Behörde: „Beim letzten Kontakt kein Hinweis auf Kindeswohlgefährdung“
Toter Säugling: Jugendamt hatte Kontakt zu der Familie
Espelkamp
Wäre der Tod des elf Monate alten Säuglings, der in der vergangenen Woche in Espelkamp ums Leben kam, zu verhindern gewesen? Hätten die Behörden die Familie stärker im Fokus haben müssen?
Am Donnerstag vergangener Woche war ein Notarztwagen zu einem Mehrfamilienhaus am Stadtrand von Espelkamp gerufen worden. Die Helfer fanden ein lebloses Baby vor, das in der Badewanne der elterlichen Wohnung ums Leben gekommen sein soll.
Fast eine Stunde lang soll der Notarzt versucht haben, den Säugling zu retten – ohne Erfolg. Woran der Junge gestorben ist, wissen die Ermittler noch nicht, denn die Obduktion steht noch aus. „Wir wissen bisher nur, dass das Kind tot ist. Alles weitere müssen die Untersuchungen ergeben“, sagte Staatsanwalt Christoph Mackel. Die Kripo Bielefeld untersucht den Fall.
Die Mutter soll vergangene Woche ausgesagt haben, sie habe das Baby in die leere Wanne gesetzt und sei in ein anderes Zimmer gegangen, um Medikamente zu nehmen. Als sie nach einiger Zeit ins Bad zurückgekehrt sei, sei heißes Wasser in der Wanne mit dem Säugling gewesen.
Möglicherweise aufgrund von Sprachschwierigkeiten hatte die Frau nicht selbst den Rettungsdienst gerufen, sondern eine Bekannte informiert, die den Notruf wählte.
Menschen, die die Familie kennen, werfen nun die Frage auf, ob die psychisch kranke Mutter mit den drei Kindern nicht überfordert gewesen sei, und ob das Jugendamt nicht zumindest das Baby hätte in Obhut nehmen müssen.
Die Frau und ihr Lebensgefährte, von dem die drei Kinder sind, stammen vom Balkan. Ihre Asylanträge wurden abgelehnt, aber der Mann und damit seine Familie sollen eine sogenannte Beschäftigungsduldung haben, weil der Mann mindestens 35 Stunden in der Woche arbeitet.
Ein Bekannter der Familie erzählt, dass es den Kindern aus Geldnot oft an Essen gefehlt haben soll. Man soll ihnen das auch angesehen haben. „Die beiden älteren sahen schlecht ernährt aus.“ Es habe, behauptet der Mann, deswegen auch Hinweise ans Jugendamt gegeben.
Dass die Mutter das Baby alleine in der Badewanne ließ, werten Bekannte als Beleg dafür, dass die psychisch kranke Frau nicht mit den Kindern alleine in der Wohnung hätte sein dürfen.
Der Kreis Minden-Lübbecke als Träger des Jugendamts nahm am Dienstag nur kurz Stellung zu dem Fall. Eine Sprecherin sagte, die Familie sei dem Jugendamt seit Februar 2020 bekannt. Den letzten Kontakt habe es im April vergangenen Jahres gegeben. „Allen Hinweisen, die das Jugendamt erreicht haben, ist nachgegangen worden.“ Sie hätten sich aber nicht bestätigt. „Eine Kindeswohlgefährdung lag zum damaligen Zeitpunkt nicht vor.“
Die Familie soll jetzt vorübergehend in einer anderen Stadt untergekommen sein. Der Vater soll vorhaben, das tote Baby nach der Freigabe durch die Staatsanwaltschaft in seine Heimat zu überführen und es dort zu bestatten.
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