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Wie geht es den kleinen Läden im Lockdown? Kempo Fashion in Höxter bleibt nur der Onlinehandel

„Uns gibt es auch nach Corona noch“

Höxter

Geschlossene Geschäfte, verzögerte Staatshilfen – viele Modehändler kämpfen in der Pandemie um ihre berufliche Existenz. Profiteur der Krise ist der Onlinehandel.

Michael Robrecht

Die Läden sind zu, viele Kunden kaufen trotzdem ein. Der Online-Handel erlebt bei Kempo Fashion in Höxter während der Corona-Pandemie einen Höhenflug. Georg Kempowski und Umut Gün (rechts) verpacken mehrmals in der Woche Mode-Pakete. Foto: Michael Robrecht

Auch stationäre Einzelhändler wie Kempo Fashion in Höxter verkaufen im Lockdown vermehrt über Online-Marktplätze und soziale Medien. Irgendwie müssen die vollen Lager ja geleert werden, auch wenn die Margen noch geringer ausfallen. Viele stationäre Händler versäumten es bisher, sich online ein zusätzliches Standbein aufzubauen. Nicht so Georg Kempowski und Umut Gün. Sie haben gleich zu Beginn der Corona-Pandemie ihr Konzept blitzschnell angepasst und es geschafft, ihre Kundschaft durch einen ausgebauten Liefer- und Online-Service mitzunehmen. „Wir haben besonders in der Corona-Zeit gelernt, dass es ohne Online nicht gehen wird. Schön ist, dass viele Kunden mitziehen und uns die Treue halten – ganz bewusst bei uns bestellen“, sagt Geschäftsführer Georg Kempowski, der seit Jahren in Höxters Modewelt beruflich unterwegs ist. „Wir halten durch. Uns gibt es auch nach Corona noch“, ist er überzeugt – und Umut Gün, der Kreativkopf von Kempo Fashion, nickt zustimmend.

Blick durch die Schaufenster

Der 330 Quadratmeter große Laden in der Westerbachstraße ist seit dem 16. Dezember geschlossen. Moderne Kleidung können Modefans im Showroom nur durch die großen Fenster anschauen – oder über den alternativen Kempo-Vertriebsweg „Whatsapp-Business“. Die Firma hat dort einige hundert Kunden gelistet und versorgt sie digital regelmäßig mit Fotos und Videos von neuer Ware sowie mit Infos zu Trends und Styles. Die Leute bestellen, holen die Ware ab, erhalten sie von uns per Auto gebracht oder bekommen Hosen oder Shirts im Paket per Post – „Mode-Amazon aus der Westerbachstraße“ quasi. Facebook und Instagram brauchen die Modeexperten nicht, das eigene Kempo-Kundenportal liefert genug Rundumversorgung.

„Wir stehen für Modernität, wir sind am Puls der Zeit. Und diese Zeit ist für uns auch ein Push“, weigert sich Georg Kempowski mutlos durch die Pandemie-Monate zu gehen. „Was sollen wir denn machen? Not macht erfinderisch“, sagt er und meint, dass Umut Gün doch mal die Geschichte von der Modemesse erzählen solle. Dort sind die Höxteraner auf Einkaufstour gewesen und haben Trendmode dabei live gefilmt oder als Fotos direkt zu ihren staunenden Kundinnen und Kunden ins Wohnzimmer übertragen. Die Idee mit der Fashion-Cam habe viele interessiert: „Die haben bei mir gleich direkt beim Einkauf bestellt“, beschreibt Umut Gün, wie die „neue Zeit“ möglicherweise auf Dauer auch aussehen könnte: der Kunde als Modeberater und Disponent gleich mit vor Ort in Düsseldorf beim Lieferanten.

Verlorener halber Advent

Georg Kempowski berichtet auch, dass man als Selbstständiger finanziell genau kalkulieren müsse. Um an die staatlichen Corona-Hilfen zu kommen, habe er eine Umsatz- und Kostenkalkulation für Dezember 2020 und die erste Hälfte 2021 über seinen Steuerberater („Der kostet übrigens auch Geld“) einreichen müssen. Für den verlorenen halben Advent habe er eine Abschlagszahlung von 50 Prozent seiner nachgewiesenen betrieblichen Fixkosten von Dezember 2019 erhalten. Mehr Überbrückungshilfe für das Weihnachtsgeschäft gebe es wohl nicht, berichtete der Modehändler. Das gehe sicher vielen so.

Mit Blick auf die Corona-Einbußen hätten etliche Kunden jedoch bewusst großzügig bei ihnen Mode geordert: „Die wollten ein Zeichen für die Kleinen setzen. Das muntert auf und dafür können wir uns nur bedanken“, sagen Kempowski und Gün, die dreimal pro Woche zum Ware Verpacken im Laden erscheinen.

Forderungen an die Politik

Niemand denkt bei Kempo Fashion ans Aufgeben. „Wenn die Überbrückungshilfen kommen und das Pick-up-Bestellgeschäft mit Digital-Katalog so gut weiterläuft, werden wir es schaffen. Man darf die Lust nicht verlieren. Und den Glauben daran, dass es auch im schönen Einkaufsstandort Höxter bald wieder besser wird.“ Dazu müsse die Politik aber Perspektiven zur Lockerung formulieren. Das hat Georg Kempowski auch schon in Briefen an MdB Christian Haase und MdL Matthias Goeken gefordert. Auch tauscht er sich auf der Online-Plattform „Händler stehen zusammen“ und in Höxter mit anderen Betroffenen aus.

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