Kontrollierter Zugang zu Mehrfamilienhäusern nicht gewährleistet
Mieter in Augustdorf besorgt: Ein Schlüssel passt für alle Häuser
Augustdorf
In Augustdorf sorgen sich Mieter um ihre Sicherheit. Denn ihr neuer Hausschlüssel passt zu allen Gebäuden in der Siedlung, ein kontrollierter Zugang zu den Vierfamilienhäusern ist damit nicht mehr gewährleistet.
Ende letzten Jahres hatte die Wohnsiedlung an der Rommel-Kaserne Schlagzeilen gemacht, weil Menschen über Wochen frieren mussten – der Verwalter Belvona hatte die Gasabschläge der Mieter über Monate nicht an Eon weitergeleitet.
Belvona ist in Augustdorf seit einigen Wochen Geschichte, neuer Hausverwalter ist das Unternehmen Optima aus Berlin. Optima gehört zum Reanovo-Immobilienservice, der nach eigenen Angaben bundesweit 150.000 Wohnungen verwaltet und der Essener Holding Emeria Germany untersteht.
Alle Schlösser erneuert
Nach Übernahme der neuen Verwaltung wurden die Mieterinnen und Mieter per Aushang im Treppenhaus informiert, dass am 10. Februar in allen Häusern der Mittelstraße, der Bandelstraße und Am Dören die Haustürschlösser ausgetauscht würden – angeblich auf Geheiß des Eigentümers.
Schlüssel passt überall
Auch Mieterin Manuela Schramm bekam einen neuen Schlüssel. „Ein paar Tage später meinte ein Nachbar, dass alle Häuser den gleichen Schlüssel hätten.“ Die 62-Jährige wollte das nicht glauben und probierte es aus. „Ich komme tatsächlich in alle Häuser unserer Siedlung rein.“ Und das macht der Frau, die hier seit zehn Jahren in einer Zwei-Zimmer-Wohnung lebt, Sorgen. „Niemand ahnt etwas Böses, wenn er sieht, dass jemand mit einem Schlüssel ein Haus betritt. Einbrecher können jetzt unauffällig in die Häuser gehen und Wohnungen oder Keller aufbrechen.“ Zumal die Schlüssel nicht geschützt sind und von jedem Schlüsseldienst kopiert werden können. „Außerdem sind die Waschmaschinen in den Waschküchen nicht mehr vor Dieben sicher. Was, wenn die gestohlen werden? Zahlt die Versicherung dann?“
Die Befürchtungen der Mieterin, Unberechtigte könnten in die Häuser eindringen, scheinen begründet. Bei einem Besuch mehrere Häuser fanden sich am Dienstag aufgebrochene Türen zu unbewohnten Wohnungen. In einigen liefen die Heizungen auf hoher Stufe, in einer lag eine Matratze samt Decke, und die Toilette war benutzt. Gibt es hier illegale Mieter?
„15 Wohnungen aufgebrochen“
Manuela Schramm sagt, sie kenne inzwischen 15 unbewohnte Wohnungen, die aufgebrochen seien. Polizeisprecher Yannick Thelaner erklärte, es sei unklar, ob es in der Siedlung unrechtmäßige „Mieter“ gebe. „Bisher ist keine entsprechende Anzeige erstattet worden.“ Das wundert Manuela Schramm nicht: „Hier ist ja niemand von der Hausverwaltung vor Ort, dem die aufgebrochenen und stark geheizten Wohnungen auffallen würden.“
Inzwischen sind bei der Polizei zwar drei Anzeigen wegen Hausfriedensbruchs eingegangen. Die sollen aber von Mietern stammen, die nicht anzeigeberechtigt sind – weil die mutmaßlich Unbekannten zwar im Haus, nicht aber in den Wohnungen waren.
Männer überrascht
Erst vor wenigen Tagen überraschte eine rumänische Mieterin mehrere Männer mit einem Brecheisen im Haus. Die Männer flohen, und die Frau rief die Polizei. Die bot ihr an, sie zum Thema Einbruchsschutz zu beraten.
Optima sieht kein Problem
Die Wohnungsverwaltung Optima lobt die neuen Haustürschlösser: „Es wurden hochwertige Markenzylinder von BKS mit Anbohrschutz und Schlag-Picking-Schutz eingebaut“, sagt ein Sprecher. Dass die Häuser alle das gleiche Schloss haben, hält der Sprecher nicht für problematisch. „Bei Hochhäusern haben ja auch 50 oder 100 Haushalte den gleichen Schlüssel.“ Gleiche Schlüssel für mehrere Häuser würden Täter weder begünstigen noch von ihren Plänen abhalten, so der Sprecher. „Das bestätigt uns die Polizei immer wieder.“
Manuela Schramm beruhigt das nicht. Sie hat erfahren, dass ihr Schlüssel sogar zu den Hochhäusern am Lemgoer Biesterberg passen soll: „Das wären dann noch ein paar hundert Leute mehr, die in mein Haus könnten.“ Ob der Schlüssel wirklich auch in einer anderen Stadt passt – die Mieterin will das in den nächsten Tagen ausprobieren.
Das sagt der Mieterbund
Ralf Brodda, Geschäftsführer des Mieterbundes Ostwestfalen-Lippe: „Dass ein einziger Haustürschlüssel für etliche Häuser passt, kenne ich aus keiner anderen Siedlung.“ Für Handwerker und Hausmeister sei das natürlich eine feine Sache, aber in erster Linie müsse es um die Mieter gehen. „Ich halte das Vorgehen für unzulässig, weil die Art der Schlösser beim Abschluss der Mietverträge eine andere war und das nicht einfach verändert werden kann.“
Es sei zwar so, dass in einem Hochhaus auch 50 oder mehr Familien den gleichen Haustürschlüssel hätten. „Aber damit kommen sie eben nicht in fremde Häuser.“ Mieter hätten einen Anspruch darauf, sich auch im Treppenflur geschützt zu fühlen und nicht ständig damit rechnen zu müssen, Unbekannten zu begegnen.
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