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Mann wollte Mercedes erpressen – Landgericht Paderborn erkennt auf versuchten Mord

Achteinhalb Jahre Gefängnis für Betonplatten-Werfer

Paderborn

Er wollte Schulden beim Finanzamt begleichen. Und kam auf die Idee, das Geld dafür bei Mercedes aufzutreiben – mit Erpressung. Das Landgericht Paderborn hat am Montag einen Mann (21) aus Geseke u.a. wegen versuchten Mordes zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt.

Ulrich Pfaff

Eine 25 Jahre alte Frau saß am Steuer, als die Betonplatte auf der Beifahrerseite einschlug. Foto: Polizei

Er hatte Steinplatten auf fahrende Autos geworfen, um Geld zu erpressen. Wie durch ein Wunder wurde niemand körperlich verletzt.

„Man kann nicht einfach auf einen glimpflichen Ausgang ohne Tote vertrauen“, sagte die Vorsitzende Richterin Dr. Tabea Rustemeyer. Der Angeklagte habe, als er eine Steinplatte von einer Brücke auf die A44 geworfen habe, den Tod eines Menschen in Kauf genommen. In einer Nacht im April hatte das 14 Kilogramm schwere Betonteil einen Mercedes Sprinter auf der Beifahrerseite in die Windschutzscheibe getroffen – wo zum Glück niemand saß.

Mit der Tat hatte eine Serie von drei Taten begonnen, mit denen der 21-Jährige die Daimler AG um 250.000 Euro erpressen wollte. Der Konzern zahlte nicht, trotz zahlreicher Droh-Emails. So hieß es in einer an die Polizei in Dortmund: „Schon wieder kein Personenschaden. Sie und Daimler sind aber auch Glückspilze.“ In der Nacht zuvor war es in der Nähe von Salzkotten zur zweiten Tat gekommen, bei der aber kein Fahrzeug beschädigt wurde. Als Anfang Mai die Daimler AG noch immer nicht auf die Forderungen des 21-Jährigen eingegangen war, forderte er eine „Anzahlung“ von 50.000 Euro, und erhöhte die Erpresser-Summe auf 25 Millionen. Er schrieb: „Sonst wird jede Woche ein Mercedes-Fahrer erschossen.“ Das war zwar eine leere Drohung, aber die Steine auf der Fahrbahn waren es nicht: Beim letzten Vorfall auf der A33 bei Hövelhof wurden am 5. Mai ein Pkw und ein Lkw beim Überfahren eines Gesteinsbrockens beschädigt.

Das Gericht hielt dem 21-Jährigen sein umfassendes Geständnis zugute. Demnach hatte er aus einer Selbstständigkeit Steuerschulden von etwa 20.000 Euro angehäuft – und hatte geglaubt, sich nur durch eine Erpressung eine solche Summe beschaffen zu können. Seine Eltern hatte er nicht nach Geld fragen wollen und deshalb in den Monaten vor den Taten ein Doppelleben geführt: Er ging täglich zur Arbeit – den Job gab es nicht, der Arbeitsvertrag, den er seinen Eltern gezeigt hatte, war gefälscht. Ein psychiatrischer Gutachter befand den Mann für voll schuldfähig. Dass es sich um eine besonders schwere räuberische Erpressung und versuchten Mord gehandelt hatte, war für das Gericht zweifelsfrei. Dass der Mann Wurfgeschwindigkeit und Flugbahn der Platte „im Griff“ gehabt habe und sicher gewesen sei, er die Karosserie, ohne jemanden zu verletzen, hielt das Gericht für eine Schutzbehauptung. „Sie konnten den Einschlagspunkt nicht Kontrollieren“, sagte die Richterin.

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