Neuer Krimi von Autorin Carla Berling feiert in Wandelhalle Premiere
Spannung aus der »Mordkapelle«
Bad Oeynhausen (WB). Als Journalistin hat Peggy Wehmeier in den 1990er Jahren in Bad Oeynhausen »das Schreiben gelernt«. Jetzt kam die Wahl-Kölnerin zurück: als erfolgreiche Kriminalautorin Carla Berling. Mit einer Lesung zur Buchpremiere des Romans »Mordkapelle« hat sie mehr als 160 Zuhörer in den Bann gezogen.
Man hatte den Eindruck, sie kannte fast jeden Gast: Carla Berling strömte zwischen vielen Hallos durch die Reihen; ein Heimspiel für die Frau, die Staatsbad-Geschäftsführer Peter Adler als »Tochter der Stadt« zur Vor-Ort-Lesung gewinnen konnte. Doch bevor es losging mit den schaurigen Geschichten, ließ Carla Berling es sich nicht nehmen, den Bad Oeynhausenern allerlei Illustres aus ihrem nicht immer steilen Aufstieg zur Belletristik-Autorin zu schildern. Dazu gehörte auch die ehrliche Geschichte, dass das Schreiben »aus blanker Not geschah, denn ich brauchte Geld für die Heizung«, wie die Schriftstellerin unumwunden zugab. Eine Flohmarktschreibmaschine ohne »e«, mühsame Gehversuche mit einem erfolglosen Erstroman. Der Durchbruch kam 2013 mit der Kriminalserie um die Lokalreporterin Ira Wittekind, deren Folgetitel »Mordkapelle« jetzt beim renommierten Heyne-Verlag erscheint.
Ira Wittekind ist die Hauptfigur
Diese Ira Wittekind ist, wie sich an diesem Abend herausstellt, der früheren Peggy Wehmeier durchaus ähnlich: eine kritische Spürnase, die leidenschaftlich tief graben kann. Ihre Protagonistin verortet Carla Berling dann auch prompt in die alte Heimat. Denn: Provinz-Krimis sind Trend, Lokalkolorit verkauft sich gut. Und so spielt das Szenario im Bad Oeynhausener Ortsteil Rehme, unter anderem auf dem fiktiven Hof »Eskendor«. Auch alte Damen mit urwestfälischer Manier, die »Brakenschnaps« trinken, machen den Charme des Heimatbezugs aus, den Berlings Lektorin Anke Göbel als »westfälische Lakonie« bezeichnete.
Carla Berling liest immer wieder kurze Sequenzen aus ihrem Roman: Figuren werden skizziert, Handlungen angerissen. Gleich zu Beginn baut sich ein düsteres Szenario auf: In der brennenden Rehmer Friedhofskapelle wird ein alter Mann im Rollstuhl gefunden, ermordet. Ira Wittekind erfährt, dass es sich um den anscheinend angesehenen Apotheker des Dorfes handelt – und ihr Spürsinn bringt sie auf eine Fährte aus Lügen, Intrigen, Macht und Liebe.
»Ich hatte zuerst den Titel«
»Ich hatte zuerst den Titel: Mordkapelle. Denn ich bin beim Spaziergang immer an einer Straße vorbeigekommen, die so ähnlich hieß«, berichtete Carla Berling. »Dann kam als Kern die wahre Begebenheit um einen skurrilen Apotheker hinzu.« Der Rest sei Phantasie. »Und: Ich fange immer mit der Leiche an. Dann weiß man, was los ist und kann allen Verdachtsmomenten nachgeben. Aber es bleibt trotzdem spannend bis zum Ende«, verriet die Autorin, die durchschnittlich ein Jahr an einem Buch von 400 Seiten schreibt. »Die Arbeit ist eher einsam, stundenlange Disziplin am Schreibtisch. Aber das Lesen vor Publikum, das entschädigt dann für alles«, plaudert Carla Berling auf dem Podium.
Und dann legt sie das nächste Kapitel nach: Mit düsterer Stimme schlüpft sie in verschiedene Charaktere. Sie liest langsam und akzentuiert, es ist mucksmäuschenstill in der Wandelhalle. Atmosphärisch-dicht ist ihre Sprache, sie nimmt die Zuhörer mit in die Empfindungen des Grauens, wenn »Ira das Gefühl hatte, den Leichengeschmack förmlich auf der Zunge zu spüren«. Und schließlich kokettiert Carla Berling ein wenig mit den Rehmern im Saal: Ob sie sich an diesem Abend noch allein nach Hause trauten…?
Doch die Beute-Rheinländerin verabschiedete sich am Ende mit fröhlichem Lachen und unter dankbarem Applaus aus der alten Heimat. Und mit dem Hinweis, dass ihr nächstes Buch, das fünfte über Ira Wittenberg, bereits in Arbeit sei. Und natürlich spiele es wieder in Bad Oeynhausen.
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