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Theodorianum in Paderborn als „Schule ohne Rassismus“ ausgezeichnet

Ein Schild mit großer Verantwortung

Paderborn (WB). „Mir ist egal, wer das Tor schießt“, sagt Steffen Baumgart, den die Hautfarbe seiner Spieler nicht interessiert. Die Schüler des Gymnasiums Theodorianum haben den Trainer des SC Paderborn als Pate für ihr Projekt „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ gewonnen. Diesen Titel darf Paderborns altehrwürdige Schule seit Mittwoch führen.

Dietmar Kemper

Emin Ölmez und Steffen Baumgart präsentieren das Schild, Yanic Merida, Gela-Marie Heimann, Marvin Wehrmann, Lucia Mindt, Dina Peppmöller und Nicole Michaelis (hintere Reihe von links) wollen gegen Rassismus vorgehen. Foto: Oliver Schwabe

Sie ist damit eine von gut 3300 Courage-Schulen bundesweit und eine von 982 in NRW. Die Regionalbeauftragte des Netzwerks „Schule ohne Rassismus“ für den Kreis Paderborn, Dina Peppmöller, überreichte die Auszeichnung bei einer Feierstunde in der Aula. Dort war es die erste offizielle Veranstaltung seit März. Ein Schild am Eingang neben dem Stundenplan erinnert und ermahnt die 750 Mädchen und Jungen künftig daran, dass ihre Mitschüler mit Migrationshintergrund keinen Deut weniger wert sind als die anderen.

Bildung hilft gegen Rassismus

„Es reicht nicht aus, nicht rassistisch zu sein, man muss antirassistisch sein“, betonte Gela-Marie Heimann aus dem Schülersprecherteam in ihrer beeindruckenden Rede. Nur wegen ihrer Hautfarbe würden Menschen die Kompetenz abgesprochen und Jobs verweigert, beklagte die 15-Jährige. „Wir haben im Theo keinen nichtweißen Lehrer“, stellte die Schülerin fest. Das sei nicht schlimm, aber es wäre falsch, wenn das für völlig normal gehalten würde, sagte die Jugendliche. Bildung hält sie für das richtige Werkzeug gegen versteckten, unbewussten und strukturellen Rassismus. Reines Mitgefühl verändere nichts. Deshalb gibt es im „Theo“ eine AG, in der sich Schüler, Lehrer und Eltern zum Thema Rassismus weiterbilden.

Wie Menschen nur wegen ihres Aussehens im Alltag diskriminiert werden, illustrierte der Literaturkurs der Q1 am Beispiel einer fiktiven Busfahrt durch Paderborn. „Sowas gehört nicht nach Deutschland“, sagt ein Mitreisender unüberhörbar, und der Fahrkartenkontrolleur behauptet einfach so: „Der Ausweis ist doch gefälscht.“ Rassismus wachse durch Vorurteile im Inneren, bevor er sich äußert, und wer zu Szenen wie denen im Bus schweige, signalisiere gewollt oder ungewollt Zustimmung, betonten die Schüler.

Schulleiterin lobt das große Engagement

Die Schulleiterin Nicole Michaelis ist stolz auf das Engagement der jungen Leute. Im vorletzten Schuljahr habe das Gymnasium sein Wertekonzept mit dem Motto „Respekt, Solidarität und Verantwortung bewusst machen und leben“ verabschiedet, erzählte sie. Und dann sei aus dem Schülerrat die Initiative hervorgegangen, Teil des Netzwerks „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ zu werden. Die Auszeichnung bezeichnete Nicole Michaelis als Verpflichtung, jemanden so anzunehmen, wie er ist. Die entscheidende Frage laute jetzt: „Werden wir dieser Auszeichnung im Alltag gerecht?“ Ein Schild anzubringen, sei einfach, den damit verbundenen Auftrag jeden Tag zu leben eine Herausforderung. Neben den Schülern lobte Michaelis den Lehrer Marvin Wehrmann für sein besonderes Engagement.

Mit der Auszeichnung „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ sind Pflichten verbunden. Mindestens einmal im Jahr muss es ein Projekt gegen Diskriminierung geben, bei Fällen von Rassismus an der Schule darf nicht weggeschaut werden und die Schüler haben sich für langfristige Projekte, Aktivitäten und Initiativen gegen dieses gesellschaftliche Übel stark zu machen.

„Die Hautfarbe entscheidet nicht über die Leistung“

Hinzu kommt ein Pate, beim Theodorianum eben Steffen Baumgart. Der versprach, seine Prominenz für den guten Zweck einzusetzen. Er sei in der DDR aufgewachsen, und die habe so getan, als wäre sie weltoffen, erinnerte sich Baumgart. Rassismus sei offiziell kein Thema gewesen, dann aber nach der Wende offen zutagegetreten. Beim SCP muss er Spieler verschiedener Nationalitäten zu einer Einheit formen. „Die Hautfarbe entscheidet nicht über die Leistung“, betonte der 48-Jährige, der sich natürlich über die „Affenlaute“, mit denen Spieler dunkler Hautfarbe in den Stadien manchmal konfrontiert werden, ärgert. „Auf die zwei, drei Idioten muss die Masse im Stadion reagieren“, mahnte er Zivilcourage unter den Zuschauern an.

Das Theodorianum gehört nach Angaben der Regionalbeauftragten Dina Peppmöller jetzt zu den 19 zertifizierten Courage-Schulen im Kreis Paderborn. Vier weitere sind bereits anerkannt, konnten wegen der Corona-Pandemie aber noch keine Titelverleihungsfeier abhalten. Es sei wichtig, dass die Initiative von den Schülern und nicht von den Lehrern ausgehe, sagte Peppmöller, die für das Theodorianum den Eindruck gewonnen hat, dass Respekt hier nicht nur ein Wort ist.

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