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Landschaftsexpertin hat Gabelhorst-Wald in Espelkamp besichtigt

Klinik-Grundstück: „ein erhaltenswerter Mini-Urwald“

Lübbecke/Espelkamp

Die Diplom-Landschaftspflegerin Susanne Bartens-Korn spricht im Zusammenhang mit dem Gabelhorst-Grundstück, das für einen Krankenhaus-Neubau in Teilen gerodet werden würde, von einem unbedingt erhaltenswerten „Mini-Urwald“.

Am Waldstück (links) entlang der Gabelhorst, im Rechteck zwischen der B 239 und der Koloniestraße soll das neue Krankenhaus entstehen. Eine Expertin für Landschaftspflege sieht dies sehr kritisch. Foto: Felix Quebbemann

Auf Einladung der Bürgerinitiative für den Erhalt der Krankenhäuser Lübbecke und Rahden hat Susanne Bartens-Korn, die lange in Stockhausen gelebt hat und jetzt in Bad Oeynhausen wohnt, im Gehlenbecker Moorhus von ihren Begehungen durch den zehn Hektar großen Wald gesprochen, von dem ein großer Teil für den geplanten Klinik-Neubau weichen sollte. Bei der Veranstaltung, an der etwa 40 Interessierte teilnahmen, wurde auch deutlich, welche Konflikte dieses Thema für die Grünen-Vertreter vor Ort mit sich bringt.

„Ich war schockverliebt“, berichtet Susanne Bartens-Korn von ihren Ortsbesichtigungen im Herbst. „Ich habe sofort erkannt, dass es ein Schaden wäre, diesen Wald zu beeinträchtigen.“ Es handle sich um einen über lange Zeit naturnah bewirtschafteten Baumbestand, der sich in Richtung „Mini-Urwald“ entwickle. „Und das auf zehn Hektar, das ist schon sehr ungewöhnlich für Espelkamp.“

 Klaus Peitzmeier hat Susanne Bartens-Korn als Referentin bei der Bürgerinitiative begrüßt. Foto: Friederike Niemeyer

Laut der Diplom-Ingenieurin für Landschaftspflege gelte für das Gabelhorst-Areal nicht nur der Klima- und Wasserschutzaspekt, den jeder gesunde Wald erfülle. Die Fläche sei auch ein „Trittstein-Biotop“, also eine wichtige Biotopverbindung zwischen den Naturschutzgebieten, die sich im Raum Rahden-Espelkamp in Nord-Süd-Richtung erstrecken. Gerade in Espelkamp, speziell im Süden, sei ein großer Teil des ursprünglichen grünen „Riegels“ durch die Stadt weggefressen, führt Bartens-Korn aus.

Laubwald setzt sich durch

Eine Erklärung, warum auch Behörden oder auch sogar der Nabu in ihren Stellungnahmen zur Grundstückswahl in Sachen Klinik-Neubau diesen Wald als nicht so bedeutsam eingestuft hätten, sieht Susanne Bartens-Korn in der historischen Kartierung als Kiefernwald. Eine typische Kiefern-Monokultur gilt gerade in Zeiten des Klimawandels als nicht resistent und auf Dauer sowieso abgängig. Doch, so Bartens-Korn weiter, in diesem Fall habe sich unter den etwa 35 bis 40 Meter hohen Kiefern eine komplette Laubwaldschicht gebildet. Schon recht alte Buchen, Pappeln, Eichen oder Birken finde man vor allem in der Mitte der Fläche, aber auch an den Rändern. „Auf dem Boden findet man Laub und keinen Nadelteppich“, machte die Landschaftspflegerin klar.

Der zehn Hektar große Teil des vom Kreis ausgewählten Grundstücks ist bewaldet. Davon wiederum würde ein etwa sechst Hektar großes Stück in weiten Teilen gerodet. Foto: Stadt Espelkamp

Dazu käme Untergehölz, Farne, Moose, Pilze und Totholz. Die Kiefern würden nur noch in den Spitzen Grün ausbilden, so Bartens-Korn weiter. Diese Puscheln würden wie Sonnenschirme die Vegetation darunter schützen. „Es hat sich eine unglaubliche Vielfalt an Strukturen in diesem Wald gebildet.“ Auch einen Schwarzspecht habe sie beobachten können, der gerade diesen Mix aus alten Laubbäumen, Nadelhölzern und Totholz liebe.

Zerschneiden wäre sehr schädlich

Die Referentin betonte, dass jedes Zerschneiden eines Waldes den Wald kaputt machen würde. Eine Klinik mit tiefer Baugrube würde zu einer zumindest temporären Absenkung des Grundwasserspiegels um ein bis zwei Meter führen, der auch den Bäumen in der Umgebung das Leben erschweren würde. Die Meinung, die Bodenverhältnisse in der Gabelhorst würden dieses Austrocknen verhindern, ließ Bartens-Korn nicht gelten.

Auch einen Restwald als Patientenwald zu nutzen, hält sie für wenig tröstlich. „Ein Patientenwald ist zwangsläufig eine Parkanlage, bei der das wertvolle Totholz entfernt wird. Wegen der Verkehrssicherungspflicht.“

 Bartens-Korn gab den Rat, wenn man das Grundstück, für das es seit langem Baurecht gibt, dauerhaft schützen wolle, könne man versuchen, in einem Gutachten die Schutzwürdigkeit herauszuarbeiten.

Die Grünen und der Wald

Kathrin Böhning, Grünen-Ratsfrau aus Lübbecke, betonte in der Diskussionsrunde, dass eigentlich nur die Grünen-Kreistagsfraktion für dieses Grundstück votieren würden. Vor Ort seien die Grünen dagegen, mit Ausnahme eben der Kreistagsmitglieder, was zu einer schwierigen Lage führen würde - und zu Diskussionen mit den Bürgerinnen und Bürgern.

Klaus Peitzmeier, Vorsitzender der Bürgerinitiative, zeigte sich fassungslos, dass sowohl die Kreis-Grünen als auch die Kreis-FDP mit ihrer Unterstützung der Neubaupläne gegen ihre aktuellen Wahlprogramme verstoßen würden: Die Grünen, weil sie eine Waldfläche opfern wollen, die Liberalen, weil sie die Standorte Lübbecke und Rahden aufgeben wollen. Er selbst könne sich auch vorstellen, im Altkreis Lübbecke alles so zu belassen und in Bad Oeynhausen das Krankenhaus an des NRW-Herz- und Diabeteszentrum anzugliedern sowie die Orthopädieklinik Auguste Victoria in das Wesling-Klinikum zu integrieren. „Das sind Varianten, die gar nicht diskutiert werden“, so Peitzmeier. 

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