Kommentar zur Situation des Einzelhandels im Kreis Paderborn
Das Vertrauen ist erschüttert
Paderborn
„Wir sind Innenstadt“, sagt die Werbegemeinschaft Paderborn selbstbewusst. Doch wie lange noch? Aus den bisherigen Sorgen- sind seit dieser Woche bei vielen Einzelhändlern in Paderborn und darüber hinaus tiefe Zornesfalten geworden. Die Verlängerung des Lockdowns wird als tödliche Gefahr gesehen.
Wie groß der Frust der Unternehmer ist, wurde bei einer Videokonferenz mit dem CDU-Landtagsabgeordneten Daniel Sieveke deutlich. In seiner Rolle als Vertreter der Landesregierung hier vor Ort war Sieveke wahrlich nicht zu beneiden. Er machte keinen Hehl daraus, dass er die Verärgerung verstehe und er daher alles daran setzen werde, um sich für Anpassungen zugunsten den Handels im Rahmen der Coronaschutzverordnung stark zu machen. Er musste allerdings einräumen, dass die Möglichkeiten begrenzt sind.
Uwe Seibel, Vorsitzender der Werbegemeinschaft, brachte in der virtuellen Gesprächsrunde das auf den Punkt, was für die meisten Händler, Soloselbstständigen, Schausteller, Gastronomen und Firmen der Veranstaltungsbranche in der Region seit dieser Woche besonders auf den Nägeln brennt: Sie erwarten von der Politik zurecht eine Perspektive, eine verlässliche Öffnungsstrategie, und keine weiteren Durchhalteparolen. Sie wollen endlich die versprochenen Hilfen, die bei manchen immer noch nicht angekommen oder nur schwer zu beantragen sind.
Franz Klingenthal (Textilhaus) drückte es so aus: „Wir Händler erbringen mit der Schließung unserer Läden ein Sonderopfer für die Pandemiebekämpfung. In der Öffentlichkeit werden wir aber durch das verlängerte Öffnungsverbot als Pandemietreiber dargestellt.“ In der Tat: Die Situation ist – auch wegen zahlreicher Ungerechtigkeiten durch Sonderregelungen – geradezu paradox. Die Folgen sind aber bitter: Die Abhängigkeit des neuen Inzidenzwertes als Kriterium für weitere Lockerungen kostet die Inhaber nicht nur jeden Tag viel, viel Geld und gefährdet zahlreiche Arbeitsplätze. Zudem zahlt man den hohen Preis, dass das Vertrauen in die Politik enorm leidet.
Bei aller Schelte darf man allerdings nicht vergessen, dass sich die Politik in dieser Pandemie mit einer großen Bandbreite an Forderungen konfrontiert sieht. Die einen wollen aufgrund der gestiegenen Infektionsgefahren durch die Coronamutationen auf keinen Fall, dass es vorzeitige Lockerungen gibt. Anderen Teilen der Bevölkerung geht das Ganze hingegen nicht schnell genug.
Keine Frage: Die Politik wird es sich nicht noch einmal erlauben können, am entscheidenden Inzidenzwert zu schrauben. Stattdessen sollten jetzt nachvollziehbare Regelungen vereinbart werden. Alle dürfen dabei erwarten, dass die Erfahrungen aus dem ersten Lockdown berücksichtigt werden und man aus den Fehlern der Vergangenheit lernt.
Es wird darauf ankommen, die Rahmenbedingungen für den Handel vor Ort zu optimieren. Ein Erlass von Parkgebühren oder die Erweiterung von Flächen für die Außengastronomie kann nur ein Anfang sein.
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