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»Poetische Quellen: Lyrik-Abend bietet Autoren aus Italien, Kroatien und Portugal ein Forum

»Grand Tour« durch Europas junge Dichtung

Bad Oeynhausen/Löhne  (WB). »Eine Reise durch die junge Dichtung Europas« haben am Freitagabend die Besucher eines Lyrik-Abends in der Auferstehungskirche am Kurpark unternommen. Dabei kooperierte das internationale Literaturfest »Poetische Quellen« zum wiederholten Male mit der Altstadt-Kirchengemeinde.

Malte Samtenschnieder

Nehmen in der Auferstehungskirche am Kurpark die junge Dichtung Europas in den Blick (von links): Moderator Jürgen Keimer, Übersetzerin Ivana Nevesinjac, Autor Marko Pogacar, Autorin Margarida Vale de Gato, Übersetzer Michael Kegler und Autor Federico Italiano. Foto: Malte Samtenschnieder

»Damit Quellen sprudeln können, muss jemand Brunnen bauen«, sagte Pfarrer Lars Kunkel in seiner Begrüßung. Er wandte sich mit dieser Aussage an Michael Scholz, künstlerischer Leiter der Kulturreihe, dem er für sein persönliches Engagement bei der Vorbereitung und Durchführung der »Poetischen Quellen« dankte. Es tue gut, Jahr für Jahr bei dem internationalen Literaturfest Gedanken und Stimmen aus vielen Ländern zu hören. Lars Kunkel: »Zum 18. Mal gelingt es Michael Scholz bereits, den großen Geist in die kleinen Städte Bad Oeynhausen und Löhne zu tragen.«

Gedichtsammlung dient als Grundlage

Für den Lyrik-Abend diente die im März erschienene Gedichtsammlung »Grand Tour« als Ausgangspunkt. Wie Mitherausgeber Federico Italiano im Gespräch mit Moderator Jürgen Keimer erläuterte, sind darin Texte von 423 Dichtern aus 49 Ländern in 46 Sprachen versammelt.

Auftraggeber sei die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt gewesen. Auf dem Podium der Auferstehungskirche nahmen stellvertretend Margarida Vale de Gato aus Portugal und Marko Pogacar aus Kroatien Platz.

Den musikalischen Rahmen für die Lesungen und Gespräche lieferte Kirchenmusiker Tim Gärtner mit einer Orgel-Sonate von Felix Mendelssohn Bartholdy. Die Lesung der ins Deutsche übersetzten Texte von Margarida Vale de Gato und Marko Pogacar übernahmen die Schauspieler Thomas Streipert und Mareike Greb. Zudem sorgten die Übersetzer Ivana Nevesinjac und Michael Kegler für einen reibungslosen Gesprächsablauf.

Blick nach Portugal

Margarida Vale de Gato zeigte sich beeindruckt, nachdem sie ihre eigenen Texte auf Deutsch gehört hatte. Sie habe nicht alles verstanden. Es sei ihr jedoch möglich gewesen, dem Vortrag zu folgen. In ihrer Heimat habe es Lyrik schwer. Meist würden Gedichtbände nur bei kleinen, unabhängigen Verlagen gedruckt.

Unbekannte Autoren starteten oft mit einer Auflage von 200 oder 300 Exemplaren. Lesungen seien für sie wichtig, um auf ihre Kunst aufmerksam zu machen. Zwar gebe es einen gemeinsamen portugiesischen Sprachraum mit Brasilien und einigen afrikanischen Ländern. Margarida Vale de Gato: »Wegen Zollschranken und Vertriebsproblemen hat es Literatur aus Portugal dort aber schwer.«

Blick nach Kroatien

»Ich lese sonst deutlich langsamer«, sagte Marko Pogacar, nachdem er seine Texte auf Deutsch gehört hatte. Das sei aber in Ordnung für ihn. »Es gibt ja kein Monopol auf die Interpretation«, meinte der Kroate. Auf Nachfrage Jürgen Keimers ordnete der Autor die sprachlichen Besonderheiten im ehemaligen Jugoslawien ein.

Das Serbokroatische, das Slowenische und das Mazedonische seien keineswegs identisch. »Die Sprachen stehen zueinander wie Spanisch und Portugiesisch«, erläuterte Marko Pogacar. Dennoch sei es korrekt, über einen gemeinsamen Sprachraum zu reden.

Die Gäste des Lyrik-Abends nahmen von der Veranstaltung viele Denkanstöße mit nach Hause. Für die interessanten Einblicke in ihre Lebenswelten dankten sie den Mitwirkenden auf dem Podium mit reichlich Beifall.

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