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Das Tanzhaus Matthe in Bad Oeynhausen geht in der Krise kreative Wege

Rumba in Puschen und Pölter

Bad Oeynhausen

Viereinhalb Monate hat Thomas Matthe im vergangenen Jahr nicht arbeiten dürfen. Wegen der Corona-Pandemie hat der 52-Jährige den Betrieb seines gleichnamigen Tanzhauses in Bad Oeynhausen für diese Zeit auf Eis legen müssen. Dass die Auflagen ihm auch den Start im neuen Jahr verbieten, kratzt an der Existenz der Tanzschule für Standardtanz, die sich eigentlich mitten in der Hauptsaison befindet.

Lydia Böhne

In der Tanzschule zeichnen Thomas Matthe und Andrea Oestreich-Matthe und ihr Team Tanzvideos auf, die ihre Gäste über eine App schauen können. Foto: Lydia Böhne

Keine Anlässe für Feiern bedeutet für Thomas Matthe auch: keine neuen Gäste, die Tanzen lernen wollen. Dabei lebt die Tanzschule von neuen Schülern. „Die letzten neuen Kunden hatten wir im März vergangenen Jahres“, berichtet der 52-Jährige.

Seit 28 Jahren betreibt Thomas Matthe in Rehme seine Tanzschule mit etwa 400 Tanzschülern zwischen vier und stolzen 82 Jahren. 2019 kam als zweiter Standort mit der gleichen Kundenanzahl das Tanzhaus in der Alten Post in Lübbecke hinzu.

Hinter dem Tanzlehrer und seiner Frau Andrea Oestreich-Matthe liegt ein turbulentes Jahr: „Eine Woche nach der ersten Schließung im März haben wir begonnen, Tanzvideos online zu stellen“, berichtet Thomas Matthe. Nach Angaben des Tanzlehrers lebe die Schule sehr von ihrer familiären Atmosphäre und dem persönlichen Kontakt.

Nicht nur die inzwischen 30 Videos, die bis zu 250 Aufrufe erzielt haben, wurden gut angenommen, auch die Meetings seien ein voller Erfolg gewesen: „Erstmals haben sich dort Schüler beider Tanzschulen kennenlernen können“, berichtet Thomas Matthe.

Lustige Aktionen

Um ihren Kunden etwas zu bieten, hat sich das Team lustige Aktionen ausgedacht: „Wir haben zum Beispiel ein Video in unserem Wohnzimmer aufgenommen, in dem wir Rumba in Puschen und Pölter tanzen“, erzählt der Inhaber. Während für die Paar-Kurse Tänze ausgewählt wurden, die nicht viel Platz erfordern, wie Salsa oder Tango, erhielten die Jugendlichen via Internet die Anleitung für Partytänze. „Parallel haben wir die Zeit genutzt und gemeinsam mit den Tanzlehrern die Räumlichkeiten in Rehme renoviert“, berichtet Andrea Oestreich-Matthe.

80 Prozent der Gäste seien der Schule auch über die neun Wochen Lockdown hinweg treu geblieben. Ein ausgefeiltes Hygienekonzept, bei dem zur Sicherung des Abstandes Tanzflächen im Saal abgeklebt wurden, ließ anschließend den Betrieb wieder zu – bis zur erneuten Schließung im November. Seither sind auch die sechs Mitarbeiter in Kurzarbeit auf 20 Prozent.

„Eigentlich müsste ich Arbeitslosengeld beantragen, denn seit Dezember habe ich keine Einnahmen mehr“, bringt es Thomas Matthe auf den Punkt. Die Soforthilfe habe der Tanzlehrer beantragt und erhalten: „In meinen Augen ist diese Zahlung aber eher eine Entschädigung, als eine Hilfe.“

Warten auf Hilfe

Nun wartet der Inhaber auf die Wirtschaftshilfe: „Aber auch 75 Prozent Erstattung sind keine 100 Prozent. Sie können höchstens 90 Prozent der Fixkosten decken.“ Seinen Lebensunterhalt sichere aktuell der krisensichere Job seiner Frau als Assistentin der Geschäftsführung eines Baustoffhandels. „Unseren größten Kostenapparat, die Mieten der Tanzschulen, konnten wir dankbarerweise vorläufig aussetzen“, ergänzt Thomas Matthe.

Wie lange die Situation finanziell stemmbar sei, kann der 52-Jährige nicht sagen: „Ich habe mittlerweile meinen Frieden damit gemacht und bin sicher, dass ich durch meine jahrelange Selbstständigkeit Erfahrungen gesammelt habe, mit denen ich mich im Notfall beruflich auch anders aufstellen könnte.“

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