Weitere Gutachten sollen neue Planungen auf sichere Beine stellen
Bürgerinitiative legt eigenes Krankenhaus-Konzept für Minden-Lübbecke vor
Lübbecke/Minden
„Es ist an der Zeit, planvoll und realistisch Lösungen auf den Weg zu bringen und nicht länger die Entscheidungen hinauszuzögern“, schreibt die Krankenhaus-Bürgerinitiative an ihre Mitglieder und legt einen eigenen „Konzeptfahrplan“ vor, wie es heißt.
In der E-Mail vom Montagnachmittag greift der Vorsitzende der Bürgerinitiative für den Erhalt der Krankenhäuser Lübbecke und Rahden die Wortmeldungen der letzten Tage auf und spricht von der Notwendigkeit, das Thema der stationären medizinischen Versorgung im Kreis zu klären.
Klaus Peitzmeier: „Eine weitere Hinauszögerung hat insbesondere für die BewohnerInnen des Nordkreises fatale Folgen. Es ist an der Zeit, planvoll und realistisch Lösungen auf den Weg zu bringen und nicht länger die Entscheidungen hinauszuzögern.“
Wenn die Landtagsabgeordneten Winkelmann und Rauer weiter nur Ungewissheiten zu den Überlebenschancen der Krankenhäuser Rahden und jetzt auch Lübbecke verbreiten, trage dies nicht zur Lösung, sondern zur allgemeinen Verunsicherung bei, kritisiert die Bürgerinitiative die Landespolitiker von CDU und Grünen.
Warum soll etwas geändert werden?
Mit ihrem sogenannten Konzeptfahrplan will die Bürgerinitiative sowohl den finanziellen als auch organisatorischen Anforderungen gerecht werden. Landrat, Kreistag, MKK-Vorstand und die Politiker der Städte und Gemeinden werden gebeten, diesen Plan umgehend umzusetzen. Auch ein Bürgerentscheid, wie von der FDP vorgeschlagen, wäre wünschenswert.
Eine grundsätzliche Frage stellt die Bürgerinitiative voran: „Was war eigentlich Ausgangspunkt der Überlegungen, an der Situation der stationären Versorgung im Kreis Minden-Lübbecke etwas zu ändern?“ Landrat Ali Dogan halte die gegenwärtige stationäre Versorgung im Gesamtkreis für hervorragend.
Ziel- und Raumplanung erforderlich
Sollte es dennoch Gründe für eine Korrektur der stationären Versorgung geben, bedarf es folgender Maßnahmen, so die Bürgerinitiative: eine Bedarfsermittelung der Anforderungen an die stationäre Versorgung auf wissenschaftlicher Basis im Kreis Minden-Lübbecke, darauf aufbauend eine Zielplanung der Struktur der Krankenhaus-Standorte und eine Raumplanung.
Gegebenenfalls müssten gemäß dieser Zielplanung dann neue Gutachten zu den Baukosten für Klinikneubauten erstellt werden. Außerdem sollten die Sanierungskosten für Lübbecke gemäß dieser Raumplanung sowie für das Wesling-Klinikum gutachterlich ermittelt werden.
Ein weiteres Gutachten sollte die Nachhaltigkeit eines Neubaus in Espelkamp und einer Sanierung des Lübbecker Krankenhauses gegenüberstellen. Und es müsste geprüft werden, ob das Projekt mit dem EU-Subventionsrecht vereinbar ist sowie ob die bisherigen Kreistagsbeschlüsse zur gesetzlichen Verpflichtung einer gesunden Haushaltsführung passen.
Über- und Unterversorgung abbauen
Unabhängig von diesem Fahrplan hat die Bürgerinitiative bereits eigene Vorstellungen für die einzelnen Standorte, die sich folgenden Zielen unterordnen: „Die flächendeckende, bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhausleistungen im Kreis Minden-Lübbecke zu gewährleisten. Doppelvorhaltungen und unteroptimale Abteilungsgrößen sind so weit wie möglich zu vermeiden.“ In den konkreten Vorschlägen sind die Ideen von Arno Kuge eingearbeitet, die dieser bei einer Veranstaltung der Initiative in Lübbecke vorgestellt hatte.
Für den Standort Bad Oeynhausen schlägt die Bürgerinitiative vor, die kleine Abteilung Gefäßchirurgie wird mit der ebenfalls kleinen Gefäßchirurgie in Minden zusammenzulegen. Das Herz- und Diabeteszentrum (HDZ), das dem Land gehört, soll dann die verbleibenden Abteilungen des Krankenhauses in eigener Trägerschaft in einem Neubau mit dem HDZ zusammenführen. Der wichtigste Vorteil für den Kreis aus Sicht der Bürgerinitiative: Ein Neubau zulasten des Kreises kann in Bad Oeynhausen entfallen.
Die orthopädische Fachklinik Auguste Viktoria sollte ganz nach Minden verlegt werden: „Die Bettenkapazitäten im JWK Minden sollten reichen, wenn an anderer Stelle Abteilungen ausgelagert werden. Es ist auch daran zu denken, die Klinik für Wirbelsäulenchirurgie von Bad Oeynhausen nach Lübbecke zu verlegen.“
Rahden soll geriatrisches Profil erhalten
Die stationäre Versorgung in Rahden als Haus der Grundversorgung sollte im Sinne einer flächendeckenden Versorgung des Kreises, auch des Grenzgebietes von Niedersachsen, unbedingt gewährleistet werden. Die Rettungswache in Rahden muss erhalten bleiben, damit die Eintreffzeit von 12 Minuten im Kreis lückenlos und flächendeckend gewährleistet ist, so die Bürgerinitiative. „Damit gibt es zukünftig im Kreis einen Grundversorger in Rahden, einen Regelversorger in Lübbecke und einen Maximalversorger in Minden und Bad Oeynhausen (HDZ).“
Die chirurgische Notfallversorgung in Rahden sollte sich auf eine funktionierende Versorgung im Sinne des D-Arzt-Verfahrens beschränken. Geplante chirurgische Eingriffe sollten daneben weiterhin möglich sein. Um überhaupt eine Mindestgröße zu einem stationären Weiterbetrieb zu ermöglichen, wäre neben der Inneren Medizin auch die Etablierung einer bettenstarken und leistungsfähigen Geriatrie erforderlich. Dazu müssten die vorhandenen geriatrischen Fälle aus der Geriatrie (23 Betten) und der Neurologie (geriatrische Fälle unbekannt) in Minden auf Rahden konzentriert werden. Zusammen mit den in der Basis vorhandenen 78 Betten würde mit vergleichsweise wenig Aufwand eine rund 170 stationäre Betten umfassende, überlebensfähige Größe erreicht.
Der Standort Lübbecke sollte im Rahmen einer zukunftssicheren Zielplanung baulich ertüchtigt werden. Wie an den anderen Standorten sollten unteroptimale Abteilungsgrößen wie etwa in der Allgemeinchirurgie geprüft werden. Eventuell könnte die Wirbelsäulenchirurgie aus Bad Oeynhausen übernommen werden.
20-Minuten-Vorgabe ist politisches Ziel
Ergänzend äußert sich die Bürgerinitiative zur vom Land geforderten Erreichbarkeit der Standorte in 20 Minuten Fahrzeit. Dies sei eine politische Zielsetzung, die nicht sklavisch auf das einzelne Krankenhaus anwendbar sei und nicht mehr der Notfall-Erreichbarkeit gleichzusetzen sei. „Absurd wäre es, ein Krankenhaus nur deshalb an einem Standort neu zu bauen, weil er dem Besucher-Entfernungsideal am nächsten kommt, ansonsten aber alle vernünftigen Bedarfsaspekte gewachsener Standorte vermissen lässt.“
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