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Madrigalchor begeistert mit »Stabat Mater« des walisischen Komponisten Karl Jenkins

Eine gewaltige Darbietung

Brakel (WB). Ein großartiges und beeindruckendes Werk hat das Publikum des Madrigalchores am Sonntagabend in der Brakeler St- Michael-Kirche erlebt. Das mittelalterliche Gebet zur trauernden Mutter unter dem Kreuz ist von vielen Komponisten vertont worden.

Dagmar Korth

Atmosphärisch beleuchtet inszeniert der Madrigalchor am Sonntag in St. Michael seine Version der »Stabat Mater« des walisischen Komponenten Karl Jenkins. Foto: Timo Gemmeke

Der Madrigalchor Brakel brachte die »Stabat Mater« des walisischen Komponisten Karl Jenkins zur Aufführung. 2008 in Liverpool uraufgeführt, wird das lateinische Gebet aus dem 13 Jahrhundert durch Texte in mehreren Sprachen ergänzt, wie Hebräisch, Griechisch, Arabisch oder Aramäisch – Sprachen, die zur Zeit Jesu gesprochen wurden und die Vielfalt der Völker bezeugen.

Expressiv und dramatisch

Meist romantisierend und nicht selten überschwänglich: Davon kann in Karl Jenkins Werk keine Rede sein. Ganz im Gegenteil – expressiv und dramatisch, explosiv in manchem Detail, sehr variantenreich im Ausdruck, überraschten die 20 Sequenzstrophen immer wieder aufs Neue.

Schon die erste Strophe des Werks vermittelt mit einer auffallenden Orchesterbegleitung die Dramatik des Schmerzes und der Trauer. Momente von Emphase und Affekt, die im weiteren Fortgang das musikalisch dramatische Geschehen bis zum fulminanten Höhepunkt der letzten Strophe vorbereiten. Präzision und Stringenz sollten in der St. Michaeliskirche ständige Begleiter bleiben – im Chor ebenso wie im transparent und sehr subtil aufspielenden Kammerorchester »Opus 7«.

Große Klangfülle und strukturelle Dichte

Der Madrigalchor stellte die Ausdruckswechsel differenziert heraus, vom gebrochenen Leidenston, vom ergebenden Gebet bis zum Ausbruch der Verzweiflung. Der Chor verwöhnte auch bei dieser Aufführung mit großer Klangfülle und struktureller Dichte.

Flexible Dynamik, schattierendes Espressivo, leuchtende Klangsäulen und eine reine Intonation. Es war eine gewaltige Darbietung und der Chor war wie gewohnt mit großer Sorgfalt präpariert (Einstudierung Lea Martensmeier). Der Text war selbst in unbequemen Lagen und in polyfonen Verästelungen durchgehend präsent.

Solistinnen überzeugen

Es waren fast eineinhalb Stunden hochkomplexer, spannungsvoll dargestellter Musik. Zur agilen Interpretation trugen die beiden Solistinnen entscheidend bei; Lea Martensmeier, Mezzosopran mit großer Flexibilität und einer warm leuchtenden, gut zentrierten Stimme.

Aus der natürlich gerundeten Altstimme von Agnes Erkens flossen Schmerz und Trost in ruhiger Fülle. Die Fäden dieser großartigen Aufführung liefen bei Hans-Martin Fröhling zusammen, der die komplex geschichtete Partitur zu maximaler Durchsichtigkeit brachte, Übergänge und Steigerungen mit souveräner Hand formte und dafür sorgte, dass sich das Werk als pulsierendes und mitreißendes Klangbild darstellte.

»Pater Noster« zu Beginn

Fröhling holte Subtiles aus der Partitur ans Licht, arbeitete harmonische Effekte wie jähe Farbwechsel oder Tempovariationen markant heraus.

Nicht zu vergessen: Zu Beginn des Konzertes erklang das »Pater Noster – Vater unser«, vertont vom baltischen Komponisten Peteris Vasks. Ein kraftvoll mächtiges Gebet, Ausdruck des Glaubens im Sowjetkommunismus, den der lettische Komponist durchleiden musste.

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