Handball-Verein um mehr als 100.000 Euro geschädigt?
TBV Lemgo: Gericht verhandelt zehn Jahre alten Untreue-Fall
Detmold (WB)
2012 stand der Handball-Bundesligist TBV Lemgo kurz vor der Insolvenz, nachdem der Hauptsponsor Heristo, ein Lebensmittelhersteller, ausgestiegen war. Doch nicht nur dessen Sponsorengeld fehlte dem Verein damals: Der TBV soll auch durch Betrug und Untreue um mehr als 100.000 Euro gebracht worden sein.
Das Landgericht Detmold versucht seit Mittwoch, Licht in undurchsichtige Finanztransaktionen zu bringen, die vor etwa zehn Jahren stattgefunden haben sollen. Dass der Fall erst jetzt vor Gericht kommt, soll auch daran liegen, dass die Staatsanwaltschaft den Angeklagten Roland K. (61) nicht eher finden konnte.
Dem 61-Jährigen, der am ersten Prozesstag schwieg, werden Anstiftung zu Betrug und Untreue vorgeworfen. Er soll 2010 Kontakt zu dem damaligen TBV-Geschäftsführer Volker Z. aufgenommen und mehrere Verträge mit ihm ausgehandelt haben. Bis heute kann die Staatsanwaltschaft Detmold nicht erkennen, welchen Nutzen der TBV aus diesen Verträgen hätte ziehen sollen.
Konkret soll der Angeklagte einen Mann namens Olaf S. dazu gebracht haben, eine Scheingesellschaft zu gründen. Auf deren Briefpapier wurden Umsatzsteuernummer und Handelsregisternummer anderer Firmen angegeben. Dann soll diese angebliche Beratungsfirma dem TBV Lemgo monatlich Rechnungen über insgesamt 74.000 Euro geschickt haben, deren Bezahlung der Verein angewiesen haben soll. Das Geld soll, so sagte es Staatsanwalt Kristoffer Mergelmeier, dem Angeklagten zugute gekommen sein.
Außerdem soll der Angeklagte dem finanziell angeschlagenen Handballverein nach Absprache mit dem Geschäftsführer eine neue Telefonanlage für etwa 97.000 Euro geliefert haben – aber nur auf dem Papier, denn die Anlage gab es nicht. Eine ahnungslose Leasingfirma soll die 97.000 Euro für die Anlage an den Angeklagten gezahlt und fortan monatliche Leasingraten bis zu 2000 Euro vom TBV Lemgo bekommen haben. Diese Methode des „Leasings ohne Ware“ soll Roland K. schon früher praktiziert haben.
Die Staatsanwaltschaft hofft, dass Volker Z., der für Mittwoch als Zeuge geladen ist, etwas zu den Hintergründen der Geschäfte sagen kann. Z. war in dieser Sache 2015 wegen Untreue per Strafbefehl, also ohne Prozess, zu 14.400 Euro Strafe verurteilt worden. Die Staatsanwaltschaft teilte damals mit, Z. habe sich nicht bereichert.
Vor dem Landgericht Detmold behauptete Verteidiger Jan Lam am Mittwoch, Z. sei damals mit einer vergleichsweise milden Strafe davongekommen, weil er seinen Mandanten zu Unrecht belastet habe. Volker Z., Deutscher Meister, Vizeweltmeister und Europameister, arbeitet heute in Berlin.
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