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Erster Automat in Paderborn – Schulleiter: „Wir sind die ersten im Stadtgebiet“

Kostenlose Menstruationsartikel am Helene-Weber-Berufskolleg

Paderborn

Den unangenehmen Weg zum Büro können sich die Schülerinnen des Helene-Weber-Berufskollegs jetzt sparen. Seit zwei Wochen hängt in der Damentoilette ein Automat mit Menstruationsartikeln. „Wir sind die ersten im Stadtgebiet“, sagt Schulleiter Andreas Czorny. Eine gute Idee beginnt sich durchzusetzen, denn wie berichtet unternimmt die Stadtverwaltung einen Pilotversuch an zwei Schulen.

Von Dietmar Kemper

Gülberi Ay schaut im Automaten nach, wie viel noch da ist. Kostenlose Menstruationsartikel sollten selbstverständlich sein, findet sie. Foto: Dietmar Kemper

„Viele trauen sich nicht, nach Menstruationsartikeln zu fragen“, weiß Gülberi Ay. Im Büro habe zwar ein Vorrat bereitgestanden, aber das sei keine optimale Lösung gewesen. Die 32-Jährige, die am Helene-Weber-Berufskolleg eine dreijährige Ausbildung zur Erzieherin macht und der Schülervertretung (SV) angehört, kam auf die Idee mit dem Automaten und stieß bei den Mitschülerinnen auf offene Ohren. „Besser spät als nie“ habe der Tenor gelautet, erzählt Gülberi Ay.

Dass eine solche Anschaffung Sinn ergibt, macht schon die Tatsache deutlich, dass etwa 75 Prozent der 1400 Köpfe zählenden Schülerschaft weiblich ist. Der Automat enthält Packungen mit Tampons und Binden. Eine Binde kostet 50 Cent, für einen Euro gibt es drei Tampons. Letztlich ist das Ganze aber für die Frauen kostenlos. „Wer die Verpackung zurückbringt, dem geben wir das Geld zurück“, beschreibt Gülberi Ay das Modell. Mit ihren Mitstreiterinnen in der SV kümmert sie sich auch darum und sorgt dafür, dass der Automat immer bestückt ist.

Das Helene-Weber-Berufskolleg arbeitet aber bereits an einer noch einfacheren Lösung. „Wir werden tausende Chips mit dem Namen unserer Schule drucken lassen und dann an unsere Schülerinnen verteilen“, kündigt Andreas Czorny am Montag an. Jede Schülerin solle kostenlos zwei Chips bekommen, die das Münzgeld ersetzen. Im Mai soll die neue „Währung“ nach Angaben des Schulleiters erstmals eingesetzt werden. Er lobt das Engagement der Lehrerin Sandra Strothmann, die sich intensiv mit dem Thema Menstruationsartikel in Schulen befasst hat.

Dass kostenlose Produkte aus Automaten eine echte Erleichterung sind, macht Gülberi Ay, selbst Mutter dreier Mädchen, klar: „Wir sind hier an einer Berufsschule, die Schülerinnen haben ohnehin wenig Geld, manche bekommen kein Bafög oder müssen lange warten, bis der Antrag bewilligt ist.“ Sie selbst bekommt in ihrer dreijährigen Erzieherausbildung zwei Jahre lang kein Gehalt. Menstruationsartikel stellen aber einen Kostenfaktor dar. Bis zu 500 Euro im Jahr gibt eine Frau dafür aus.

Pilotversuch an Schulen beginnt im Mai

Im Mai beginnt die Paderborner Stadtverwaltung mit einem Pilotversuch für kostenlose Menstruationsartikel an Schulen. In der Gesamtschule Elsen werden Spender aufgestellt, im Gymnasium Theodorianum Boxen. „Der Pilotversuch wird vermutlich ein Jahr lang laufen, und wir werden evaluieren, wie das Nutzungsverhalten ist“, sagt die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt und Vorsitzende des Gleichstellungsausschusses, Dagmar Drüke. Mit der Boxen-Lösung im Gymnasium Theodorianum möchte die Stadt an den Solidaritätsgedanken der Schülerinnen appellieren. Sie sollen nicht nur Menstruationsartikel entnehmen, sonder auch selbst welche hineinlegen. Das Pilotprojekt samt Informationskampagne wird etwa 10.000 Euro kosten.

Der Stadtjugendrat hatte, wie am 5. März berichtet, im Vorfeld betont, Tampons und Binden für den Notfall in Schulsekretariaten aufzubewahren, reiche nicht aus und sei nicht schnell und flexibel genug.

Ein einjähriges Pilotprojekt läuft auch in Paderborns Nachbarstadt Salzkotten. Dort beschlossen die Mitglieder des Rates Mitte September 2021, die kostenlose Ausgabe von Tampons und Binden an der Gesamtschule, im Freibad und im Jugendzentrum zu organisieren. Allerdings einigten sich die Politiker darauf, dass zunächst noch keine Automaten aufgestellt werden sollen.

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