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Delegation aus China schlüpft in Vorreiterrolle

Gesamtschule Bad Lippspringe stellt Weltklimakonferenz nach

Bad Lippspringe

Die Messlatte an Erwartungen ist hoch gelegt: 100 Jugendliche der Gesamtschule Bad Lippspringe haben sich zur Simulation einer Weltklimakonferenz im örtlichen Kongresshaus getroffen. Wenn nicht schnell Entscheidendes passiert, das wissen die Teilnehmer, werden sie und ihre Generation die Folgen des weltweiten Klimawandels mit voller Wucht zu spüren bekommen.

Von Klaus Karenfeld

Noah Kostas von der chinesischen Delegation informierte die Bürgermeister Ulrich Lange und Marcus Püster sowie Bauamtsleiterin Tanja Berghahn-Macken über die Anliegen und Ziele der Weltklima-Konferenz im Bad Lippspringer Kongresshaus. Foto: Klaus Karenfeld

Im Pariser Klimaschutzabkommen haben sich 2015 bekanntlich 195 Staaten der Welt verpflichtet, die durchschnittliche Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau von 1850 zu begrenzen. Vor allem der CO2-Ausstoß muss deutlich verringert werden, darin ist sich die Mehrheit der Klima-Experten und der Politik einig.

Geschieht das nicht, dann werden die kommenden Generationen die drastischen Folgen zu spüren bekommen: Immer mehr Gletscher schmelzen, der Meeresspiegel steigt weiter, Dürre- und Hitzeperioden nehmen zu, Hochwasser, Stürme und Überschwemmungen richten in immer kürzer werdenden Abständen schwerste Verwüstungen an.

Diese An- und Einsichten waren den 100 Jugendlichen bewusst, als sie sich zum Projekttag im Kongresshaus trafen. Einen Tag lang schlüpften sie in die Rollen politischer Delegierter und simulierten die Verhandlungen und Entscheidungsprozesse einer UN-Klimakonferenz. Das Ziel: die Begrenzung der Erderwärmung auf durchschnittlich 1,5 Grad Celsius bis zum Jahr 2100.

In einem ersten Schritt wurden die 100 Oberstufen-Schüler in fünf Gruppen eingeteilt. Von der einen zur anderen Minute „verwandelten“ sie sich in Delegierte aus Indien, USA, China, Europa oder wurden zu Repräsentanten anderer Industrie- beziehungsweise Entwicklungsländer. Die Moderation lag in den Händen von Max Menkenhagen. In der Rolle des UN-Generalsekretärs führte der 31-Jährige versiert und umsichtig durch den Projekttag in Bad Lippspringe, der vom Verein „die Multivision“ organisiert und von der Volksbank Schlangen finanziell nicht unwesentlich unterstützt worden war.

Dass die Folgen des Klimawandels schon heute unübersehbar sind, machte eine Auswahl von aussagekräftigen Satellitenbildern deutlich. Der westafrikanische Tschadsee zum Beispiel, einst so groß wie das Bundesland Bremen, ist heute nahezu ausgetrocknet. Der erhöhte Wasserbedarf der Landwirtschaft und nachweislich auch Klimaveränderungen haben die traurige Entwicklung verursacht.

Unter diesen ernüchternden Eindrücken startete die erste Verhandlungsrunde. Dabei ging es realitätsnah auch um die unterschiedlichen Ausgangspositionen und Erwartungen von Industrie- und Schwellenländern. Wenn die Nationen und Kontinente dem fortschreitenden Klimawandel nicht entschieden begegnen, so die Annahme von Klimaexperten, dürfte die Erderwärmung bis zum Jahr 2100 um durchschnittlich deutlich mehr als drei Grad Celsius ansteigen. In der Klimakonferenz in Bad Lippspringe wurde der Referenzwert auf 3,6 Grad festgelegt.

Zwei entscheidende Stellschrauben

Ein erster Erkenntnisgewinn nach Ende der ersten Verhandlungsrunde: Es gibt zwei entscheidende Stellschrauben, um die Erderwärmung auf unter zwei Grad Celsius zu drücken: Notwendig sind demzufolge frühestmögliche Maßnahmen gegen klimaschädliche Emissionen. Und das in deutlich größerem Umfang als bisher der Fall.

Eifrig wie engagiert diskutierte das Plenum über den Raubbau in den Wäldern weltweit und Möglichkeiten einer Wiederaufforstung. „Die Blicke sind auf Bad Lippspringe gerichtet“, spornte Menkenhagen die 100 Teilnehmer an.

Mit den Jugendlichen nahmen auch die Bürgermeister Marcus Püster und Ulrich Lange sowie weitere Besucher aus Verwaltung und Lokalpolitik an dem Projekttag teil. Foto: Klaus Karenfeld

Anders als auf der Weltbühne nahm die chinesische Delegation eine Vorreiterrolle ein. Sie kündigte an, spätestens im Jahr 2037 ihre Emissionen massiv zu reduzieren. Andere Länder und Kontinente sahen sich daraufhin veranlasst, diesem Beispiel zu folgen. Übrigens: Anders als in der Realität war die Zusammenarbeit der einzelnen Delegationen weniger vom Eigeninteresse als von gemeinsamen Zielen geprägt. Das lässt sich auch an einer Zahl festmachen. Im Kampf gegen die Folgen des weltweiten Klimawandels haben die reichen Länder laut Simulation einen Fonds mit jährlich 144 Milliarden Euro auf den Weg gebracht. Er soll vor allem den finanzschwachen Schwellenländern zugute kommen.

Am Ende der drei Verhandlungsrunden gelang es tatsächlich, die Klimaerwärmung deutlich zu begrenzen, und zwar auf 2,3 Grad Celsius. Menkenhagen sprach von einem guten Ergebnis, auch wenn die Marke von unter zwei Grad nicht ganz erreicht worden sei. „Das ist bei anderen Projekttagen insgesamt aber auch nur zwei Mal gelungen.“ Den Jugendlichen bescheinigte er, stets konstruktiv und an der Sache orientiert verhandelt zu haben.

Der 17-jährige Leon Schönlau aus Schlangen bestätigt das: „Das war ein interessanter und aufschlussreicher Projekttag.“ Er wie viele andere Schüler würden sich über eine Fortsetzung im kommenden Jahr freuen.

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