Spaziergänger entdeckt in Paderborn Fraßschäden an einem Baum
Biber am Tallesee aufgetaucht
Paderborn
Die Biber kehren nach Paderborn zurück. Nachdem im Mai 2015 in Sande eines der bis zu 1,20 Meter langen Nagetiere nachgewiesen worden war, ist jetzt mindestens ein Artgenosse in Schloß Neuhaus aufgetaucht.
Siegfried Knof aus Mastbruch entdeckte zuletzt bei einem Sonntagsspaziergang am Tallesee einen gefällten Baum und vermutete sofort, dass die Fraßschäden von einem Biber stammen. „Vorher hatte mir mein Sohn, der im Anglerverein ist, einen Handyfilm mit einem großen Tier gezeigt, das durch den See schwimmt“, erzählt der 58-Jährige. Mit seiner Vermutung behielt Knof recht.
Nachdem sich Dirk Tornede vom Nabu Paderborn Knofs Fotos angeschaut hatte, sagte der Experte dieser Zeitung: „Das war eindeutig ein Biber. Wenn er nun auch noch die Sennebäche auf dem Truppenübungsplatz entdeckt und dort Dämme anlegt, wäre das optimal für die Förderung der Artenvielfalt. Und es gäbe dann natürliche Stauseen in der Senne – die künstlichen sind ja alle beseitigt worden.“
Biber breiten sich entlang der Lippe flussaufwärts aus, erläutert Dirk Tornede. Der Nabu begrüße das, die Landwirtschaft sähe es eher kritisch, weil Böschungen und Wege ausgehöhlt werden könnten. Biber galten in der Region als ausgestorben, inzwischen sind die bis zu 32 Kilogramm schweren Exemplare nach dem Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt. „Hinweise auf Biber an der Lippe in unserer Region gab es aufgrund von eindeutigen Biberspuren schon länger, seit 2015 ist seine Existenz dann auch durch Foto-Fallen bewiesen worden. Für mich ist aber jeder Nachweis eine Überraschung“, sagt der Leiter des Naturkundemuseums in Schloß Neuhaus, Sven Mecke.
Biber bevorzugen nach seinen Angaben Flüsse und Seen mit dichten Auwäldern, besonders Weichholzauen mit Weiden, Pappeln, Eschen und Ulmen. Mecke: „Sie dringen durchaus auch in Stadtgebiete vor, wenn das „Umfeld“ stimmt, das heißt naturnah ist. In Augsburg ist das zum Beispiel auch der Fall.“ Der Experte geht von mehreren Tieren im und am See in Mastbruch aus: „Biber leben territorial in Kolonien aus einem Paar und dessen Nachkommenschaft. Es ist also davon auszugehen, dass mehr als nur ein einzelnes Tier den Tallesee und sein Umfeld bewohnt.“
Die rücksichtslose Verfolgung der Biber führte nach der Mitte des 19. Jahrhunderts zur Ausrottung der Art im heutigen NRW, erzählt Sven Mecke: „Das Fleisch der Jagdbeute war als Fastenspeise begehrt. Vor allem aber war es das Fell und noch mehr das in der Volksmedizin begehrte Bibergeil, ein Drüsensekret, für das hohe Summen gezahlt wurden.“ Die Rückkehr der Biber entlang der Lippe führt Mecke auf erfolgreiche Naturschutzmaßnahmen wie den Rückbau von Flussbegradigungen, das Einbringen von Sand und die Bildung von Auenlandschaften zurück. Dadurch sinke die Fließgeschwindigkeit und die Lippe werde flacher, was für den Biber einen attraktiven Lebensraum ergebe.
Mecke: „Alle Aktivitäten des Bibers, zum Beispiel das Anstauen von Bereichen, führen zu einer größeren Strukturvielfalt und zu einer höheren Dynamik sowohl im als auch am Gewässer. Davon profitiert eine Vielzahl von Pflanzen- und Tierarten, das heißt der Biber selbst kann die Artenvielfalt auch erhöhen.“ Seine Rückkehr verlaufe nicht problemlos und könne sogar für den Naturschutz eine Herausforderung sein: „Zuweilen überschwemmt er beim Dammbau Flächen, die als Trockenlebensräume geschützt sind.“
Anfang 2015 ließ sich ein Biber an der Lippeseeumflut in Sande blicken. Bei ihm handelte es sich vermutlich um einen Nachfahren von Artgenossen aus dem Raum Wesel. 14 Tiere waren dort 2002 ausgewildert worden. Was sollten Menschen tun, die einem Biber begegnen? „Biber sind normalerweise nicht aggressiv, aber territorial. Zusammen baden sollte man deshalb nicht unbedingt mit diesem Nager, der über äußerst scharfe Zähne verfügt. Auch Bibern mit Nachwuchs geht man, ähnlich wie Wildschweinen und den meisten anderen Wildtieren, besser aus dem Weg“, rät Sven Mecke.
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