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Unabhängige bezweifeln Rechtmäßigkeit bei der Kandidatenaufstellung der AfD

Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl

Espelkamp (WB/fq). Müssen die Espelkamper eventuell ein weiteres Mal zur Wahlurne? Diese Frage beschäftigt nun zunächst die Stadtverwaltung und dort insbesondere den Wahlleiter Matthias Tegeler. Denn die Fraktion der Unabhängigen hat Einspruch gegen Teile der Ratswahl vom 13. September eingelegt.

Die Kommunalwahl 2020 ist gelaufen. Sie könnte aber in Espelkamp ein Nachspiel haben. Foto: dpa

Die Unabhängigen bezweifeln die Gültigkeit aufgrund der Unregelmäßigkeiten bei den Wahlkreiskandidaten der Partei Alternative für Deutschland (AfD). Darüber hatte diese Zeitung im Vorfeld der Kommunalwahl mehrfach ausführlich berichtet.

Persönliche Kontakte

Die Unabhängigen begründen ihren Schritt damit, dass sowohl aus der Presse wie auch aus den Beschwerden des Wahlleiters und aus „persönlichen Kontakten“ bekannt sei, dass „offenbar acht Kandidaten der AfD unter Vorspiegelung falscher Tatsachen zu Unterschriften unter die Zustimmungserklärungen für die Kandidatur zur Kommunalwahl 2020 für die AfD bewegt wurden“.

Bereits im Wahlausschuss am 3. August seien Bedenken gegen die Wahlvorschläge der AfD geäußert worden (wir berichteten). Wahlleiter Matthias Tegeler habe in einer späteren Sitzung berichtet, dass das Innenministerium Hinweise zum Umgang mit gegebenenfalls fragwürdigen Kandidaturen, insbesondere von AfD-Kandidaten, veröffentlicht habe. Tegeler habe im Wahlausschuss ebenfalls ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich erst nach dem Abschluss des Wahlvorschlagsverfahrens „Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten bei der Zulassung von Bewerbern für die AfD ergeben haben, da die Zustimmung zur Kandidatur in mehreren Fällen möglicherweise erschlichen wurde.“

Vorkommnisse

Nach all diesen Vorkommnissen sind sich die Unabhängigen sicher. „Hätte die AfD in acht von 19 Wahlbezirken nicht antreten können, wäre das für das Ergebnis im jeweiligen Wahlbezirk und auf die Zuteilung von Sitzen aus der Reserveliste von entscheidender Bedeutung.“

Daher fordert die Fraktion den Wahlprüfungsausschuss auf, „die Wahl in dem aus Paragraf 42 Absatz 1 des Kommunalwahlgesetzes NRW ersichtlichen Umfang in den entsprechenden Wahlkreisen für ungültig zu erklären“.

Wahl 2014

Wahlleiter Matthias Tegeler bestätigte gestern auf Anfrage dieser Zeitung den Eingang des Einspruchs. „Der neue Wahlprüfungsausschuss hat über die Gültigkeit der Wahl zu befinden“, sagte er. Die letzte Entscheidung aber liege beim neuen Rat, der zum 1. November seine Tätigkeit aufnimmt.

Einen Einspruch gegen das Wahlergebnis hat es zwar in der Vergangenheit bereits in Espelkamp gegeben. Tegeler erinnerte in diesem Zusammenhang an die Wahl 2014. Damals hatte die SPD Einspruch gegen die Wahl eingelegt, da Reinhard Hülsmann seinerzeit die Sozialdemokraten verlassen und sein Ratsmandat mit zu den Unabhängigen genommen hatte. Aber einen Einspruch aufgrund der Nominierung von Wahlkreiskandidaten, die davon gar nichts wussten, ist neu. Tegeler sagte dazu: „Das hatten wir noch nicht.“

Der Wahlleiter betonte, dass die Unregelmäßigkeiten bei den AfD-Wahlkreiskandidaten nicht nur ein Espelkamp-typisches Phänomen seien. „In vielen Städten in Nordrhein-Westfalen gibt es ähnlich Sachverhalte.“ Aufgrund dieser Häufung geht Tegeler auch davon aus, dass der Landeswahlleiter sich bald in den Kommunen melden werde, um weitere Informationen zu geben, wie mit dem Sachverhalt umgegangen werden soll.

Gesetzes-Überarbeitung

Der Espelkamper Wahlleiter hofft, dass nach den nun gemachten Erfahrungen der vergangenen Wahl das Kommunalwahlgesetz überarbeitet wird. „Es ist wohl empfehlenswert, eine zusätzliche Sicherheit einzubauen, damit es nicht mehr zu solchen Vorkommnissen kommt.“ Zurzeit sei es lediglich notwendig, ein Formular – eine offizielle Erklärung – zu unterschreiben, wenn man Wahlkreiskandidat werden möchte.

Tegeler hofft, dass es künftig einen weiteren Schritt bei der Bestätigung gibt. So könne er sich „eine direkte Bestätigung“ des Kandidaten, zum Beispiel per Telefon, gegenüber der Wahlbehörde vorstellen. Dabei könne dann noch einmal ausdrücklich die Absicht zur Kandidatur bestätigt werden. „Etwas mehr als eine Unterschrift“, wünschte sich Tegeler. Er betonte auch, dass es für die Demokratie auch wichtig sei, dass es zu solchen Vorkommnissen wie im Vorfeld der vergangenen Kommunalwahl gar nicht erst komme.

Unregelmäßigkeiten

Ob es sich nun bei den betroffenen AfD-Wahlkreiskandidaten um eine Täuschung oder um ein Missverständnis gehandelt habe, vermochte Tegeler nicht zu sagen. Paul-Gerhard Seidel, Fraktionsvorsitzender der Unabhängigen, betonte gegenüber dieser Zeitung, dass seine Fraktion der AfD dieses Vorgehen jedoch „nicht einfach so durchgehen lassen will“.

Er bezog sich ebenfalls auf den Hinweis des NRW-Innenministeriums zu den Unregelmäßigkeiten bei der AfD. Und Seidel machte deutlich, dass es seiner Fraktion ernst ist mit der Überprüfung der Vorkommnisse vor der Wahl. „Da muss man genau hinschauen.“

Ausschuss entscheidet

Der neue Wahlprüfungsausschuss, der über das Verfahren zuerst berät, komme wahrscheinlich im Januar 2021 zusammen, sagte Tegeler gegenüber dieser Zeitung.

Sollte der Einspruch der Unabhängigen dort abgewiesen werden, könne sich die Fraktion auch vorstellen, „die nächsthöhere Instanz einzuschalten“, so Seidel. Zur Not würden die Unabhängigen bis auf Landesebene gehen.

Die AfD ihrerseits geht davon aus, dass der Einspruch abgewiesen wird. Dies teilte Sebastian Landwehr, Vorsitzender des AfD-Kreisverbandes, auf Nachfrage mit. Der Einspruch entbehre jeglicher Grundlage. Landwehr bezeichnete den Einspruch als ein „Manöver“, das dazu dienen solle, das Wahlergebnis der Unabhängigen aufzubessern. Die Aufstellung der AfD-Wahlkreiskandidaten sei „rechtmäßig erfolgt“.

Sollte die Ratswahl in einigen Bezirken für ungültig erklärt werden, sieht das Wahlgesetz die Möglichkeit vor, in den entsprechenden Wahlbezirken erneut zu wählen.

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