Prozessauftakt vor dem Landgericht Paderborn
Cannabis im »Horror-Haus«
Höxter (WB). Noch ist der Prozess um das »Folterpaar von Höxter« nicht abgeschlossen, da steht das »Horror-Haus« im Mittelpunkt eines weiteren Gerichtsverfahrens.
Am Dienstag ging es vor dem Landgericht Paderborn um 1000 Cannabis-Pflanzen. In dem Haus im Saatweg 6 in Höxter-Bosseborn soll eine Bande eine ertragreiche Drogenplantage aufgebaut haben. Dienstag wurde das Verfahren gegen den mutmaßlichen Kopf der Bande und einen Mittäter eröffnet.
Die nackten Zahlen aus der Anklageschrift sind beeindruckend: 1000 Pflanzen soll die Bande in dem ehemaligen landwirtschaftlichen Anwesen in Höxter-Bosseborn über Monate angebaut haben. 38 Kilogramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 6,4 Kilogramm THC hätten die getrockneten Cannabispflanzen gebracht, die die Polizei im September 2017 sichergestellt hatte, wobei beim Zugriff ein Teil der Plantage bereits abgeerntet war.
Als Drahtzieher angeklagt ist ein 43 Jahre alter Türke, der zuletzt in den Niederlanden und in Krefeld lebte. Mehr als die Feststellung der Personalien nahm die 1. Große Strafkammer in Paderborn gestern in dem kurzen Auftakt nicht vor. Ob der Angeklagte sich später äußern will, ist noch offen. Ebenfalls auf der Anklagebank sitzt ein 26-jähriger Mann aus Brakel. Er soll bei Aufbau und Betrieb der Plantage mitgeholfen sowie als Fahrer fungiert haben. Schon seit März 2017 soll der 26-Jährige mit einem Transporter Material und Pflanzen für die Plantage aus den Niederlanden nach Bosseborn gebracht haben. Auch habe er den Mercedes auf sich zugelassen, mit dem der 43-Jährige regelmäßig von seinem Wohnort aus die Plantage angefahren habe, um dort nach dem Rechten zu sehen und seinen Mittätern Instruktionen zu erteilen, heißt es in der Anklageschrift.
Fünfköpfige Bande
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Bande aus fünf Personen bestand: Die beiden Angeklagten seien unterstützt worden von dem schottischen Dachdecker Dave M. (50), der das weltbekannt gewordene »Horror-Haus« für 5000 Euro gekauft und nach Vorgaben des 43-jährigen Drahtziehers hergerichtet hatte, um darin die Marihuana-Plantage zu betreiben. Eine Frau soll in einem Wohnwagen in der Scheune des kleines Hofes gelebt haben, um die Pflanzenpflege rund um die Uhr zu gewährleisten. Sie soll von M. mit allem Lebensnotwendigen versorgt worden sein. Als Fünfter im Bunde gilt der Kontaktmann, der zwischen dem Bandenchef und dem Schotten die Verbindung hergestellt haben soll. Diese drei mutmaßlichen Mittäter werden am Freitag in Paderborn in einem zweiten Verfahren vor Gericht stehen.
Für die beiden Angeklagten in diesem ersten Verfahren geht der Prozess am 27. März weiter. Dann könnte es nicht nur um die Vorwürfe hinsichtlich der Plantage gehen: Beide sollen bereits 2016 mit Marihuana gedealt haben.
Der Dealer aus Brakel war Anfang 2017 geschnappt worden und hatte geplaudert – und zwar in solchem Umfang, dass er jetzt im Zeugenschutzprogramm ist. Der Mann hatte als Kronzeuge vor wenigen Tagen in Prozessen gegen zwei Paderborner Rauschgifthändler ausgesagt. Seine Aussage soll auch die Ermittlungen gegen die Bosseborner Bande angestoßen haben.
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