntnisse über die Standortumgebung lieferte, berichtete das Ökoinstitut in Freiburg. Eine umfassende Bewertung hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit des Zentralen Bereitstellungslagers am Standort Würgassen gibt es aber noch nicht.

Ebenfalls nicht untersucht wurde in der Stellungnahme, inwieweit der Standort von Seiten der Anwohner als tolerierbar oder akzeptierbar angesehen wird. Aufgrund der kerntechnischen Vornutzung bestehen in der Region bereits Erfahrungen mit kerntechnischen Anlagen, was von den Planern als positiv bewertet wird.

BGZ und Ökoinstitut weisen in ihren Standortempfehlungen beide Würgassen als den geeignetsten Standort aus. Dafür sprechen die zeitnahe Verfügbarkeit der Fläche, der nur bei diesem Standort vorhandene erschließbare Gleisanschluss und der Betrieb von zwei Zwischenlagern mit Nuklear-Abfällen auf dem Anlagengelände, schilderte die BGZ.

Bewertungskriterien

Für die Abfrage bei den Institutionen wurden von der BGZ fünf Kriterien vorgegeben: Radius (Luftlinie) von bis zu 200 Kilometer um das Endlager Konrad; Fläche größer als 30 Hektar, der Abstand zur Wohnbebauung soll 300 Meter zu geschlossenen Siedlungsgebieten betragen (bei Einzelbebauung ist eine Betrachtung im Einzelfall erforderlich), und es dürfen dort keine Naturschutzgebiete und keine anerkannt schützenswerten Flächen liegen, was nicht der Fall ist.

Bahngleis ist wichtig

Das Bahngleisthema ist für die BGZ sehr entscheidend: Das potenzielle Standortgelände sollte möglichst entweder einen existierenden Bahnanschluss oder einen früheren Bahnanschluss, dessen wesentliche Elemente (Trasse, Abzweigmöglichkeit aus dem Bahnnetz) noch vorhanden sind, aufweisen. Der Abstand zum nächsten Gleisverlauf muss weniger als zehn Kilometer betragen; geeignet sind nur güterverkehrsfähige Gleisverläufe, Schwerlasteignung, Verfügbarkeit einer zweigleisigen Strecke, Erreichbarkeit aus mehr als einer Richtung.

Wenn für einen Standort ein völlig neuer Bahnanschluss geschaffen werden müsste oder ein bestehender ertüchtigt werden müsste, so wäre abzuschätzen, ob eine zeitnahe Einrichtung eines schwerlastfähigen Bahnanschlusses bei den langen Genehmigungsverfahren in Deutschland überhaupt möglich sein würde.

Von der DB-Strecke führt ein Abzweig in Richtung Kraftwerksgelände. Dieser Abzweig teilt sich auf in Abzweige zum Umspannwerk und zum Kernkraftwerksgelände. Das Gleis zum Umspannwerk ist stillgelegt. Der Bahnanschluss wurde für den Kernkraftwerksbetrieb genutzt. Über ihn ist 1996 auch der Abtransport der Castor-Behälter mit den Brennstäben aus dem KKW Würgassen erfolgt. Ein Logistikkonzept für das ZBL ist derzeit noch nicht entwickelt.

Standort nahe Braunschweig ist zu dicht besiedelt

Das Endlager Konrad soll nach dem „Just-in-Time“ Prinzip über die Schiene und die Straße mit schwach- und mittelradioaktiven Abfällen befüllt werden. Da laut BGZ bei dem geplanten Anlieferungskonzept aufgrund der Vielzahl von Anlieferern und der Abläufe hinsichtlich einer optimierten Zusammenstellung von Einlagerungschargen eine gewisse Komplexität und damit Störanfälligkeit zu erwarten ist, soll das Zentrale Bereitstellungslager in Würgassen errichtet werden. Der ebenfalls erwogene Standort nahe des dicht besiedelten Braunschweigs wäre da weniger geeignet.

Für die Errichtung des ZBL ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) vorzunehmen. Auch eine FFH-Verträglichkeitsprüfung nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und eine Beurteilung von Beeinträchtigungen der Gebiete des europäischen ökologischen Netzes „Natura 2000“ gehören zu den Vorarbeiten. Zur Einhaltung der Dosisgrenzwerte kommt es beim neuen Lager maßgeblich auf die von den Nuklear-Abfallgebinden ausgehende Direktstrahlung an.

Weitere Informationen zu den Gutachten und Entscheidungskriterien gibt es hier auf der Seite des Logistikzentrums Konrad und des Ökoinstituts .

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