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Fotos von Kulturschaffenden sollen in der ganzen Stadt Paderborn zu sehen sein

„Der Krise ein Gesicht geben“

Paderborn (WB). Eigentlich ist Antje Huißmann eine Frohnatur von Berufs wegen. Jetzt blickt sie als eines der Paderborner „Kulturgesichter“ ernst, fast trotzig, in die Kamera. Eine Kampagne möchte den Beschäftigten in der von der Corona-Pandemie arg gebeutelten Kultur- und Veranstaltungsbranche ein Gesicht geben.

Jörn Hannemann

„Ohne uns ist’s still“, heißt es auf den Plakaten zur Kampagne „Kulturgesichter“, mit der auf die durch Corona arg gebeutelte Branche hingewiesen wird. Initiiert haben sie Markus Runte, Harald Morsch und Olaf Menne (von links). Foto: Jörn Hannemann

Auf Initiative der Paderborner Hilfskampagne „Kultursoli“ haben jetzt auch in Paderborn die ersten Aufnahmen von bekannten Künstlern, aber auch unbekannten Akteuren hinter der Bühne begonnen, die der heimische Fotograf Harald Morsch anfertigt. Mehr als 50 ausdrucksstarke Portrait-Fotos, ganz in Schwarz-Weiß-Optik gehalten und versehen mit dem Hinweis „Ohne uns ist’s still“, sollen entstehen und ab Mitte November in der ganzen Stadt, in Schaufenstern, Aushängen, an Plakatwänden, im Internet und vielleicht sogar als Projektion an Wänden zu sehen sein.

Kultur-Krise

„Viele sind durch die Corona-Pandemie absolut in ihrer Existenz bedroht und gerade durch die heftige zweite Welle ist keine Besserung in Sicht. Die Kultur in ganz Deutschland leidet – und natürlich ist auch Paderborn hart betroffen“, heißt es von den Organisatoren des Paderborner Kultursoli Markus Runte, Julia Ures und Olaf Menne.

Menne, der in Paderborn die Künstleragentur Lautstrom betreibt, ist von den Folgen der Corona-Krise, die zur Kultur-Krise führte, auch selbst betroffen: „Von den 18 Künstlern, die ich im Programm habe, haben sich nun bereits drei aus dem kommerziellen Geschäft verabschiedet – oder sogar ganz aufgehört.“ Von seinen fünf freien Mitarbeitern mussten sich drei beruflich was anderes suchen. „Eine arbeitet jetzt als Postbotin.“

„Daran sieht man, dass hier momentan gerade viel Potenzial, Kreativität und Kulturgut verlorengeht, und das ist wirklich, wirklich bitter“, warnt Markus Runte, der zugleich auch das Stadtmuseum leitet. Ziel der Fotoaktion sei es, eine wichtige Botschaft zu vermitteln: „Schaut hin! Es ist nicht selbstverständlich, dass alles so bleibt.“

Fotograf Harald Morsch portraitiert 50 Kulturschaffende. Auch Antje Huißmann ist als „Kulturgesicht“ mit dabei. Foto:

Während bundesweit Vertreter der Kulturbranche, von Campino über Till Brönner bis Herbert Grönemeyer, gegen die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung unter dem Slogan #AlarmstufeRot zum Teil heftig protestieren, gibt es in Paderborn auch verständnisvollere Töne für die neuen, verschärften Corona-Regelungen.

„Das hat auch Sinn. Es dient der Sicherheit. Das Ziel muss ja sein, dass irgendwann der Kulturbetrieb wieder normal aufgenommen werden kann“, meint Initiator Markus Runte.

Hilfsaktion vom „Kultursoli“ wichtig

„Die Nachfrage nach Kulturveranstaltungen in geschlossenen Räumen hat eh stark nachgelassen. Corona hat viele Besucher abgeschreckt. Der Ticketverkauf war erschreckend niedrig. Da haben Veranstalter oft Geld draufgelegt. Vielleicht ist ein Neustart in vier Wochen, wenn alle auch ein sichereres Gefühl bei einem Veranstaltungsbesuch haben, auch eine Chance“, ergänzt Olaf Menne.

Ob bis dahin alle Künstler noch beruflich aktiv sind, sei natürlich fraglich: Deshalb ist auch die Hilfsaktion vom „Kultursoli“ so wichtig. Seit März diesen Jahres sind über Spenden knapp 80.000 Euro gesammelt worden. „Wir konnten bereits 17 Projekte unterstützen und haben allein 24.000 Euro in acht Stipendien von Künstlern investiert“, so Menne. „Es ist zwar noch Geld im Topf.“ Aber wann die Misere der Kulturbranche ende, sei ja auch ungewiss. Die Kultursoli-Aktion geht also weiter.

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