Betrogene Frau möchte vor Betrugsmasche warnen – Polizei gibt Tipps
WhatsApp-Betrug: 66-Jährige aus dem Altkreis Warburg verliert 27.000 Euro
Altkreis Warburg
Als montags abends eine kurze Nachricht auf ihrem Handy erschien, ahnte Annegret H. (Name geändert) noch nicht, dass sie wenige Tage um 27.000 Euro ärmer sein würde. Polizeisprecher Jörg Niggemann schildert den Fall, der sich im Altkreis Warburg zugetragen hat.
„Hallo Mama, ich habe eine neue Nummer“, stand da lapidar im Display. „Du kannst die alte löschen“. „Ich habe mir nichts dabei gedacht“, gibt die 66-Jährige später zu Protokoll. Mittlerweile weiß sie, dass dies der Auftakt einer heimtückischen Betrugsmasche ist, die derzeit um sich greift. Die Frau aus dem Altkreis Warburg möchte ihre Geschichte öffentlich erzählen, um andere Menschen zu warnen. „Ich kannte zwar die Masche mit falschen Polizisten am Telefon“, erklärt die 66-Jährige, aber Betrug per WhatsApp, davon habe sie bisher nichts mitbekommen.
So antwortete Annegret H. in dem Glauben, mit ihrer Tochter zu kommunizieren, noch kurz auf die erste Nachricht und wünschte Gute Nacht. Am nächsten Tag eine neue Meldung im Handy, verbunden mit der erneuten Aufforderung, die alte Nummer zu löschen.
Die dann folgende Nachricht wurde schon konkreter: „Ich habe eine Rechnung zu bezahlen, meine Banking-App geht nicht. Kannst Du das für mich übernehmen?“, hieß es darin. Annegret H. schöpfte keinen Verdacht, obwohl es sich um einen Betrag von mehr als 1000 Euro handelte. „Ich wollte meiner Tochter einfach helfen.“ Zumal es in der nächsten Nachricht hieß: „Ich zahle das Geld nächste Woche zurück, versprochen“. Garniert mit einem Herzchen-Symbol.
Annegret H.
Annegret H. überwies den Betrag an die genannte Bankverbindung, schickte wie gewünscht ein Foto von der getätigten Überweisung, bekam ein paar schlichte Dankesworte zurück.
Am Mittwoch folgte die nächste Nachricht. „Ich habe noch eine andere Rechnung, geht das noch?“ fragte die vermeintliche Tochter. Diesmal ging es schon um mehr als 2000 Euro. Dass die angebliche Tochter keine Erklärung gab, wozu sie so viel Geld brauchte, fiel Annegret H. durchaus auf. „Aber ich dachte, ihr ist der Grund sicherlich peinlich, deshalb verschweigt sie ihn mir.“ Heute weiß sie es besser: „Man sollte sich nicht selbst eine Begründung zurechtlegen, sondern misstrauisch sein.“ Annegret H. war nicht misstrauisch, überwies die zweite Summe und sendete die Überweisungsbestätigung. Diesmal verband sie es aber mit der Bitte, ihre Tochter solle aktuelle Bilder vom Enkel senden.
Vermeintliche Tochter
Diesen Wunsch umschiffte die angebliche Tochter mit der Antwort, keine Fotos auf dem neuen Handy zu haben. Stattdessen schickte sie eine dritte Rechnungsanfrage. „Da hätten bei mir die Alarmglocken angehen müssen“, meint Annegret H. heute. Gingen sie aber nicht. Ihre Hilfsbereitschaft war stärker, diesmal überweis sie mehr als 5000 Euro.
Als dann noch eine weitere Zahlungsaufforderung eintraf („Geht das noch…? Du bekommst es zurück)“, diesmal über 7000 Euro, war Annegrets Hilfsbereitschaft eigentlich am Ende. „Ich wollte das in einem persönlichen Gespräch klären.“ Sie rief die neue Handynummer an, wurde aber sofort weggedrückt. Stattdessen kam prompt eine Nachricht: „Mikro kaput“.
Annegret H.
Die Rechtschreibfehler in manchen Nachrichten fielen Annegret zwar ins Auge, trotzdem war sie weiterhin überzeugt, mit ihrer echten Tochter zu kommunizieren. „Ich dachte nur, unter welchem Druck muss sie stehen, dass sie jetzt nicht mal mehr korrekt schreiben kann.“ Also überwies sie auch diesmal Geld.
Weitere Überweisung von 9000 Euro
Und sie brachte noch eine weitere Überweisung auf den Weg. Mehr als 9000 Euro diesmal. Da ihr eigenes Konto schon leer war, nahm sie das Geld jetzt vom Konto des Ehemanns. Der war damit einverstanden, trotzdem kam es bei der Überweisung zu technischen Problemen. „Wir hatten uns schon Sorgen gemacht, dass wir unserer Tochter nicht rechtzeitig helfen konnten.“ Erst am späten Freitagabend, in einem gemeinsamen Gespräch der Eheleute über die finanzielle Zwickmühle der Tochter, kamen allmählich Zweifel auf. „Als mein Mann hörte, dass sie eine neue Nummer hätte, dämmerte es ihm plötzlich.“
Im Gespräch mit dem Ehemann kommen Zweifel auf
Trotz der späten Stunde griffen sie zum Telefon, riefen die echte Tochter auf deren Festnetzanschluss an, und dann flog der ganze Schwindel auf. Am nächsten Morgen wurde die Polizei eingeschaltet, Anzeige erstattet, die betroffenen Banken verständigt. Doch es war in den meisten Fällen schon zu spät. Nur die Überweisung der letzten 9000 Euro konnte noch gestoppt werden, insgesamt summiert sich der finanzielle Schaden der Eheleute voraussichtlich auf rund 27.000 Euro.
Misstrauisch bleiben und konkret nachfragen
„Natürlich haben wir uns erst sehr geärgert und geschämt“, gibt Annegret H. zu. Inzwischen aber habe sie den Schreck verkraftet. „Ärgern bringt uns das Geld nicht zurück. Geld kann man ersetzen. Unsere Gesundheit ist uns wichtiger.“
Annegret H. will ihre Erfahrungen wenigstens dafür einsetzen, andere Menschen zu warnen, damit sie nicht in eine ähnliche Falle tappen. Ihr Rat: „Bleiben Sie immer misstrauisch, reimen Sie sich im Kopf keine eigenen Begründungen zusammen, sondern fragen Sie immer konkret nach.“