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Wind wirft 60 Bäume um - Straßen in Niederheide weiter gesperrt

Tornadoverdacht: Schneise der Verwüstung in Preußisch Oldendorf

Preußisch Oldendorf

Was am Mittwoch eine Schneise der Verwüstung durch Teile von Getmold, Lashorst und Hedem gezogen hat, könnte  ein Tornado gewesen sein. Es ist auf jeden Fall ein Tornadoverdachtsfall, erklärt der heimische Meteorologe Friedrich Föst auf Nachfrage dieser Zeitung.

Tornadoverdacht am Kanal in Preußisch Oldendorf: Nahe der Windräder in der Niederheide in Getmold hat der heftige Wind eine regelrechte Schneise ins  Nadelbaumgehölz gemäht. Foto: Eva Rahe

Es gebe zahlreiche Anzeichen, die darauf hindeuten, sagte der Experte. „Vor allem der scharf  abgegrenzte Streifen an Schäden weist darauf hin, dass es ein Tornado gewesen sein könnte“, sagte Föst. Auch das Schadensbild mit teilweise abgedeckten Dächern und abgeknickten jungen Bäumen in Preußisch Oldendorf weise darauf hin: „Da ist schon ein ordentlicher Wumms hinter gewesen.“

„Keine einzige der umliegenden Wetterstationen hat Windgeschwindigkeiten von mehr als 60 bis 70 Kilometern pro Stunde gemessen.“ Erst ab 75 km/h spreche man von Sturmböen. Die Windgeschwindigkeiten, die am Mittellandkanal in Preußisch Oldendorf erreicht wurden, müssten erheblich darüber gelegen haben, vermutet Föst. „Um größere Bäume, wie an diesem Mittwoch geschehen, umzuwerfen, müsste der Wind wohl Orkanstärke gehabt haben." Von Orkanböen sie die Rede ab 117 km/h.  Aus meteorologischer Sicht sei es bedauerlich, dass diese großen Windstärken an keiner Wetterstation nachweisbar waren, sagt der Experte Föst.

Nach der heftigen Windböe ist diese Straße nahe der Niederheide in Getmold am Donnerstag vorsorglich gesperrt worden. Foto:

Die Vorhersage für diesen Mittwoch habe allerdings durchaus starke Schauer und Graupelgewitter angekündigt und für den Kreis Minden-Lübebcke habe daher eine Unwetterwarnung bestanden. Es handelte sich um eine sogenannte Rückseitenwetterlage, ein Tief, bei dem mit Windscherungen zu rechnen war. Der Wetterkundler spricht von gut gescherten Winden. Das heißt, dass Winde aus verschiedenen Richtungen aufeinandertreffen", sagt Föst. „Auch das spricht für die Möglichkeit der Entwicklung eines Tornados.“ Alternativ könnte es eine Gewitterfallböe gewesen sein, sagt der Experte, aber dann wäre der betroffene Streifen normalerweise breiter gewesen.

„Ein schwarzer Streifen“

Den Verdacht auf einen Tornado erhärtet, was Thorsten Ellinghausen, Leiter des Preußisch Oldendorfer Bauhofs, von dem Nachmittag berichten kann: „Bei uns am Bauhof in Harlinghausen war alles ruhig. Aber in Richtung Getmold konnte man sehen, wie ein regelrechter schwarzer Streifen entlangzog.“  Danach sei ein stürmisches Gewitter durchgezogen, bei dem auch ein bis anderthalb Zentimeter große Hagelkörner gefallen seine. Anschließend hatte der Bauhof alle Hände voll zu tun, die Wetterschäden zu beseitigen.

Besonders heftig hat der Wind an der Straße Im Schierfeld zugeschlagen. „Bei der Firma Helmich wurde eine große alte Tanne umgeworfen. Weiter in Richtung Windpark hat die Böe zehn große Linden samt Ballen umgerissen“, erzählt Ellinghausen. „Das ist besonders schade, weil der Alleecharakter der Straße leidet.“  Insgesamt seien in diesem Bereich etwa 60 Bäume umgekippt mitsamt Wurzelballen. Speziell in einem Fichtengehölz   habe der Wind eine regelrechte Schneise geschlagen und die Nadelbäume wie Grashalme umgemäht. Zwei Windräder seien in Folge des stürmischen Windes auf Not-Aus geschaltet worden. „Sie laufen aber seit Donnerstagnachmittag wieder.“ Der Wind sei außerdem entlang der Straße Am Bruch und Leverner Straße bis nach Hedem gefegt.

Einer von zahlreichen Hausbesitzern, die das Wetterereignis erlebt haben und deren Anwesen massive Schäden davongetragen haben, ist Burkhard Lohmeier in Lashorst. „Alle Dächer sind rundum von allen Seiten beschädigt“, sagt er. An mehreren Stellen habe es angefangen, durchzutropfen. „Zum Glück waren die Leute von der Dachdeckerei Dyck sehr auf Zack und schon kurz nach dem Sturm bei uns auf dem Dach, um die wichtigsten Löcher dicht zu machen“, erzählt Burkhard Lohmeier.

45-Sekunden-Drama

Besonders ärgerlich sei, dass selbst unter einer Photovoltaikanlage auf dem Scheunendach Pfannen losgerissen wurden. Da müssen wir die ganze Anlage abbauen lassen, sagt der Lashorster. Die Pfannen auf einer Remise seien zwar noch darauf, aber regelrecht durcheinandergewürfelt, erzählt er weiter.  Dass der Wind wirbelartig über seinen Anwesen gezogen ist, konnte er von einer Aufnahme der Überwachungskamera auf dem Hof erkennen: Die Aufzeichnung brach, als die Wände des Carports wegflogen. Die sind 500 bis 600 Meter weit durch die Luft geflogen.

Drei große Eichen auf dem Grundstück des Lashorsters Burkhard Lohmeier sind von dem möglichen Tornado umgeworfen worden. „Die standen da schon bestimmt 100 Jahre“, sagt Lohmeier. Foto: Eva Rahe

Eine traurige Folge des wahrscheinlichen Tornados: Drei große Eichen auf dem Anwesen sind schwer umgeworfen worden. „Das sind richtig fette Dinger. Die standen da bestimmt schon 100 Jahre.“  Wie schmal gleichzeitig die vom Sturm betroffene Schneise war, macht Lohmeier ebenfalls deutlich: „Unser Fahrradgeschäft ist nur etwa 350 Meter entfernt. Da ist praktisch nicht passiert, außer ein paar umgefallenen Gartenstühlen.“ Außerdem belegt, was Burkhard Lohmeier sagt, wie kurz das Ereignis war: „Das ganze Theater war nach gut 45 Sekunden vorbei.“

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