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Wie Schüler mit der Situation umgehen und was Abiturienten denken

Lernen in Zeiten von Corona

Lübbecke (WB). Das Coronavirus bringt überall Veränderungen mit sich, in Schulen ganz besonders. Lehrer stehen vor neuen Herausforderung und Schüler müssen sich auf eine ganz andere Art des Unterrichts einstellen. Joscha Westerkamp, 16-jähriger Preußisch Oldendorfer und freier Mitarbeiter dieser Zeitung, berichtet von seinen Erfahrungen:

Die Schüler müssen nun von zuhause Aufgaben bearbeiten, die die Lehrer ihnen stellen Foto: Joscha Westerkamp

„Ich stecke mitten im Geschehen – als Elftklässler am Wittekind-Gymnasium. Mein Mathelehrer hat uns schon ‚frohe Ostern‘ gewünscht, als er uns am Freitag, 13. März, ins Wochenende verabschiedete. Die Schulschließung war zu dem Zeitpunkt zwar noch nicht beschlossen, aber absehbar.

Lehrer stellen kreative Aufgaben

Jetzt liegt die erste schulfreie Woche hinter uns. Das neue Unterrichtskonzept funktioniert wie folgt: Lehrer schicken uns über ‚IServ‘ – unsere digitale Kommunikations- und Lernplattform – Aufgaben. Je nach Lehrer stellen wir ihnen dann, ebenfalls über IServ, ein Foto unserer Erarbeitungen zu oder vergleichen selbst mit gegebenen Lösungen. Bei den meisten Lehrern stammen die Aufgaben einfach aus dem Schulbuch, doch manche befleißigen sich jetzt ganz besonderer Kreativität. In Sport beispielsweise sollen wir einen Tanz erarbeiten – ‚gerne in Partnerarbeit per Videochat‘. Mein Mathelehrer gab sich ebenfalls außerordentliche Mühe: Mit fünf siebenminütigen Videos erklärt er uns alle Aufgaben und deren Lösungen.

Natürlich bringt die Schulschließung offensichtliche Vorteile mit sich – wir können ausschlafen und müssen nicht zur Schule. Dennoch sind die Nachteile klar: Jeder muss die Aufgaben für sich alleine machen und kriegt keine direkte Hilfe. In der Schule lernt es sich einfach effektiver. Zudem fallen jetzt mehrere Klausuren aus, die irgendwann nachgeschrieben werden müssen, wenn eigentlich gar keine Zeit dazu ist.

Probleme mit Internet

Probleme bereitet das System aber auch schon den jüngeren Schülern. Aimée Dornbusch (11, Klasse 6a) berichtet: ‚Manche Lehrer schicken uns die Aufgaben mitten in der Nacht und erwarten dann, dass wir die nur wenig später erledigt haben.‘ Das, was sie jetzt arbeiten sollen, sei oft viel mehr, als sie im Unterricht schaffen würden. ‚Außerdem müssen wir ständig bei IServ reingucken, um nichts zu verpassen‘, sagt Aimée. Besser fände sie es, Aufgaben für einen längeren Zeitraum zu erhalten. Auch die wachsende Bindung an das Internet sei hinderlich: ‚Meine Eltern mussten schon bei der Telekom anrufen, damit wir mehr Datenvolumen bekommen.‘

Doch betrachtet man den Jahrgang über mir – den diesjährigen Abiturjahrgang – wird klar: Wir sollten eigentlich keinen Grund zur Beschwerde haben. Meret Meyring (18, Stufenmitglied und ehemalige Schülersprecherin) erzählt mir: ‚Dass wir plötzlich keinen Unterricht mehr haben, ist schon ziemlich doof. Es ist einfach schwieriger, sich alleine aufs Abi vorzubereiten.‘

„Bloß nicht das Abi verschieben“

Stufensprecher Aleksei Smirnov (19) sagt: ‚Für mich geht es. Im Mathe-LK zum Beispiel haben wir schon mit der Wiederholungsphase angefangen, jetzt müssen wir einfach nur noch das lernen, was auf IServ steht.‘ Aufgaben gäbe es dementsprechend wenig; die Lehrer ließen ihnen mehr die Freiheit, sich selbst auf das Abitur vorzubereiten. Dennoch können beide von Lehrern berichten, bei denen es nach wie vor reichlich zu tun gibt. ‚Wenn wir Fragen haben, antworten die Lehrer uns auch sofort‘, sagt Aleksei. Mehr Angst vor dem Abitur als sonst habe er nicht.

Was die beiden über eine mögliche Verschiebung des Abiturs denken? ‚Das wäre ein Desaster‘, meint Aleksei. Meret: ‚Ich fände eine Verschiebung unnötig. Außerdem haben wir alle schon viele Sachen geplant, die wir danach vorhaben. Wenn das Abi jetzt verschoben wird, fallen die alle weg.‘ Das sieht auch Aleksei so: ‚Ich habe einen vollen Terminkalender nach dem Abi.‘

Abi-Gags müssen ausfallen

Besonders traurig sei die Stufe aber um alle sonstigen Vor-Abi-Events. ‚Das ist schon ziemlich doof so. Wir haben bei den anderen Stufen immer gesehen, wie sie ihren Spaß an Mottowoche, Abi-Gag und letztem Schultag mit gemeinsamem Frühstück hatten. Da hat man sich mega lange drauf gefreut – und jetzt fällt das einfach so weg‘, sagt Meret. Stufensprecher Aleksei fügt hinzu: ‚Wir trauern da alle drum. Auch die Lehrer haben uns schon geschrieben, dass wir wohl die erste Stufe sein werden, die darauf verzichten muss.‘ Es gäbe Versuche, Abi-Gag und Frühstück nachzuholen, sagt Aleksei. ‚Aber ob wir das schaffen, ist noch unklar.‘“

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