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Projekt der Stadtführer geht in die entscheidende Phase – Werk soll Ende des Monats fertig sein

Ein Film über die Heuerlingshäuser

Espelkamp

Die Espelkamper Stadtführer drehen einen Film über die Heuerlingshäuser in der Region. Dafür haben sie jetzt ein restauriertes Haus in Isenstedt besucht.

Andreas Kokemoor

Karl-Heinz Tiemeier und Karin Keller sprechen in dem historischen Film am Tisch auch mit den Zeitzeugen Renate Steinkamp und Inge Rahe. Dabei werden sie gefilmt.

Die Stadtführer Espelkamp vermitteln aus Überzeugung und mit viel Hingabe die Heimat- und Regionalgeschichte. Aus tiefer Überzeugung geben sie die historischen Begebenheiten Espelkamps an Bürger und Touristen weiter.

Ein besonderes Augenmerk schenken sie dabei dem Heuerlingswesen. Die Stadtführer Karl-Heinz Tiemeier, Gerd Kleinehollenhorst und Karin Keller haben jetzt eine 25-minütige Dokumentation über das Leben der Heuerlinge und Heuerleute, die noch bis in die 50-er Jahre hinein den Bauern zur Hand gingen, gedreht.

Mittelpunkt

Ende dieses Monats soll der Film, der unter Corona-Vorgaben gedreht wurde, fertig sein. In den Mittelpunkt rückt in dem Werk das Heuerlingshaus von Andrea und Winfried Köster in Isenstedt. Die Idee dazu hatte Stephanie Sundermeier, Lehrerin an der Birger-Forell-Sekundarschule. Die Gewährung einer Zuwendung aus dem Förderprogramm „Heimat-Scheck“ machte den Dreh möglich

„Ein professionelles Kamera-Team und ein Filmstudio wurden eingesetzt und einbezogen“, erläuterte Tiemeier. Am vergangenen Samstag erfolgte in der Wohnstube der Abschlussdrehtag. Der Titel zu dem Film lautet „Ein Heuerlingshaus im Wandel der Zeit! – Einblicke in das Leben in früheren Zeiten und den Wandel von einer Ruine zum Traumhaus“.

Zeitzeugen

Dabei kommen auch Zeitzeugen zu Wort. Inge Rahe und Renate Steinkamp zum Beispiel haben mit ihren Eltern zuletzt in dem Haus gewohnt. Sie sprechen von einem guten Verhältnis zum Bauern. Seit Mitte der 60-er Jahre stand das Gebäude jedoch leer.

Die Stadtführer haben sich bewusst als Schwerpunkt die Heuerlingshäuser ausgesucht. Von diesen kleinen bescheidenen, spartanisch und günstig gebauten Unterkünften gibt es heute nur noch wenige. Sie standen meist in unmittelbarer Nähe zu den großen Bauernhäusern und wurden meist als Zweiständer-Bauwerke mit nur ein oder zwei Räumen errichtet. Sie hatten Lehmfußboden und dünne einfache Wände.

Technischer Fortschritt

Es gab fast direkte Kontakt der Bewohner zu den Tieren. Wer Glück hatte, besaß sogar ein eigenes Stück Ackerland und einen kleinen Garten.

Der Film beleuchtet, warum diese Gebäude nicht mehr genutzt und bewohnt wurden. Der technische Fortschritt in der Landwirtschaft sorgte auf der einen Seite für einen Verzicht auf Heuerlinge. Die Industrialisierung auf der anderen Seite führte dazu, dass die Heuerlinge sich in den Fabriken nach Arbeit umsahen, da sie dort mehr Geld verdienen konnten.

Es kam, wie es kommen musste. Die meisten Heuerlingshäuser standen schon bald leer. Die Gebäude, die es noch gibt, fielen dem „gewollten“ Verfall anheim.

Renovierung

Als Andrea und Winfried Köster „ihr“ Heuerlingshaus in Isenstedt entdeckten, haben sie sich sofort verliebt. Das war in den 80-er Jahren. Sie haben es erworben und liebevoll sowie umfangreich renoviert. Ein Bautagebuch über das Projekt der Sanierung gibt in dem Film wertvolle Einblicke.

Das wagemutige und kreative Ehepaar Köster hat schließlich sein Schmuckhaus an der Diepenauer Straße voller Tatendrang, mit viel Liebe zum Detail und ungezählten Arbeitsstunden für die Gegenwart bewahrt und damit ein wertvolles Stück Denkmalschutz betrieben.

Gleichgesinnte Restaurierer und Heimatfreunde dürften durch das dokumentierte Ergebnis inspiriert werden. Geschichtsfreunde werden darüber hinaus aufgeklärt.

Karl-Heinz Tiemeier

Bei einer Stadtführung in der jüngeren Vergangenheit wurde die Restaurierung des Gebäudes bereits vorgestellt. Das Interesse an der Veranstaltung war groß. Und so wurde schnell klar, dass das Heuerlingswesen und im Speziellen das Köster-Haus ein Steckenpferd der Stadtführer wird.

Die Ehrenamtlichen selbst haben für das Film-Projekt jede Menge Zeit investiert und sind schon sehr gespannt auf das Endergebnis. Aber eines ist jetzt schon zu sagen. Das Werk wird viele Informationen über die Bedeutung und Rolle des Heuleringswesen in ganz Nordwestdeutschland geben. „Es ist schon eine Liebeserklärung an das Heuerlingswesen“ so Tiemeier.

Er vergleicht jenes Heuerlingswesen auch mit dem Märchen von Aschenputtel, „die weint, bis ihr die Tränen fallen. Als sie die Augen wieder öffnet, trägt sie ein prächtiges Kleid und goldene Schuhe. Sie geht zum Fest und der Prinz tanzt mit ihr“.

Wann der Film Premiere feiert können die Stadtführer noch nicht sagen. Das hänge von den Lockerungen beim Corona-Lockdown ab. Die Stadtführer planen, den Film auch Heimatvereinen und Schulen zugänglich zu machen.

Die Ehrenamtlichen denken sogar schon ein bisschen weiter und möchten den Film ebenfalls dem Haus der Geschichte in der Stadt zur Verfügung stellen, das sich aber weiterhin lediglich in den Vorplanungen befindet.

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