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Der Anteil in der vierten Jahrgangsstufe der städtischen Grundschulen Paderborns beträgt bereits 64 Prozent

Eine Generation von Nichtschwimmern

Paderborn

Bäder geschlossen, Unterricht ausgefallen: Die Corona-Pandemie hat die Zahl der Nichtschwimmer in Paderborn drastisch ansteigen lassen. Im vierten Jahrgang der städtischen Grundschulen können nach einer Erhebung vom Februar 64 Prozent der Mädchen und Jungen nicht schwimmen. Im Juni 2021 waren es „nur“ 31 Prozent.

Von Dietmar Kemper

Die Zahl der Kinder, die sich im Wasser nicht sicher bewegen können, steigt. Die Stadt Paderborn versucht mit Schwimmkursen entgegenzusteuern, stößt aber an personelle Grenzen. Foto: dpa

„Die Corona-Pandemie hat den Schulbetrieb stark beeinträchtigt, Nichtschwimmer kann man nur durch Intensivschwimmkurse auffangen, aber die Wasserflächen und Übungsleiter sind begrenzt“, sagte Birte Ahlers am Dienstag in der Sitzung des Schulausschusses.

Birte Ahlers leitet das Projekt „Schulschwimm-Initiative Paderborn“ (SchIP), das seit 2011 existiert und die Schulen durch Schwimmassistenten im Unterricht unterstützt. Als Schwimmassistenten kommen zum Beispiel Sportstudenten und Übungsleiter infrage. Der Pool sei auf mittlerweile 18 Schwimmassistenten ausgeweitet worden, sagte Birte Ahlers, so dass etwa 80 Prozent der Schulen auf diese Art geholfen werden könne. „Schwimmassistenten sind nicht mehr wegzudenken“, betonte die Projektleiterin, die sich auch darum bemüht, die Wasserzeiten in den fünf Bädern, um die 50 Nutzer vormittags konkurrieren, gerecht zu verteilen. Die Belegungspläne seien 20 Jahre alt und hätten einige Grundschulen benachteiligt, bedauert sie.

Laut Statistik entfallen 47 Prozent der Belegungszeiten auf die städtischen Grundschulen, 39 Prozent auf Schulen anderer Schulformen, acht Prozent auf nicht städtische Schulen und fünf Prozent auf Schulen aus Borchen. Im zweiten Halbjahr des Schuljahres 2021/22 betrug die Netto-Wasser-Zeit ohne Umkleiden, Hin- und Rückfahrt 77 Minuten pro Klasse eines Jahrgangs, pro Woche und Schuljahr.

Ein zentrales Instrument, um dafür zu sorgen, dass Kinder im Wasser sicher sind, sind die Schwimmkurse der Schulschwimm-Initiative Paderborn. Seit 2013 wurden 67 davon angeboten, an denen 942 Jungen und Mädchen teilnahmen. Wie negativ Corona sich auswirkte, zeigt auch eine Zahl der DLRG. Demnach wurden während der Pandemie 70 Prozent weniger Schwimmprüfungen abgenommen als zu normalen Zeiten. Die CDU, die für den Schulausschuss einen Sachstandsbericht zum Schulschwimmen erbeten hatte, war anschließend genauso ernüchtert wie die übrigen Fraktionen. Susanne Meiche sprach von „alarmierenden Zahlen“, Roswitha Köllner (Linksfraktion) bezeichnete sie als „fürchterlich“. Sie regte freien Eintritt für Grundschüler und ihre Eltern in Hallenbädern an. Wenn Kinder einen Schwimmkurs gemacht haben, müssten sie auch dranbleiben. Für die SPD betonte Manfred Krugmann: „Schwimmfähigkeit ist so wichtig wie Alphabetisierung.“ In den Bädern müssten die Eintrittspreise so niedrig gestaltet werden wie möglich. Wilfried Fuchs (FDP) riet Schulen, notfalls im Klassenverband mit einem Linienbus zum Schwimmbad zu fahren, wenn es schwerfalle, ein privates Busunternehmen zu finden. Rainer Lummer (Für Paderborn) schlug vor, pensionierte Sportlehrer zu fragen, ob sie Kindern nicht das Schwimmen beibringen möchte.

Schuldezernent Wolfgang Walter bedauerte, dass in den vergangenen beiden Jahren „viel Unterricht ausgefallen“ sei, und verwies auf die angespannte Gesamtsituation: „Die komplette Bäderlandschaft hat Personalprobleme. Auch wir suchen händeringend Auszubildende.“ Nur Lehrer mit Rettungsschein könnten Schwimmunterricht geben. Was Kurse angehe, „bieten wir an, was wir können“.

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