Finanzexperte Bernd Raffelhüschen betrachtet Folgen des demografischen Wandels
»Jeder sollte zusätzlich selbst vorsorgen«
Bad Oeynhausen (WB). Im Gespräch über das Thema Altersvorsorge ist Prof. Dr. Bernd Raffelhüschen um keine Antwort verlegen. Denn der Finanzexperte beherrscht die Materie aus dem Effeff. Davon konnten sich auch die 300 Besucher des 13. Zahlmann-Forums am Mittwochabend im Theater im Park überzeugen.
Nicht erst zu Beginn seines mehr als einstündigen Vortrags auf Einladung der Steuerberatungsgesellschaft Zahlmann Klose Nolting zeigt sich Bernd Raffelhüschen eloquent und auskunftsfreudig. Gleiches gilt zuvor für ein ausführliches Gespräch mit dieser Zeitung. »Natürlich ist Altersvorsorge ein wichtiges Thema, weil es uns früher oder später alle betrifft«, sagt der 59-Jährige. Und räumt gleich mit einem Missverständnis auf. »Von weitverbreiteter Altersarmut kann derzeit keine Rede sein«, sagt der Finanzexperte. Die Wahrscheinlichkeit, dass Senioren verarmen, liege bei drei Prozent, bei Kindern liege der Wert dagegen sieben Mal so hoch. »Und im Durchschnitt beträgt das Armutsrisiko sieben Prozent«, betont Bernd Raffelhüschen.
Im Zusammenhang mit dem Thema Altersvorsorge sei es wichtig, den demografischen Wandel zu betrachten. »Ja, es ist richtig, dass wir immer älter werden«, sagt der Volkswirtschaftler. Und daran lasse sich kurzfristig auch nichts ändern. Die »künftigen« Erwerbstätigen, seien ebenso wie die »künftigen« Rentner bereits geboren. Bernd Raffelhüschen: »Wir sprechen hier im Prinzip über etwas, das gewesen ist, obwohl es noch kommt.« Sein bitteres Fazit: Die Geburtenrate liege seit 30 oder 40 Jahren auf dem niedrigen Wert vom Ende des Zweiten Weltkriegs.
»Das Rentenniveau wird weiter abnehmen«
Nach Einschätzung des Finanzexperten ist es gemäß Generationenvertrag gerecht, das Beitragsniveau für die Rentenversicherung bei etwa 20 Prozent des Netto-Einkommens zu halten. Das habe aber zur Folge, dass das Rentenniveau – bei immer weniger Erwerbstätigen und immer mehr Rentnern – abnehme. Langfristig werde die gesetzliche Rente zwar das Abrutschen in die Altersarmut verhindern. Bernd Raffelhüschen: »Wer seinen Lebensstandard sichern will, muss aber selbst vorsorgen.« Mit konkreten Anlagetipps sei er vorsichtig. »Um 70 Prozent des Netto-Lohns vor der Rente zu erhalten, macht es aber Sinn, fünf bis sieben Prozent des eigenen Einkommens zu sparen.«
Wer über die Auswirkungen der aktuellen Niedrigzins-Periode klage, habe bei der Geldanlage etwas falsch gemacht. Er sei ein Verfechter der Faustregel: ein Drittel des eigenen Vermögens in Wertpapiere investieren, ein Drittel in Aktien anlegen und ein Drittel in Immobilien investieren. »Wer dieser Regel vor Jahrzehnten gefolgt ist, kann sich immer noch über einen Realzins von fünf Prozent freuen«, sagt Bernd Raffelhüschen.
»Zuwanderer müssen der Gesellschaft nützen«
Auch zu den Auswirkungen der Zuwanderungswelle – vor allem in der zweiten Hälfte des Jahres 2015 – hat der Finanzexperte ein Rechenmodell parat. »Die Flüchtlingszahlen in Deutschland gleichen langfristig einer Sinuskurve. Für unsere Berechnungen werden alle Werte gemittelt«, erklärt der Finanzexperte. Statistisch gesehen, ergäben sich daraus bezogen auf Modelle zur Rentenentwicklung nur geringe Effekte.
Gleichwohl sieht Bernd Raffelhüschen beim Thema Zuwanderung Handlungsbedarf. Andere Länder ließen nur die Flüchtlinge ins Land, die der eigenen Gesellschaft etwas nützen. »In unserem Fall wären das Kinder und qualifizierte junge Menschen«, sagt der Referent. Immer mehr ungebildete Zuwanderer ins Land zu lassen, sei nachteilig. Bernd Raffelhüschen: »In Deutschland haben wir schon Millionen Menschen, die wir wegen unzureichender Qualifikation nicht in Jobs vermitteln können.«
Mehr zu diesem Thema lesen Sie am Freitag, 25. November, im WESTFALEN-BLATT, Lokalausgabe Bad Oeynhausen/Löhne.
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