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Firma Neise wurde vor 90 Jahren in Rahden gegründet – Firmensitz an Weher Straße selbst gebaut

Mit Zentrifugen fing alles an

Rahden

Wilhelm Neise – Dieser Name prangte ursprünglich am Verkaufshaus an der Weher Straße. Das Gebäude steht immer noch, mehrfach umgebaut und erweitert.

Michael Nichau

Ein Bild aus früheren Zeiten vom Wohn- und Geschäftshaus, schon mit Schaufenster. Rechts entstand ein Raum für den Ofenverkauf.

Und auch Neise steht noch auf der Fassade. Von der Schraube über Werkzeug, Fahrräder, Gartenmöbel bis zum Großgerät reicht die heutige Warenpalette.

Vor genau 90 Jahren rief Wilhelm Neise, Vater des heutigen Immobilien-Besitzers Helmut Neise, das Geschäft ins Leben. An Werkzeug hatte der damals 21 Jahre junge Unternehmer nie gedacht: Milchzentrifugen für die Landwirtschaft waren seine Geschäftsidee.

Wilhelm Neise hatte beim damaligen Kolonialwarenhändler August Dreyer gelernt, ging danach nach Berlin und Gießen, kehrte aber in der Wirtschaftskrise kurz vor dem Zweiten Weltkrieg in seine Heimat Rahden zurück.

Er machte sich mit der Vertretung für Milchzentrifugen selbstständig, lieferte per Fahrrad mit Anhänger von Hof zu Hof aus. Der junge Wilhelm Neise baute das erste Haus mit einer kleinen Ausstellung auf der Deele am Nordweg 16. Es kam ein Verkaufsanhänger dazu. Später wurden auch Kochkessel, Öfen und Fahrräder zu den Kunden geliefert.

Die Räume wurden zu klein und so entschloss sich der Firmengründer, an der Weher Straße neben Wilhelm Wlecke (Sägewerk, Tischlerei) einen Laden mit Wohnung und Werkstatt zu bauen. In dieser Zeit wurde auch das erste Auto, ein „DKW Reichsklasse“, mit Anhänger angeschafft.

Helmut Neise übernimmt das Geschäft

1938 stand die Heirat an: Anna Horstmann wurde die Frau von Wilhelm Neise. 1939 kam Helmut Neise – heute 81 Jahre alt – zur Welt. Er zeichnete die Geschichte des Vaters auf.

Der Senior Neise musste in den Krieg ziehen, landete an der Ostfront und letztlich in russischer Kriegsgefangenschaft, aus der er erst 1949 zurückkehrte. Zunächst führte Anna Neise die Geschäfte. Das Gebäude und die Waren wurden allerdings von den Nazis beschlagnahmt. Nach dem Krieg zog die britische Standortkommandantur in das Gebäude ein.

„Meine Mutter hatte das Zepter in die Hand genommen“, erinnert sich Helmut Neise. In der Nachkriegszeit fuhr man mit Rucksack per Dampfzug nach Bielefeld, tauschte dort Hausrat gegen Speck und Lebensmittel. Helmut Neise absolvierte seine Lehrzeit in Lübbecke und Bremen.

Ausstellungsraum gebaut

Vor der Werkstatt wurde dann ein Ausstellungsraum für Öfen und Ölöfen gebaut. Propangas und Heizölverkauf mit eigenem Auto wurden etabliert. „Mit ebenfalls 21 Jahren habe ich dann das Geschäft übernehmen müssen“, erzählt Helmut Neise.

Angeschafft wurde ein DKW Kleinbus, mit dem wochentags ausgeliefert wurde. Sonntags wurden die Sitze eingebaut und man absolvierte Ausflugsfahrten mit der Familie. „das war damals eine Alternative zum VW-Bulli, denn die Ladefläche war gerade“, erläutert Helmut Neise. Seine Frau Ulla heiratete er 1964.

Weiterer Erwerb von Flächen

Nach dem Tod des Vaters erwarb Helmut Neise die Gelände vom „Kleinen Wlecke“ und Meyer. „Geplant waren 1500 Quadratmeter Verkaufsfläche. Mit einem Plan ging ich zu den Banken, und hatte mich auf einen Handel einzulassen: 50 Prozent der Fläche mussten vermietet werden, so die Abmachung, die erklärt, warum heute noch Teilflächen des Geländes vermietet sind.“

Der Markt „Groma“ (Vorläufer des Euro-Fuchs) war nur einer der Mieter. „Fünf Jahre war der Aldi da drin, zog dann in den Deerberg Neubau.“

Sägewerk, Spänebunker und ähnliches mussten für die Ladenflächen weichen. Die Fahrradhalle entstand neu. Neises Frau Ulla stieg als Sekretärin mit ins Geschäft ein, betrieb selbstständig im heutigen Gebäude Hauke das „Kinderparadies“ (Spielwaren), während Helmut Neise sich den Kunden im Außendienst widmete. 1979 übernahm er die Vertretung für französische Öfen. Die Auslieferung erfolgte mit einem extra angeschafften Lastwagen.

Ruhestand ab 2004

2004 entschied sich Helmut Neise für den Ruhestand. Seine Nachfolger, die den Betrieb weiterführen, hätten jetzt vor, auszuziehen und an der Mindener Straße neu zu bauen, sagt Neise. Ihm droht jetzt der Leerstand der Immobilien an der Weher Straße: „Ich weiß noch nicht, was ich machen soll...“ Damit geht wohl die 90-jährige Neise-Geschichte zu Ende.

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