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Inklusionsunternehmen nimmt an LWL-Messe in Dortmund teil

Die Josefs-Brauerei in Bad Lippspringe – ein Start-up mit Tradition

Bad Lippspringe/Dortmund

Eine Mischung aus Zufall und Herzblut rettete die Josefs-Brauerei, die erste Inklusionsbrauerei Europas, im Jahr 2020 vor der Schließung. Nach dem Umzug nach Bad Lippspringe wird im Traditionsbetrieb gearbeitet wie in einem Start-up. Jetzt stellt sich die Brauerei auf der LWL-Messe in Dortmund vor.

Die Brauerei-Truppe rund um Gesellschafter Guido Hentze (rechts) posiert mit der neuen Dosenproduktion. Foto: LWL/Paul Metzdorf

Wenn es mal hektisch zugeht, zähle jedes Paar Hände. Nach der Neueröffnung der Josefs-Brauerei sei ein gesundes Maß Hektik, Teil der Normalität. „Eigentlich gibt es uns schon seit 22 Jahren, aber im Endeffekt sind wir wie ein Startup“, erklärt Victoria Schulte-Broer, die Inklusionsbeauftragte des Unternehmens, in einer Pressemitteilung des LWL. In der Brauerei arbeiten sieben der 13 Beschäftigten mit einer Schwerbehinderung. 

Schließung und und Neueröffnung in Bad Lippspringe

Im Jahr 2000 wurde die Josefs-Brauerei in Olsberg im Sauerland als einzige Inklusionsbrauerei Europas eröffnet. Nachdem das Unternehmen im Frühjahr 2020 coronabedingt schließen musste und finanzielle Schwierigkeiten anmeldete, stand die Zukunft des Betriebs auf der Kippe. Ralf Eckel, einer der sechs Gesellschafter und selbst Vater eines behinderten Sohnes, hörte durch Zufall von der möglichen Schließung und sah Handlungsbedarf. Zusammen mit fünf Freunden gründete er eine neue Besitzgesellschaft, um insbesondere die inklusiven Arbeitsplätze zu sichern.

Nach dem Umzug kam ein Großteil der Mitarbeiter aus Olsberg, Menschen mit Behinderung, die teilweise Jahre im Betrieb gearbeitet hatten, noch einmal zurück, um den Betrieb am Laufen zu halten. Allen wurde ein Übernahmeangebot gemacht, aber viele hatten schon andere Zukunftspläne geschmiedet. So kam schließlich nur ein Mitarbeiter, Dirk Witt, mit nach Bad Lippspringe, für alle anderen wurde aber eine Anschlussbeschäftigung gefunden.

Jeder Angestellte kann an jeder Station eingesetzt werden. Am beliebtesten sind aber die Endstationen: da ist das Tageswerk zu sehen. Foto: LWL/Paul Metzdorf

Dirk Witt hat den Umzug mitgemacht. Seit 2014 ist der 41-Jährige mit einer Lernbehinderung bereits im Unternehmen tätig. Die Arbeit macht ihm Spaß: „Sonst wäre ich ja schließlich nicht mit umgezogen.“ Dem von Victoria Schulte-Broer als „Arbeitstier“ gerühmten Dirk Witt werden in der Brauerei auch die schwierigeren Handgriffe in der Mühle oder Spezialaufgaben anvertraut. Die Arbeit bedeutet für Dirk Witt vor allem Selbstständigkeit: „Ich wollte unabhängig sein, das habe ich geschafft.“

Die Angestellten arbeiten in der Produktion, der Lagerhaltung und der Reinigung. Auch wenn jeder alles können muss und flexibel eingesetzt wird, gibt es hier einen klaren Favoriten unter den Arbeitsplätzen: die Kontrolle. Am Band zieht hier jede Flasche vorbei und wird inspiziert. Für diesen Berührungspunkt kriegt die Inklusionsbeauftragte das beste Feedback, denn „hier sehen die Kollegen, was sie geschafft haben“.

Bisher ist die Belegschaft noch ausschließlich männlich, aber Victoria Schulte-Broer hofft, dass auch bald ein paar Frauen hinzustoßen werden. Auch inklusiv ausbilden will sie in Zukunft, aber dafür muss zunächst alles laufen und ordentlich gewirtschaftet werden.

LWL unterstützt Inklusionsunternehmen

In Westfalen-Lippe gibt es zurzeit über 170 Inklusionsunternehmen oder -abteilungen in Firmen aus Industrie, Handel und Gewerbe, in denen knapp 2200 Menschen mit Behinderung arbeiten. Der LWL unterstützt diese Firmen mit Mitteln aus der Ausgleichsausgabe, die Unternehmen leisten müssen, die nicht mindestens fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besetzen. Die Inklusionsunternehmen bekommen Zuschüsse zu Investitionen, betrieblichem Mehraufwand, Betreuung und Lohnkosten. An der Finanzierung beteiligen sich auch die Bundesagentur für Arbeit, das Land Nordrhein-Westfalen über das Programm „Integration unternehmen!“ sowie die Stiftung Wohlfahrtspflege NRW und die Aktion Mensch. Hinzu kommen Mittel aus dem Förderprogramm „Inklusionsinitiative II - AlleImBetrieb“ des Bundes. Die Arbeitsplätze sind im Schnitt deutlich kostengünstiger als die Plätze in den Werkstätten für Menschen mit Behinderung.

Josefs-Brauerei stellt sich auf LWL-Messe vor

Am 15. März darf die Josefs-Brauerei ihre Arbeit in Dortmund vorstellen. Auf der LWL-Messe, die bereits zum fünften Mal stattfindet und in diesem Jahr das Motto „Inklusion entfaltet“ trägt, treffen sich rund 130 Aussteller. Die Messe bringt nicht nur Unternehmen, sondern auch Menschen mit und ohne Behinderung, Entscheider und Interessierte zusammen, heißt es in der Pressemitteilung des LWL.

Am neuen Standort kann das breite Getränkesortiment in größerem Umfang produziert werden – bis zu 20.000 Hektoliter pro Jahr sind möglich. Foto: LWL/Paul Metzdorf
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