Vier Angeklagte im „BoysTown“-Prozess um schwerste sexuelle Gewalt gegen Kinder
Missbrauchsplattform: Mann aus Büren vor Gericht
Frankfurt/Büren
Das Ausmaß schockiert auch erfahrene Ermittler: In Frankfurt hat der Prozess um die Online-Plattform „BoysTown“ begonnen, über die mehr als 400.000 Nutzer weltweit jahrelang Fotos und Videos von teilweise schwerster sexueller Gewalt an Kindern ausgetauscht haben. Vor Gericht steht auch ein Mann aus Büren.
Vor dem Landgericht müssen sich seit Mittwoch vier Männer verantworten, die die Plattform betrieben oder sich an deren Betrieb beteiligt haben sollen. Zwei von ihnen sollen zudem in mehr als 40 Fällen Kinder sexuell missbraucht haben.
Unter den vier Angeklagten ist ein 41-jähriger aus Büren (Kreis Paderborn). Er soll administrativ und moderierend auf der Plattform tätig gewesen sein, auch ihm wird schwerer Missbrauch zweier Kinder in 25 Fällen vorgeworfen (zwischen 2010 und 2013 sowie zwischen 2017 und 2019). Im Bürener Ortsteil Brenken war am 13. April 2021 ein Spezialeinsatzkommando in die Wohnung des Mannes eingedrungen und hatte ihn „am offenen Rechner“ erwischt, wie die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt es formulierte.
Die Plattform war nach Erkenntnissen der Ermittler zu diesem Zeitpunkt die weltweit größte dieser Art. Über eine Million Beiträge waren demnach seit der Gründung im Juni 2019 ausgetauscht worden. Es gab mehrere Unterkategorien sowie Tipps, um der Strafverfolgung zu entgehen.
Die vier Angeklagten verdecken ihre Gesichter mit Aktenordnern, als sie am Vormittag den Gerichtssaal betreten. Unter ihnen sind ein 49-Jähriger aus dem Landkreis Mühldorf am Inn in Bayern und ein 60-Jähriger aus Norddeutschland, der zuletzt in Paraguay lebte. Angeklagt ist zudem ein 66-Jähriger aus Hamburg., der als einer der aktivsten Nutzer mehr als 3600 Beiträge bei „BoysTown“ verfasst haben soll.
Online-Foren im Darknet
Unter den Inhalten, die die Angeklagten auch auf weiteren Plattformen verbreitet haben sollen, befinden sich laut Staatsanwaltschaft Aufnahmen schwersten sexuellen Missbrauchs von Kindern. Die Angeklagten sollen teilweise auch Fotos und Videos selbst hergestellt haben. Ihnen wird bandenmäßiges Vorgehen zur Last gelegt. Erreichbar waren die Online-Foren im Darknet, einem Bereich des Internets, der mit herkömmlichen Suchmaschinen nicht auffindbar ist.
Die vier Männer sitzen seit vergangenem Jahr in Untersuchungshaft. Gegen weitere Beteiligte an „BoysTown“ wird nach Angaben der Zentralstelle für Internetkriminalität (ZIT) noch ermittelt.
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