Etliche Touren von Kottmeyer-Lastwagen führen Woche für Woche nach England
Spedition bereitet sich auf Brexit vor
Bad Oeynhausen (WB). Drei Versuche haben die Engländer schon hinter sich. Nun soll am 31. Januar der endgültige Brexit vollzogen werden. Der Bad Oeynhausener Speditionsinhaber Horst Kottmeyer junior ist froh, „dass die Machtverhältnisse endlich geklärt sind.“ Über weitere Konsequenzen äußerten sich er und seine Frau Bettina im Gespräch mit dem WESTFALEN-BLATT.
„Erstmal bleibt ja alles wie gehabt“, erklärte Bettina Kottmeyer. Als Personalleiterin und Speditionsleiterin ist sie auch über das tägliche Geschäft mit Großbritannien informiert. „Zum Ende des Jahres 2020 wird dann alles Weitere feststehen.“ Mehrere Szenarien kann sie sich für den zukünftigen Warenverkehr mit dem Vereinigten Königreich vorstellen.
Bei keiner Einigung treten die Regularien für Zölle der Welthandelsorganisation in Kraft
„Am besten wäre es natürlich, wenn eine Zollunion errichtet würde“, findet Bettina Kottmeyer. Dann würde sowohl Import als auch Export mit den Engländern wie bisher als EU-Mitglied weiterlaufen. Das zweite Szenario wäre ein Zoll-Verfahren – wie mit der Schweiz. Die Schweiz gehört nicht zur EU und ebenfalls nicht zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), ist jedoch vollständig von EU-Ländern oder Ländern des EWR umgeben. Das Vereinigte Königreich würde in diesem Fall ebenso bevorzugt behandelt und nur in manchen Fällen fiele Zoll an.
„Wenn es nicht zu einer Einigung zwischen United Kingdom und EU kommt, wird die Abfertigung wie mit weiteren Drittländern – wie Uganda oder China – behandelt“, führte sie weiter aus. Dafür träten dann die Regularien und Zölle der Welthandelsorganisation (WTO) in Kraft. Also ist für die Kottmeyers erst einmal Abwarten angesagt. Natürlich bereite man sich auf den schlimmsten Fall vor, um ein gutes Fundament für 2021 zu haben.
„Wir haben uns vom Hauptzollamt Bielefeld als AEO zertifizieren lassen.“ AEO bedeutet, dass man ein vertrauenswürdiger Partner im Wirtschaftsverkehr ist. Als AEO können Unternehmen besondere Vergünstigungen in der Zollabfertigung in Anspruch nehmen.
Etwa 20 Mal am Tag wird eine Tour nach England gefahren
Auch die Mitarbeiter aus dem Vereinigten Königreich sind mittlerweile deutsche Staatsbürger. Kevin Phillips aus Wales ist seit vier Jahren für das Unternehmen Kottmeyer tätig und besitzt seit März 2019 den deutschen Pass. Ihm sei die Entscheidung nicht schwer gefallen, sich einbürgern zu lassen. „Das ging an sich ganz schnell“, sagte er. Nach dem bestandenen Test konnte er den Pass sofort beantragen.
„Seit mehr als 40 Jahren haben wir keinen Zoll mehr gehabt“, weiß Horst Kottmeyer junior. „Viele unserer jüngeren Mitarbeiter kennen das gar nicht mehr.“ 340 Mitarbeiter müssen sich künftig mit dem Thema auseinander setzen.
Etwa 20 Mal am Tag wird eine Tour nach England gefahren. Bei Kottmeyer transportieren die 185 Lastwagen mit Anhänger verschiedene Verbrauchsgüter wie etwa Trockner oder Waschmaschinen, so genannte Weiße Ware, sowie Teile beispielsweise für die Automobilindustrie.
„Das ist mit etwa anderthalb Stunden insgesamt einfach schneller als die Fähre“
„Wir nutzen fast ausschließlich den Eurotunnel von Calais nach Folkestone“, erklärte Kottmeyer junior. Mehrere Male pro Stunde fahren die Züge zwischen den Stationen. „Das ist mit etwa anderthalb Stunden insgesamt einfach schneller als die Fähre“, fügte er hinzu. England sei, laut Kottmeyer, nicht auf den Brexit vorbereitet. Es mangele unter anderem an Binnenzollämtern und ausgebildeten Mitarbeitern. Als Übergangslösung müsse der Empfänger den Erhalt der Ware beim englischen Zoll bestätigen und die Einfuhr-Umsatzsteuer entrichten.
Fallen jedoch im kommenden Jahr Zölle und Zollpapiere an, könnte es kritisch werden, vor allem auch beim Transport von Lebensmitteln. Die Laufzeiten der Lkw müssten nach Kottmeyers Meinung angepasst werden. „Da muss nur einer seine Papiere nicht in Ordnung haben – und schon bricht die ganze Kette zusammen.“
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