»Bei Gewitter nicht hüpfen«: Generalprobe der Mindener Stichlinge in der Deele
Es donnert nur leise
Kalletal (WB). Ein fester Termin im Angebot des Kalletaler Kulturvereins ist die jährliche Generalprobe der »Mindener Stichlinge«. Mit ihrem aktuellen Programm »Bei Gewitter nicht hüpfen« sind die Kabarettisten in die diesjährige Saison gestartet. Vielleicht auch geschwächt durch den plötzlich erkrankten Frank Oesterwinter donnerte es jedoch nur leise in Brosen.
So musste auch der Chef, Birger Hausmann, selbst gut fünfmal mit auf die Bühne, um zusammen mit Jürgen Juchtmann und Wolfgang Freitag den ausgefallenen Kollegen zu ersetzen. Die politische und gesellschaftliche Großwetterlage ist das Hauptthema des neuen Programms der Stichlinge. In 22 Sketchen bewegen sich die Themen zwischen Asylpolitik und Umweltproblematik.
Was bei dem neuen Programm an diesem Abend vermisst wurde, waren die gewohnt sehr scharfen kabarettistischen Spitzen. So zog sich dann auch ein nur mühsam erkennbarer roter Faden durch das Programm der Kabarett-Truppe um Birger Hausmann.
Kirsten Gerlhof glänzt als Kanzlerin
Gewohnt souverän der Auftritt Kirsten Gerlhof, die, wie schon im vergangenen Jahr, als »Bundeskanzlerin« glänzte: »Was machen die bloß, wenn die Bundeskanzlerin nicht mehr da ist?« Mit einer gekonnten Entledigung des pinkfarbenen Blazers im Stil eines Showtanzes reiche sie die Verantwortung an ihre Nachfolgerin im Vorsitz der CDU weiter. Oder sie gehe in Sachsen mit einem Roboter (Birger Hausmann) kreativ in den Wahlkampf mit dem Slogan: »Steht auf, wenn ihr Deutsche seid!«, hieß es.
Bei den Linken, so die Stichlinge, lösten Geistesblitze einen Theaterdonner aus (»alle Menschen werden Brüder«). Gegen Bewegungsmangel soll »Aufstehen« hilfreich sein. Während die Kanzlerin im Song von Birger Hausmann, um die halbe Welt fliege und ihre »Kohle« auspacke, bleibe der Emigrant zu Hause und die Britische Premierministerin (Kirsten Gerlhof), paddele derweil im untergehenden Boot vor Amerika.
Gute Stichling-Songs
Ohne schlechtes Gewissen hatten die Stichlinge dann für das nicht mehr so aktuelle Flüchtlingsproblem und die umso aktuellere Organspende-Diskussion eine Lösung parat: »Warum sich nicht mit einer Organspende eine Aufenthaltsgenehmigung erkaufen?«, fragten sie. »Gibt es sichere Herkunftsländer, ist nicht vielmehr auch Deutschland nicht mehr sicher?« Rolf Berkenbrink, Kirsten Gerlhof und Annika Hus knobeln das aus. Unklar bleibt, was heute überhaupt noch sicher ist. Bei den ständigen Unwettern im Alpenraum wolle nach aktuellen Umfragen niemand mehr vor Freude hüpfen. Die Stichlinge meinen: »Alles heiße Luft. Denn die braucht bekanntlich mehr Platz als kalte«. Während zwei Landwirte sich in Europa mit Bauernregeln das Klima schön reden und mit dem »Lieselator« die Methangase der Rinder auffangen, fallen in einem Gesundheits-Sketch um Jens Spahn jede Menge Späne, nach dem Motto: »Wer kein Geld hat fliegt raus«. Bekannt sind die Stichlinge für ihre guten Songs. Mit dem Song »Komm auch du« bekommt die AfD ihr Fett weg. Richtig gut ist der Song »Ich mus«, der im Stil der alten Küchenlieder die Zwänge aufzählt, in denen viele moderne Menschen heute stecken, und der zu dem Fazit kommt: »Ich muss eigentlich gar nichts«.
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