Erzbistum Paderborn steht zu seiner Entscheidung: „Eine außergewöhnliche Situation, die Zusammenhalt, Rücksicht und Respekt erfordert“
Debatte um öffentliche Weihnachtsgottesdienste geht weiter
Paderborn (KNA/WB...
Die Debatte über öffentliche Weihnachtsgottesdienste hat sich auch am Dienstag fortgesetzt. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) stellte dabei klar, dass öffentliche Weihnachtsgottesdienste in NRW unter strengen Corona-Auflagen weiterhin grundsätzlich möglich seien. Das Erzbistum Paderborn teilte mit, dass es zu seiner Entscheidung stehe, Gottesdienstfeiern zu Weihnachten generell zu ermöglichen, und verwies unter anderem auf die Erfahrung der vergangenen Monate und das unterschiedliche Infektionsgeschehen.
„Es bleibt dabei, dass die Landesregierung, wie das auch in anderen Ländern passiert, keine Gottesdienste untersagen wird“, sagte der Katholik Laschet. Er sprach von einer großen Verantwortungsbereitschaft. Der Ministerpräsident ergänzte, er persönlich werde am 24. Dezember nun doch keine Christmette besuchen.
Zuvor hatte der stellvertretende NRW-Ministerpräsident Joachim Stamp (FDP) die Kirchen aufgerufen, Präsenzgottesdienste über Weihnachten abzusagen. „Ist es nicht gerade die Verantwortung von Christen, alles dafür zu tun, vermeidbares Sterben zu verhindern?“, schrieb Stamp auf Facebook. Den Absprachen zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Ministerpräsidenten der Länder gemäß müssen Gottesdienstbesucher Abstand halten, Maske tragen und sich anmelden. Zudem ist Gemeindegesang untersagt.
In Abstimmung mit Erzbischof Hans-Josef Becker hat Generalvikar Alfons Hardt am Dienstag für das Erzbistum Paderborn Stellung zur Entscheidung, Weihnachtsgottesdienstfeiern in Präsenz unter verschärften Corona-Auflagen zu ermöglichen, Stellung genommen (der Wortlaut findet sich am Ende dieses Textes) „Weihnachtsgottesdienste sind in dieser Krisenzeit ein wichtiges Zeichen des Trostes und der Geborgenheit“, schreibt Hardt. Zugleich respektiere das Erzbistum unterschiedliche Perspektiven und bittet um eine Versachlichung der Diskussion. Bereits am Montag hatte ein Sprecher des Erzbistums Paderborn gegenüber dem WESTFALEN-BLATT bekräftigt, grundsätzlich an Präsenzgottesdiensten festzuhalten: „Wir wollen Gottesdienste ermöglichen, nicht verhindern.“ Generalvikar Hardt verwies zudem darauf, dass das Infektionsgeschehen je nach Region sehr unterschiedlich sei. Im Flächenbistum Paderborn gebe es Gegenden mit niedrigeren Fallzahlen, in denen viele Menschen große Kreativität entfaltet hätten, um Präsenz-Gottesdienste regelkonform stattfinden zu lassen.
Im Kreis Paderborn hatte am Montag als erstes der Pastoralverbund Salzkotten mitgeteilt, keine öffentlichen Gottesdienste zu feiern. Am Dienstag entschloss sich der Pfarrgemeinderat Kirchborchen dazu, die geplanten Freiluft-Wortgottesdienste und das Krippenspiel am Heiligen Abend in Kirchborchen nicht durchzuführen. Vom 24. Dezember an findet sich ein aufgezeichneter Wortgottesdienst zum Heiligen Abend auf der Internetseite des Pastoralverbundes Borchen.
Die katholische und die evangelische Kirche in NRW haben eine unterschiedliche Haltung zu öffentlichen Weihnachtsgottesdiensten. Unter den katholischen Bischöfen hat allein Essens Oberhirte Franz-Josef Overbeck seinen Pfarreien explizit freigestellt, auf Präsenzgottesdienste zu verzichten. Nach Medieninformationen haben bereits mehr als die Hälfte der 42 Pfarreien ihre Feiern abgesagt. Neben Paderborn wollen auch die übrigen Bistümer und Erzbistümer – Köln, Aachen und Münster – an öffentlichen Gottesdiensten festhalten.
Auch die Evangelische Kirche im Rheinland (EKiR) lässt die Gemeinden selbst über Weihnachtsgottesdienste entschieden. 80 bis 90 Prozent der Feiern seien dort bereits abgesagt, erklärte ein Sprecher. In Westfalen und Lippe haben die evangelischen Kirchen ihren Gemeinden ausdrücklich empfohlen, auf öffentliche Gottesdienste bis zum 10. Januar zu verzichten.
Das katholische Bistum Speyer teilte unterdessen mit, man wolle „mit äußerster Vorsicht“ Weihnachtsgottesdienste feiern. Generalvikar Andreas Sturm empfahl den Pfarreien, sich bei hohen Inzidenzwerten mit den Behörden abzustimmen. Zwischen 27. Dezember und 10. Januar verzichtet das Bistum auf öffentliche Gottesdienste. Die katholischen Innenstadtkirchen in Erfurt stellen aufgrund der Pandemie ab sofort sämtliche öffentlichen Präsenz-Gottesdienste bis zum 10. Januar ein. Eine Ausnahme bildet nur der Domberg: An Heiligabend finden Christmetten im Dom und in Sankt Severi statt, ebenso das „Nächtliche Weihnachtslob“ im Dom.
Caritas-Präsident Peter Neher kritisierte Last-Minute-Forderungen nach pauschalen Absagen von Weihnachtsgottesdiensten. „Jetzt noch bis kurz vor Heiligabend die Debatte zu schüren, wonach Gottesdienste unsicher seien, das ist einfach unredlich“, sagte Neher der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Freiburg. Ihm gehe es keineswegs um ein Sonderrecht der Kirchen, sondern darum, „dass Menschen gerade in dieser schwierigen Zeit in den Gottesdiensten Trost und Kraft finden“. Eucharistiefeiern und Gottesdienste seien eine wichtige Kraftquelle. Zugleich sagte Neher, bei regional extrem hohen Neuansteckungsraten sollten Präsenz-Gottesdienste abgesagt werden.
Paderborns Generalvikar im Wortlaut
In Abstimmung mit Paderborns Erzbischof Hans-Josef Becker hat Generalvikar Alfons Hardt Stellung zur Entscheidung, Weihnachtsgottesdienstfeiern in Präsenz unter verschärften Corona-Auflagen zu ermöglichen, genommen:
„Die gemeinsame liturgische Feier des Hochfestes der Geburt des Herrn ist für viele Christinnen und Christen die Herzmitte des Weihnachtsfestes. Das Geheimnis der Menschwerdung Gottes, das wir zu Weihnachten feiern, berührt die Seele der Menschen. Viele Gläubige erwarten zu Recht, dass die katholische Kirche die Sakramente feiert. Auch deshalb ist es dem Erzbistum Paderborn ein Anliegen, dass zu Weihnachten Gottesdienste, insbesondere die Feier der Eucharistie, in Präsenz, unter unbedingter Einhaltung der gültigen Corona-Auflagen, stattfinden können. Weihnachtsgottesdienste sind in dieser Krisenzeit ein wichtiges Zeichen des Trostes und der Geborgenheit.
Das Erzbistum Paderborn steht zu seiner Entscheidung, Gottesdienstfeiern zu Weihnachten unter den nochmals verschärften Corona-Auflagen generell zu ermöglichen. Zugleich respektiert es unterschiedliche Perspektiven und bittet um eine Versachlichung der Diskussion.
Die Erfahrungen aus den vergangenen Monaten zeigen, dass die Gläubigen beim Gottesdienstbesuch mit den Vorgaben und Auflagen äußerst umsichtig und verantwortungsvoll umgehen. Das macht uns sicher, dass die Gläubigen diesem Gebot der Stunde auch beim Besuch der Weihnachtsgottesdienste – ganz im Sinne der christlichen Nächstenliebe – nachkommen. Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina bestätigt beiden großen Kirchen mit Blick auf die Einhaltung der coronabedingten Abstands- und Hygieneauflagen ein besonders regelkonformes Verhalten.
Das Erzbistum Paderborn ist ein Flächenbistum mit unterschiedlichen Regionen, mit ländlich geprägten Gegenden und mit Ballungszentren. Ebenso unterschiedlich stellt sich das Corona-Infektionsgeschehen dar. Wenn sich einzelne Kirchengemeinden aufgrund hoher regionaler Corona-Infektionszahlen dazu entscheiden, zu Weihnachten keine Präsenzgottesdienste zu feiern, respektieren wir dies selbstverständlich. Gleichzeitig gibt es Regionen in unserem Erzbistum mit niedrigeren Fallzahlen, die den Verantwortlichen vor Ort mehr Raum für die Planung und Feier von Gottesdiensten ermöglichen. In den vergangenen Wochen haben viele Menschen große Kreativität entfaltet und viel Einsatz gezeigt, um Möglichkeiten zu schaffen, damit Präsenzgottesdienste regelkonform und sicher stattfinden können, sei es in geschlossenen Räumen oder im Freien. Für dieses Engagement bedanke ich mich, auch im Namen von Erzbischof Hans-Josef Becker, ausdrücklich bei allen Mitwirkenden.
Auch für die Menschen, die sich dazu entscheiden, Gottesdienste zuhause, durch TV, Radio oder Internet mitzufeiern, stellt das Erzbistum zahlreiche Informationen und Angebote zur Verfügung. Sicher kann dies Vielen einen Gottesdienst in der Kirche nicht ersetzen. Aber es ist in diesem besonderen Jahr eine Möglichkeit, sich gedanklich miteinander zu verbinden, um so das Geheimnis der Menschwerdung Gottes zu feiern. Unser Dank gilt daher auch all denjenigen, die an der Umsetzung dieser Alternativangebote gearbeitet haben.
Wir befinden uns in einer außergewöhnlichen Situation, die Zusammenhalt, Rücksicht und Respekt erfordert. Mit Weihnachtsgottesdiensten, ob virtuell oder in Präsenz, und mit vielen anderen Aktivitäten tritt die Kirche der drohenden Vereinsamung vieler Menschen entgegen und kommt ihrem Auftrag nach, Menschen in schweren Zeiten Hoffnung zu spenden.“
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