Hövelhofer Rat vertagt Entscheidung über Abriss der Gaststätte Zur alten Post
Es geht um die Ortsmitte
Hövelhof (WB). Die Entscheidung, ob die Gaststätte Zur alten Post (Möller) an der Allee abgerissen wird , um die Schlossachse freizulegen und den Schlossgarten zu vergrößern , ist am Donnerstag vertagt worden. Die CDU beantragte, das Thema an den neuen Rat, der sich am 5. November konstituiert, zu übergeben. Beschlossen hat der Rat nach Informationen dieser Zeitung im nicht öffentlichen Teil der Sitzung aber, das Gelände zu kaufen und somit vom Vorkaufsrecht der Gemeinde Gebrauch zu machen .
Wie berichtet hatte die Gemeindeverwaltung vorgeschlagen, das Gebäude samt Grundstück zu kaufen und die Gaststätte inklusive des Anbaus abzureißen. Ziel sollte sein, das Fürstbischöfliche Jagdschloss und den Schlossgarten vor allem von Süden aus, also aus Richtung Paderborner Straße, sichtbarer zu machen. Ursprünglich hatte das Grundstück ein Hövelhofer Unternehmer von den Erben der in diesem Jahr verstorbenen Gastwirtin Anneliese Möller erworben, der geplant hatte, das Gebäude zu sanieren sowie Wohnungen sowie möglicherweise wieder eine Gaststätte dort herzurichten. Die Verwaltung und die Planer Hubert und Anja Wewer plädierten für einen Komplettabriss.
Bürger sehen Komplettabriss kritisch
In der Ratssitzung wurde deutlich, dass sich bei allen Fraktionen im Vorfeld Bürger gemeldet hatten, die diese Planungen kritisch sehen. „Die Idee des Abrisses ist ein erster Aufschlag, der jetzt in Ruhe bewertet werden muss. Wir wollen das sacken lassen“, begründete CDU-Fraktionsvorsitzender Udo Neisens, warum seine Fraktion mit einem Antrag zur Geschäftsordnung das Thema vertagen ließ. Es handele sich bei der Gaststätte Zur alten Post um „einen sensiblen Ort“.
Benjamin Joachim von der FDP bat die Verwaltung bei diesem Thema um eine erneute Bürgerbeteiligung: „Das ist für den Hövelhofer Ortskern eine Entscheidung von überragender Tragweite.“ Jörg Schlüter (Grüne) verwies darauf, dass bei der Aufstellung des Ortskernkonzepts 2011 unter Beteiligung vieler Hövelhofer geplant gewesen sei, nur den Anbau der Gaststätte abzureißen, das Hauptgebäude aber zu sanieren. „Derzeit ist das Haus sicherlich kein optischer Höhepunkt, aber das kann es ja wieder werden.“
Veränderungssperre beschlossen
Einstimmig beschloss der Gemeinderat, die Entscheidung über die konkreten Planungen für das Areal zu vertagen. Beschlossen wurde hingegen eine Veränderungssperre. „Diese Sperre sorgt dafür, dass wir an dieser Stelle in Ruhe einen Bebauungsplan aufstellen können, der dem Willen der Bürger entspricht“, sagte Bürgermeister Michael Berens (CDU).
In der Ratssitzung am Donnerstagabend hatten die Planer Hubert Wewer (Architektur-Werk-Stadt, Paderborn) und seine Schwester Anja (Wewer Landschaftsarchitektur, Frankfurt) ihre Ideen für den Fall vorgestellt, dass die Gaststätte komplett abgerissen wird. Die Schlossachse sei von jeher axial auf die Paderborner Straße hin ausgerichtet, das könne man nach einem Abriss der Gaststätte so wieder nachzeichnen, sagte Hubert Wewer. Dieser Blick böte sich derzeit nämlich nur aus der Luft, aber weder vom Schlossgarten noch von der Paderborner Straße aus. „Der Schlossgarten braucht von der Allee und vom Henkenplatz aus eine Eingangsszenerie, und die derzeitige Bebauung rückt den Park komplett in den Hintergrund. Man sieht ihn nur von der Schloßstraße aus“, erklärte Wewer.
Wewer: „Letzter Baustein für den Schlossgarten fehlt noch“
Die Zielsetzung sei es daher, durch einen Abriss der Gaststätte „den Schlossgarten zu vervollständigen“. Derzeit fehle der letzte Baustein, der aber für das Gesamtkonzept der Parkanlage sehr wichtig sei: „Erst dann ist der Schlossgarten für alle wirklich präsent.“
Geplant hatten Hubert und Anja Wewer ein neues Entree an der Allee, die Pflanzung weiterer großer Bäume und eben die viel zitierte Vollendung der Schlossachse bis zur Straße hin. So ergäbe sich ein „ganz anderes Erscheinungsbild des Schlossgartens“, sagte Hubert Wewer, selbst gebürtiger Hövelhofer. Das Gaststättengebäude habe keinen Denkmalswert, er wisse aber auch, dass es vielen Hövelhofern dennoch wichtig sei.
Der neu gewählte Rat, der am 5. November erstmals zusammenkommt, soll sich mit dem Thema nun nochmals intensiv beschäftigen. Bürgermeister Michael Berens sagte zu, das auch mit den Bürgern zu diskutieren.
Kommentar von Meike Oblau
Es war die klügste Entscheidung, die der Gemeinderat zur Zukunft des Möller-Areals und des Schlossgartens treffen konnte: sich Zeit nehmen. Nicht im Hauruck-Verfahren beschließen, den Gebäudekomplex unwiederbringlich abzureißen. Und vor allem: Nochmal mit den Bürgern ins Gespräch kommen.
Natürlich gehen Planer und Architekten vor allem erstmal von der Optik aus. Aus ihrer Sicht ist es völlig verständlich, dass sie Sichtbeziehungen und Symmetrien wieder herstellen wollen. Man darf dabei aber auch Herz und Emotionen nicht vergessen. Viele Hövelhofer verbinden etwas mit dem Gasthaus, für sie gehört der rund 130 Jahre alte Bau eben auch zu Hövelhof dazu. Deshalb kann man nur all jenen Hövelhofern danken, die sich in den vergangenen Wochen, seitdem die Abriss-Idee der Verwaltung bekannt war, Gedanken gemacht und Politiker aller Fraktionen angesprochen haben.
Als das Ortskernkonzept 2011 aufgestellt wurde, gab es Bürgerworkshops. Hier haben die Hövelhofer den Henkenplatz, auf dem inzwischen die Bronze-Schnucken stehen, als „ihren“ Ortsmittelpunkt benannt. Und der wird vom Gasthaus Zur alten Post flankiert – das übrigens genau nach jenem Ortskernkonzept, das mit den Bürgern erarbeitet wurde, eben nicht abgerissen, sondern saniert und öffentlich genutzt werden sollte. Im Ortskernkonzept ist nur von einem Abriss des Anbaus die Rede. Das würde reichen, um die Schlossachse freizulegen – wenn auch nicht aus großer Entfernung, aber zumindest von der Allee und vom Henkenplatz aus.
In den kommenden Wochen sollte es nun darauf ankommen, was die Bürger wollen – realistisch, umsetzbar und bezahlbar muss es natürlich sein. Aber mal ehrlich: Würde die Planung der Verwaltung so realisiert wie im Rat vorgestellt, kostet es insgesamt fast eine Million Euro (Grundstückskauf, Kneipen-Abriss und Herrichtung der geplanten neuen Grünfläche), um platt gesagt am Ende ein Stückchen Schlossgarten mehr zu haben: Rasen, Bäume und Hecken. Ganz schön viel Geld.
Zudem stellt sich nicht nur die Frage, was ein Komplettabriss „bei Möller“ optisch bedeutet. Was bedeutet er denn akustisch? Entfernt man das gesamte Gebäude, liegt der Schlossgarten komplett offen zur viel befahrenen Hauptkreuzung. Bliebe das Hauptgebäude stehen, böte es vermutlich weiterhin eine gewisse Abschirmung vor allzu viel Verkehrslärm.
Es gibt tolle Vorschläge, was alles möglich wäre: Café, Bürgerbüro, Sennekult-Geschäftsstelle, VHS-Kursräume. Das alles sollte man jetzt anfangen zu sammeln. Das geht in Corona-Zeiten übrigens auch wunderbar online, der Nachbar aus Delbrück hat es beim neuen Innenstadtkonzept vorgemacht. Auf geht’s, Hövelhof, es geht um Eure Ortsmitte – und um die besten Ideen!
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