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Delbrück: Wird 48-Jähriger jetzt angeklagt?

Nach Leichenfund steht Pflegesohn unter Verdacht

Delbrück (WB). Vor vier Monaten war ein 84-jähriger Rentner tot in seinem Haus in Delbrück-Westenholz im Kreis Paderborn gefunden worden. Der Körper wurde zum Teil verbrannt vor dem Ofen entdeckt. Seit damals sitzt sein 48-jähriger Pflegesohn in Untersuchungshaft. Für diese Woche hat die Paderborner Staatsanwaltschaft eine Erklärung angekündigt. Angesichts der Umstände ist damit zu rechnen, dass Anklage gegen den Pflegesohn erhoben wird.

Ingo Schmitz

Idyllisch liegt das Anwesen des Rentners im Delbrücker Ortsteil Westenholz. Am 19. Oktober 2019 ist die Leiche des Mannes bei einem Brand in dem Gebäude entdeckt worden.

Seit den dramatischen Ereignissen am 19. Oktober 2019 haben sich Polizei und Staatsanwaltschaft in Schweigen gehüllt. War es ein Unfall, Totschlag oder Mord? Wer ist der mutmaßliche Täter? Gab es ein Motiv? Das WESTFALEN-BLATT ist in Westenholz auf Spurensuche gegangen.

Das rote Fachwerkhaus in dem 4000-Einwohner-Ort liegt liegt in der Nähe des Firmensitzes des bekannten Möbelherstellers Flötotto. Die großen alten Bäume vor dem Gebäude sorgen für Dorfidylle, vereinzelt sprießen auf der Wiese die Krokusse. Schnell fallen die von Innen mit Brettern zugenagelten Fenster auf, Jalousien hängen herunter. Das Glas an der Haustür ist gesplittert. Durch die Ritzen dringt auch Monate nach dem Feuer beißender Brandgeruch hindurch. Das Schloss der Haustür ist von der Kripo versiegelt worden.

„Liebenswerter Mensch“

Seit vier Monaten habe sich hier nichts getan, erzählt eine Nachbarin. Sie ist sehr traurig über den Tod des Rentners. „Er war ein liebenswerter Mensch. Er hätte noch einige schöne Jahre haben können“, sagt sie.

Die Dame beschreibt das 84-jährige Opfer als einen äußerst hilfsbereiten und gutgläubigen Menschen, der anderen gerne gegeben habe. Der Rentner und seine vor zwei Jahren verstorbene Frau hatten demnach keine leiblichen Kinder. Der heute 48-jährige mutmaßliche Täter sei in jungen Jahren als Pflegekind in die Familie gekommen. Mit 17 oder 18 Jahren habe er seine Ausbildung zum Metzger abgebrochen und sei verschwunden. „Er ließ sich mehrere Jahre nicht blicken“, heißt es.

Zuletzt habe er in Norddeutschland auf einem Campingplatz gelebt, wo ihn seine Pflegeeltern auch mal besucht haben sollen. Doch die Pflegemutter habe schließlich den Kontakt nicht mehr gewollt. Warum, blieb unklar. Als sie gestorben sei, sei der Mann plötzlich wieder aufgetaucht und bei dem Pflegevater eingezogen. Unüberhörbar habe es öfters Streit gegeben. „Wenn er Alkohol trank und Drogen nahm, war er unberechenbar“, berichtet die Nachbarin über den Pflegesohn. Sie selbst sei von ihm bedroht worden. „Das war zwar nur verbal, aber ich zitterte am ganzen Körper vor Angst. Ich habe die Polizei alarmiert“, erzählt die Frau. Der Pflegesohn habe die Nachbarin zudem bei dem Rentner schlecht gemacht.

Der 84-Jährige habe im Sommer 2019 sein Testament zugunsten des 48-Jährigen geändert. Offenbar war das Opfer nicht unvermögend, denn zum Erbe gehören mindestens das Haus in Westenholz und ein Bungalow.

Vom Carportdach gerettet

Der 48-Jährige, der nach wie vor in Untersuchungshaft sitzt, war am Tattag durch sein merkwürdiges Verhalten aufgefallen. Als Anwohner den Rauch sahen, der aus Fenstern und unter dem Dach hervorquoll, versuchten sie, die Bewohner zu warnen. Aber es gab keine Lebenszeichen. Daher informierten die Zeugen nach eigenen Angaben die Feuerwehr. Während die Einsatzkräfte anrückten, sei der Pflegesohn durch ein Fenster auf ein Carportdach geklettert. Von dort wurde er per Leiter gerettet. Danach sei er ins Krankenhaus gebracht und dann festgenommen worden. Nach dem Vorfall habe er sich zunächst nicht zum Tod des Pflegevaters geäußert, teilte die Polizei damals mit.

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